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Schutzlos: Thriller (German Edition)

Schutzlos: Thriller (German Edition)

Titel: Schutzlos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Loving sicher identifiziert war, hatte ich kein klares Ziel. Er war immer wieder kurz sichtbar, ehe er erneut verschwand. Ein verfehlter Schuss wäre viel zu gefährlich gewesen und das Risiko nicht wert.
    Und wo war sein Partner?
    Ich ging weiter. Wenn er erst einmal im Haus war, würde er zehn Minuten brauchen, um alle Räume zu durchsuchen und zu erkennen, dass seine Zielperson fort war und sich nicht an den naheliegenden Orten versteckte.
    Ich schlich näher, immer noch ausreichend in Deckung und größtenteils lautlos.
    Er näherte sich der Garage und schaute hinein. Er würde Carters SUV darin sehen. Er verdrückte sich in die Büsche zwischen der Garage und dem Haus selbst, ging in die Hocke und schlich an einem niedrigen grauen Zaun entlang, der die beiden
Gebäude verband. Das Laubwerk war hoch und dicht dort. Seine Gestalt war so gerade noch zu erkennen. Dann hielt ich inne, es gab mir einen Stich im Magen. Wenn Loving noch etwa fünf Meter in der bisher eingeschlagenen Richtung weiterging, würde er an eine lichte Stelle kommen. Und ein perfekt von hinten beleuchtetes Ziel abgeben.
    Ich hob meine Waffe und zielte auf die Stelle, wo er erscheinen würde. Sie lag rund fünfundzwanzig Meter entfernt. Keine besonders lange Distanz für eine leistungsstarke Handfeuerwaffe wie diese hier – eine Kaliber 40. Selbst mit dem kurzen Lauf würde ihn ein Cluster wahrscheinlich töten. Ich erinnerte mich an die Ausbildung. Drei Schüsse hoch, drei tief. Zur Seite gehen und zum erneuten Feuern bereitmachen. Die verbrauchten Kugeln zählen.
    Er ging weiter. Noch vier Meter bis zur Lücke in den Pflanzen.
    Drei, zwei …
    Ich spürte plötzlich, wie mein Herz schneller schlug und meine Handfläche vom Schweiß kühl wurde.
    Ich hatte Henry Loving vor mir, so gut wie im Visier.
    Zwei Gedanken gingen mir durch den Kopf: Wir haben genaue Vorschriften, die uns zwingen, eine Aufforderung auszusprechen, sich zu ergeben, falls nicht eine weitere Person in unmittelbarer Gefahr ist. Diese Vorschrift gilt gegenüber jedem Feind, auch wenn er bewaffnet ist und bereit, die Schreie eines sechzehnjährigen Mädchens als Druckmittel gegen dessen Vater einzusetzen, um Informationen zu erpressen.
    Selbst für jemanden, der einen guten Mann wie Abe Fallow gefoltert und getötet hat.
    Aber mein zweiter Gedanke war: drei hoch, drei tief, zur Seite gehen, zum erneuten Feuern bereitmachen.
    Ich schloss meine linke Hand um die rechte, zielte ruhig, beruhigte meine Atmung.
    Noch gut einen Meter, dann würde der Schatten, der Henry Loving war, aus dem Gebüsch treten, und ich hätte freie Schussbahn. Er näherte sich der Lücke, doch anstatt aufzustehen, bückte er sich noch tiefer und wurde weiter von Buschwerk verdeckt.
    Steh auf, dachte ich. Steh verdammt noch mal auf! Ich fühlte Zorn in mir aufsteigen, was ungewöhnlich für mich war, während ich auf die dunkle Gestalt auf der anderen Seite des Buschs spähte.
    Scheiß drauf, versuch es einfach, sagte ich mir plötzlich. Leer dein ganzes Magazin auf ihn und lad neu … ein langsamer Atemzug. Jetzt! Ich nahm eine Schützenstellung ein, beugte mich vor und begann den Abzug zu drücken.
    Ich hatte ein Gefühl, als könnte ich die Kugeln mit Willenskraft ins Ziel führen.
    Ich kam wahrscheinlich bis vier Pfund Druck bei einem Abzug, der bei fünfeinhalb auslöst, dann seufzte ich hörbar und ließ die Waffe sinken.
    Ich führte mir vor Augen, was ich gerade gedacht hatte: Die Kugeln mit Willenskraft lenken.
    Schießen ist Physik und Chemie, es ist ein gutes Auge und ruhige Muskeln, die Wahl der richtigen Schussposition und ein gut sichtbares Ziel. Es hat nichts mit Willenskraft zu tun. Es hat nichts mit Glück zu tun.
    Ich war ein Schäfer. Ich konnte es mir nicht leisten, emotional zu werden.
    Wenn ich schoss und ihn verfehlte oder nur verwundete, würde er meine Position kennen. Der Partner konnte durchaus fünfzig Meter hinter mir sein und darauf warten, dass ich mich zeigte. Oder Bill Carter und Amanda würden vielleicht, wenn sie den Schuss hörten, ihre Deckung verlassen, um festzustellen, was passiert war.
    Entmutigt davon, dass ich fast meinen Gefühlen nachgegeben
hätte, suchte ich den Boden vor mir ab, um zu sehen, ob ich mich lautlos bewegen konnte, und schlich weiter.
    Loving lief inzwischen, immer noch im Schutz der Pflanzen, zum Tor und probierte vorsichtig, ob es quietschte. Ich sah ihn etwas aus der Tasche ziehen, offenbar ölte er die Angeln. Dann schlüpfte er durch das

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