Schutzlos: Thriller (German Edition)
achtzehn ein paarmal mit Alkohol am Steuer erwischt. Drogen, ein bisschen Ladendiebstahl.«
Dank der Jungs, wie ich mich erinnerte. Aber ich sagte nichts.
»Mir war alles scheißegal. Hab mich mit knapper Not durch ein Community College gemogelt. Jo schloss als Zweit- oder
Drittbeste ihrer Klasse ab. Sie studierte Politikwissenschaft im Hauptfach, wäre fast zum Militär gegangen wie Dad, aber er hat es ihr ausgeredet. Ich glaube, es hätte ihr eigentlich gelegen. Ausbilderin. Haben Sie Geschwister, Corte?«
»Nein.«
»Und keine Kinder. Sie Glücklicher.«
Auf einem Bild hatte Jo stark abgenommen und sah abgezehrt aus. »War sie da krank?«
»Autounfall.«
Ich erinnerte mich von DuBois’ Bericht daran.
Maree sah sich um. »War ziemlich übel. Sie hatte bei Eis die Gewalt über den Wagen verloren. Brauchte viele Operationen. Es ist der Grund, warum sie keine Kinder bekommen kann, aber wir reden nicht darüber.«
Damit war die Kinderfrage also geklärt. Und mir wurde eine weitere Attraktion des Polizeihelden klar: Er hatte ihr nicht nur das Leben gerettet, sondern bot ihr auch eine fertige Familie.
Ein Bild nach dem anderen glitt vorüber. Manche waren gescannte Sepiabilder, hundert Jahre alt. Manche waren schwarzweiß, andere mit den übersättigten Farben der Sechziger und Siebziger. Viele waren erst in jüngster Zeit entstanden, digital.
Schließlich hatte ich genug.
»Jetzt sollte ich aber wirklich wieder etwas tun«, sagte ich.
»Natürlich.«
»Das sind sehr gute Fotos.«
»Danke«, sagte sie formell, vielleicht meinen Tonfall nachäffend.
Mr. Tour Guide …
Während ich den Flur entlangging, um Ryan zu suchen und ihm zu erzählen, was DuBois über seine Fälle herausgefunden hatte, kündigte mein Handy den Eingang einer SMS an. Ich vermutete, sie kam von Westerfield oder Ellis – die nicht riskieren wollten, dass ich einen Anruf einfach feige auf der Mailbox
landen ließ. Aber ein Blick auf das Display zeigte mir, dass sie von DuBois stammte. Ich freute mich, denn ich dachte, sie habe vielleicht die Ergebnisse meiner Spionage in Grahams Haus parat. Oder sie hatte mir die Prüfung verziehen, die sie bei ihm erdulden musste, und war zu alter Gesprächigkeit zurückgekehrt.
Doch die Nachricht war kurz und handelte von etwas völlig anderem.
Problem … Hermes hat einen Bot, der durch Webseiten und so weiter streift, und er hatte einen Treffer. Das hier wurde vor fünfzehn Minuten ins Netz gestellt. Die Adresse ist…
Ich eilte ins Arbeitszimmer, sperrte meinen Laptop auf und tippte die Webadresse ein, die sie geschickt hatte.
Die Seite war ein Blog, geschrieben von einer Person mit dem Codenamen SassyCat222. Ich erwartete etwas über Clarence Brown – gut, Ali Pamuk – oder Eric Graham, vielleicht über Ryan selbst. Informationen, die Loving möglicherweise verwenden konnte. Ich überflog das Blog rasch. Es war, wie sie alle sind, und enthielt mehr Informationen über das tägliche Leben des Verfassers als irgendwen interessieren konnte. Manche Einträge waren humorvoll – ein langweiliger Abend in der Mall, als eine Verabredung geplatzt war, und die Besprechung eines wirklich schlechten Rockkonzerts – und manche ernüchternd: ein Bericht über überfüllte Klassenzimmer, ein Aufruf für eine Aids-Kampagne und der Beginn einer Serie über den Selbstmord eines Teenagers, den die Verfasserin über ihre Freiwilligenarbeit in einem Programm ihrer Schule kannte, das genau solche Dinge verhindern sollte.
Ich erstarrte, als ich den letzten Eintrag bemerkte. Mit einem flauen Gefühl im Magen griff ich zum Telefon und wählte.
»DuBois.«
»SassyCat … das ist Amanda Kessler, oder?«, fragte ich. Ich erinnerte mich, dass sie freiwillig in einem Beratungsprogramm ihrer Schule arbeitete.
»Ja, sie ist es.«
Das Mädchen hatte offenbar gedacht, es könne nichts passieren, wenn sie unter ihrem Internetnamen und vom Computer einer Freundin schrieb.
»Hermes sagt, der Beitrag wurde vor einer Stunde mit einer nackten IP-Adresse ins Netz gestellt. Er brauchte zwei Minuten, um herauszufinden, dass sie zu einem Privathaus in Loudoun County gehörte. In der Nähe von White’s Ferry.«
»Bill Carters Haus?«
»Nebenan.«
Wenn wir einen Bot hatten, hatte Loving vermutlich auch einen. Er würde die Grundbucheinträge aller Leute in der Gegend überprüfen und Carters Namen finden. Er würde erfahren, dass Carters Hauptwohnsitz fünf Minuten von dem der Kesslers in Fairfax entfernt
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