Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
der Burg Kalden und dem Schutzpatron des Allgäus sein, der überliefert ist.«
Sie machte eine Pause und blickte die Anwesenden an. Kluftinger fand das einen reichlich theatralischen Beginn. Dennoch hatte ihn die Geschichte sofort gefesselt. Wieder zitierte sie aus ihrer Quelle: »Auch von Schätzen, die in der Burg verborgen sein sollen, weiß die Sage zu berichten. Von dem fast senkrecht abfallenden Ufer soll ein unterirdischer Gang zur Burg führen. Dort bewacht ein schwarzer Pudel, gespensterhaft mit feurigen Augen, eine eiserne Geldkiste.« Die Frau faltete das Blatt wieder zusammen: »Nun, eine Geldkiste haben wir nicht gefunden. Wohl aber einige unterirdische Gänge, auch hier also hatte die Überlieferung recht. Noch haben wir das Geflecht aus Tunneln nicht ganz entwirrt, das wird eine Menge Geld kosten, das wir uns aber durch das neue Museum und die, da bin ich zuversichtlich, zahlreichen Besucher erhoffen. Wohl aber haben wir andere, echte Schätze entdeckt.«
Sie lobte die herausragende Bedeutung des in historischer, kunsthistorischer und künstlerischer Hinsicht einzigartigen Fundes, dann lobte sie sich selbst: Die Restaurierung sei exzellent und immens wertsteigernd gewesen, die Dokumentation des Fundes und der dazugehörenden Geschichte lückenlos, die historische Dimension didaktisch und museumspädagogisch wundervoll aufbereitet, die Präsentation schnörkellos modern und die Kooperation mit allen Stellen reibungslos gelaufen. Aber das sei ja auch kein Wunder, sie habe schließlich die nötige Erfahrung, und die zahle sich bei einem solchen Projekt vielfach aus.
Kluftinger hätte gern noch mehr über die Geschichte des heiligen Magnus gehört, seine Reliquie, die Umstände, unter denen sie nach Altusried gekommen waren. Einiges war ihm bekannt, aber nun begannen ihn auch die Details zu interessieren. Doch er verspürte keine Lust, ausgerechnet in dieser Runde nachzufragen, noch dazu bei der selbstzufriedenen Frau Doktor. Er würde das schon noch auf andere Weise in Erfahrung bringen.
Eva Brandstätter, die Frau von der Versicherung, war da schon eher seine Kragenweite. Mit einem sonoren Schwäbeln in der Stimme erklärte sie das Sicherheitskonzept des neuen Museumsbaus. Kluftinger mochte diesen Klang gern. Auch wenn der Stuttgarter Dialekt nicht der beliebteste war, er fand viel Selbstironie und Verschmitztheit darin. Und schließlich stand das Allgäuerische auch nicht gerade weit oben auf der Beliebtheitsskala deutscher Regionalfärbungen. Außerdem waren Frau Brandstätters gemütliches Auftreten und ihre zurückhaltende Kleidung dem Kommissar sympathisch. Für ihn sprach nach wie vor nichts gegen ein dezentes graues Kostüm, auch wenn darin kein Modelkörper, sondern eine ganz normale Frau steckte.
»Wir wollen Sie von Anfang an in unser Konzept einbeziehen. Die Sicherungen entsprechen dem neuesten Stand der Technik, das versteht sich«, erläuterte die Frau. »Ich werde Ihnen in einer kleinen Präsentation die einzelnen Komponenten erklären, die die Sicherheitsfirma, übrigens ein international überaus renommiertes Unternehmen, zusammengeschaltet hat. Natürlich will ich nicht vergessen zu erwähnen, dass das Ganze finanziell für die Gemeinde nur machbar ist, weil solvente Sponsoren gefunden wurden und wir hier einige Prototypen einsetzen können, die quasi testweise installiert werden.«
Höschs Miene verfinsterte sich.
»Aber keine Angst, Herr Bürgermeister, das sind ausgereifte Produkte. Die Firma benutzt Altusried nur als Referenzprojekt, um ihre Leistungsfähigkeit zu demonstrieren. Jetzt möchte ich Sie aber mit den Räumlichkeiten in Kalden ein bisschen vertraut machen. Dazu habe ich von den Architekten die Pläne mitgebracht, die werden wir uns jetzt als Erstes ansehen.«
Die Frau faltete einen riesigen Plan in der Mitte des Tisches auf.
»Hier sehen Sie den gesamten Ausstellungsraum. Die Rechtecke sind die einzelnen Vitrinen. Jede verfügt natürlich über eine Spezialverglasung und Einzel-Alarmüberwachung. Die besteht darin, dass sowohl die Vitrinen als auch die Exponate darin mit Kontakten gesichert sind. Neben dieser elektronischen Sicherung gibt es meist noch eine mechanische, sprich, wir verankern die Stücke entweder in der Vitrine oder der Wand, je nachdem, wo sie ausgestellt sind.«
Sie geriet allmählich in Fahrt. »Eine meiner Lieblingssicherungen ist aber diese hier.« Sie hielt ein Foto einer Schraube hoch. »Alles, was nicht in Vitrinen steht, wird irgendwie
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