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Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall

Titel: Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Klüpfel , Michael Kobr
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Aufbruch beim Arbeitskreis, weswegen seine Sekretärin ihn nun zum Rapport auf den Golfplatz zitierte. Der war zwar nur dreißig Kilometer entfernt, aber umständlich zu erreichen, und überhaupt hatte Kluftinger wenig übrig für diesen elitären Sport. Beim Blick auf die Uhr besserte sich seine Laune jedoch wieder ein wenig: Es war schon spät, jedenfalls lag der Feierabend in greifbarer Nähe, und wenn er jetzt noch den Golfplatz-Termin wahrnahm, dann könnte er danach eigentlich gleich heimfahren – mit dem Dienstwagen.
    Eine knappe halbe Stunde später betrat Kluftinger das Lokal des Golfklubs Ottobeuren. Eine adrett gekleidete Dame an einem Schreibtisch blickte kurz auf, musterte ihn wortlos und widmete sich dann wieder ihrem Telefongespräch. »Nein, nein, ich organisiere nur das Catering für unser Benefizturnier nächsten Monat«, flötete sie in den Hörer und blickte Kluftinger dabei missbilligend an, der vor ihrem Schreibtisch stand. »Du, warte mal, Häschen, da ist grad … einer«, sagte sie schließlich und hielt eine Hand vor die Sprechmuschel, um dann Kluftinger weit weniger gut gelaunt zu fragen: »Ist was?«
    »Ja, ich such den Lodenbacher und …« Der Kommissar überlegte kurz. Er wusste gar nicht, mit wem sich sein Chef hier traf. »… Und seinen Golffreund.«
    Die Frau hob die perfekt gezupften Augenbrauen. »Ach, den Didi? Ja, der ist draußen. Müssten so auf Bahn vier sein. Das ist …«
    »Find ich schon, danke.« Kluftinger setzte sich mürrisch in Bewegung, als die Frau ihm etwas nachrief.
    »Was?«
    »Die Schuhe. Mit den Schuhen können Sie nicht auf den Platz.«
    Kluftinger blickte auf seine Haferlschuhe hinab. »Die halten das schon aus, das ist echtes Leder«, erklärte er der Frau, die daraufhin die Brauen zusammenzog, den Kommissar ein paar Sekunden mit zuckenden Mundwinkeln anstarrte, als müsste sie loslachen, um dann ernst zu erwidern: »Nein, nicht wegen der Schuhe. Wegen des Platzes. Das Profil macht den Platz kaputt.«
    »So? Also, ich geh wirklich ganz vorsichtig, dann …«
    Ein braun gebrannter Mann mit Baseballkappe schaute aus einer Tür heraus. »Ute-Schatz, gibt’s Probleme?«
    Die Frau zuckte die Achseln. »Na ja, ich hab ihm gesagt, er kann nicht mit den Schuhen auf den Platz, aber er will es nicht so ganz einsehen.«
    Der Mann blickte auf Kluftingers Füße. »Nein, also, da hat die Ute schon recht, das geht auf keinen Fall, ich bin hier der Head-Greenkeeper und kann Ihnen versichern, dass …«
    »Was sind Sie?«
    »Der Head-Greenkeeper. Ich kümmere mich um den Platz.«
    »Ach so«, nickte Kluftinger verständig, »der Gärtner.«
    Das Gesicht des Mannes verdunkelte sich noch ein wenig mehr, dann zischte er: »Schuhe aus jetzt!«
    Dem Kommissar war klar, dass er so erstens nicht weiterkommen würde und zweitens ein Streit mit den Golfkumpanen seines Chefs ihm seinen Arbeitsalltag nur unnötig erschweren würde. Deswegen bückte er sich, band seine Schuhe auf, zog die Socken aus, stopfte sie in die Schuhe und hielt sie mit einem fragenden Blick in die Höhe. Als kein Widerspruch ertönte, drehte er sich um und ging durch die große Terrassentür nach draußen, wobei er noch hörte, wie die Frau ihr Telefongespräch wiederaufnahm: »Du glaubst nicht, Häschen, was hier gerade passiert ist …«
    Kluftingers Gang über den Golfplatz erinnerte ihn ein wenig an einen dieser Geländetage, die er bei der Bundeswehr hatte über sich ergehen lassen müssen: geduckt, ständig Haken schlagend, um eventuellen Geschossen auszuweichen, die hier in Gestalt von Golfbällen unterwegs waren. Seine Gefechtsbereitschaft wurde allerdings beeinträchtigt, als die majestätischen Türme der Ottobeurer Basilika am Horizont auftauchten. Das war schon eine malerische Kulisse, um diesem überflüssigen Sport nachzugehen, musste Kluftinger einräumen, und er blieb stehen, um den Anblick des prächtigen Baus zu genießen. Er war nicht oft im Unterland, was er bei solchen Anlässen bedauerte. Denn es war wirklich …
    Kluftinger zuckte zusammen. Ein lang gezogenes, fiependes Hupen hatte ihn derart erschreckt, dass er seine Schuhe fallen ließ. Als er sich umdrehte, begriff er jedoch, dass es von einem dieser lächerlichen weißen Wägelchen kam, mit dem einige hier auf dem Platz herumfuhren. Bislang kannte der Kommissar diese Gefährte nur aus Filmen, in denen immer glatzköpfige Männer mit grotesk karierten Hosen, ledernen Handschuhen und Schiebermütze darin saßen. Der Fahrer

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