Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
in den Mauern verankert. Doch jetzt kommt’s: Diese Schrauben hier sind eine Attrappe. Wir nennen sie Beschäftigungstherapie. Wenn sich Eindringlinge daran abmühen, sehen sie erst, wenn sie sie gelöst haben, dass sie gar keine Bedeutung für die Sicherung hatten.« Sie lächelte.
Auch Kluftinger gefiel der Gedanke, dass irgendwelche Einbrecher sich an einer völlig nutzlosen Schraube zu schaffen machen, während die Polizei bereits auf dem Weg ist.
»Es gibt noch einige weitere Optionen, die wir hier besprechen sollten. Zum Beispiel gibt es Co2-Sensoren, die eigentlich für den Einsatz an Grenzübergängen entwickelt wurden. Sie wissen schon: um zu testen, ob beispielsweise auf einem Lkw Menschen versteckt sind. Man könnte so ein Messgerät natürlich auch so konfigurieren, dass es anschlägt, wenn sich die Co2-Konzentration in einem Raum verändert. Des Weiteren könnten wir RFID -Chips an die Gegenstände kleben, womit sie weltweit zu orten wären. Das würde allerdings eine ganze Stange extra kosten. Und auch kombinierte Hitze- und Bewegungssensoren wären denkbar. In jedem Fall ist es sicher eine gute Entscheidung, die ganze Anlage mit einem Notstromaggregat abzusichern, das übernimmt, falls der Strom ausfällt oder …«, sie ließ ihre Handkante wie ein Beil auf den Tisch niedersausen, »… oder gekappt wird.«
Eva Brandstätter legte nun einen vergrößerten Ausschnitt des Planes auf den Tisch. »Lassen Sie uns nun zum Herzstück kommen. Hier eine Detailzeichnung des Raums mit der Reliquienmonstranz, unserem Hauptschatz, der geradezu im Raum zu schweben scheint.«
Kluftinger besah sich die Zeichnung, und ihn beschlich gleich das seltsame Gefühl einer gewissen Vertrautheit. »Der gläserne Kasten hängt von oben her in der Luft, und solange die Räume geöffnet sind, können die Leute sogar von unten in die Monstranz hineinsehen. Doch sobald das Museum schließt, aktiviert sich sozusagen ein unsichtbarer Schutzvorhang aus Sensoren und Laserlicht, der jede noch so kleine Erschütterung oder Bewegung erfasst. Sie müssen sich das ein wenig vorstellen wie in den alten Filmen, etwa dem ›Diamantenraub in Rio‹, als eine Art imaginäres Fadengerüst, das …«
Kluftinger sprang auf und stieß dabei seine Apfelschorle um, worauf Frau Brandstätter blitzschnell den Plan anhob, um ihn vor der auslaufenden Flüssigkeit in Sicherheit zu bringen. Mit einer Serviette wischte der Kommissar den Saft eilig zusammen.
»Tut mir leid«, rief er, »ich muss dringend weg. Ich erkläre Ihnen alles, wenn ich wieder da bin. Es geht nicht anders, Sie werden es verstehen!«
Dann stürzte er zur Tür und ließ sechs verdutzt dreinblickende Augenpaare zurück.
Ungeduldig wippte Kluftinger von einem Bein auf das andere, während er die Türklingel drückte. Er wusste, dass der Mann schlecht zu Fuß war, aber in diesem Moment konnte es ihm nicht schnell genug gehen, da war jede falsche Rücksichtnahme fehl am Platz. Selbst als er ihn im Inneren bereits schimpfen und immer wieder »I komm ja, i komm ja scho« rufen hörte, klingelte der Kommissar weiter Sturm.
So war es immer, wenn er plötzlich einen Geistesblitz hatte. Dann hielt ihn nichts mehr auf. Zum einen, weil er fürchtete, er könnte den Gedanken wieder verlieren, zum anderen wohl auch, um die Zeit, die er bis zu der Idee mit seiner Begriffsstutzigkeit vertrödelt hatte, möglichst schnell wieder reinzuholen.
»Kreuzhimmel … Herr Inspektor?«
»Kommissar, wenn schon.«
»Was?«
»Ich heiß Kommissar. Ich mein, Schmarrn. Kluftinger. Ich muss dringend noch mal in die Werkstatt.«
»Sicher, sicher. Aber so pressieren müssen Sie nicht, die läuft Ihnen ja nicht weg.« Mit einem kehligen Lachen setzte sich der Mann in Bewegung, sehr zu Kluftingers Leidwesen ohne Rollstuhl, sodass er schon befürchtete, er müsse das schwankende Männlein vor sich die Treppe hinunter bis zur Werkstatt tragen. Nach zwei endlos scheinenden Minuten waren sie endlich angekommen.
Doch als Herbert Zahn ungelenk mit dem riesigen Schlüssel im Schloss herumfuhrwerkte, riss Kluftinger der Geduldsfaden, und er drängte den Alten beiseite, um selbst aufzusperren. Mit großen Schritten durchquerte er die Werkstatt auf den hinteren Raum zu, stürmte hinein und blieb mit offenem Mund stehen.
»Da lecksch mi doch am …«
»Haben Sie was vergessen?« Zahn hatte den Raum nun ebenfalls erreicht.
»Was? Ach so, ja, das kann man wohl sagen.« Kluftinger schritt langsam durch das Gewirr
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