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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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einander heftig und küßten sich wild, wobei sie an seinem Gürtel und er an ihrem Höschen zerrte, das er ihr über Hüften und nackte Beine streifte. Es gelang ihr, seinen Gürtel zu öffnen, und er nahm sich gerade noch die Zeit, unbeholfen seine Jacke abzuschütteln. Hosen und Shorts glitten zu einem kleinen Häufchen auf dem Fußboden hinunter, und die Pistole fiel dabei aus seiner Hüfttasche. Beide bemerkten davon nichts, weil sie mit Feuereifer bei der Sache waren. Aber dann hatten sie es geschafft, und danach war alles ein Klammern und Drücken und Schieben und Stoßen und kleine Schreie und Stöhnen und schließlich eine gemeinsame Explosion und lustvolle Entspannung.
    Dill blieb danach eine Weile stehen, Hosen und Shorts noch immer um seine Knöchel hängend. Anna Maude Singe setzte sich auf die Kante des Schreibtisches, zog ihren Rock über die Knie und lächelte aus tiefster Befriedigung über sich selbst. Sie schaute nach unten und machte schon Anstalten, über seine lustig zusammengerollten und zerknitterten Hosen und Shorts zu lachen. Doch als sie die Pistole auf den Fußbodendielen liegen sah, verflog das Lächeln, und das Lachen blieb ihr im Hals stecken.
    Sie sagte nur: »O Scheiße!«
    Dill langte nach unten und zog Shorts und Hosen über, machte den Gürtel zu, bückte sich, hob den Revolver auf und stopfte ihn in seine rechte Hüfttasche. Dann nahm er sein Jackett von da auf, wo er es fallen gelassen hatte, und streifte es über.
    »Wen willst du denn nun erschießen?« fragte sie.
    »Wen würdest du denn vorschlagen?«
    »Klugscheißergeschwätz«, sagte sie, ließ sich von der Tischkante gleiten und ging zu einem Fenster hinüber, das sechs Stockwerke tief auf die Second und Main Street hinabschaute. »Ich kann solches Klugscheißergeschwätz jetzt nicht haben. Was wir auf der Tischplatte hier fünf oder zehn oder fünfzehn Minuten oder wie lange auch immer gemacht haben, nun, das war die erotischste und stürmischste Vögelei, die ich je erlebt habe, und das ist, so möchte ich mal festhalten, schon etwas Denkwürdiges und Einmaliges.« Sie blieb einen Augenblick lang still.
    »Warum das so gewesen ist, weiß ich eigentlich auch nicht, aber das war’s.«
    Dill nickte beinahe andächtig. »Ich hab das auch so empfunden.«
    »Dann sah ich das Scheißding da unten liegen, und alles war wie weggeblasen. Dieses Nachleuten – oder was immer es war. Jetzt seh ich mir diesen Schreibtisch an, mir wird wieder einfallen, daß wir uns darauf geliebt haben, aber das Gefühl, wie packend und sinnlich es gewesen ist, ist verflogen. Das einzige, woran ich mich dann noch erinnern werde, ist diese verfluchte Waffe.«
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich meine das mit der Waffe.«
    Sie wandte sich ab, setzte sich vor den Schreibtisch und öffnete eine Schublade. Sie nahm ihre Handtasche heraus, zog einen Schlüsselbund hervor und reichte ihn Dill.
    »Der mit dem Pünktchen mit rotem Nagellack drauf ist für die Vordertür.« Er nahm ihn, sah sich den Schlüssel mit dem roten Punkt darauf an und verstaute ihn in seiner Tasche. Sie schaute auf ihre Uhr. »Du mußt jetzt wohl gehen.«
    »Ich hab noch ein paar Minuten Zeit«, sagte er.
    »Es ist besser, wenn du jetzt gehst.«
    »Na schön.«
    Sie runzelte die Stirn. »Wann darf ich nach Hause kommen?«
    Dill dachte kurz nach. »Um elf Uhr dreißig würde ich sagen. Jedenfalls nicht später.«
    »Wirst du noch dort sein?«
    »Sicher, falls du das möchtest.«
    Ihre Stirn war noch immer kraus, als sie sagte: »Ich weiß selbst nicht, ob ich möchte.«
    »Wenn du nicht willst, kannst du mich ja rauswerfen.«
    Sie nickte und sagte: »Also, nun geh schon.«
    »Gut«, sagte er, machte kehrt und ging zur Tür.
    »Dill«, sagte sie.
    »Ja?«
    »Mir wär’s lieber gewesen, du hättest die Pistole nicht dabeigehabt.«
    »Mir auch«, sagte er, öffnete die Tür und ging.
    Fünf Minuten vor sieben an diesem Abend war die Temperatur auf 35 Grad Celsius gefallen. Der gemietete Ford mit Dill am Steuer parkte etwa zehn Meter vor der Einfahrt, die an der Ecke Nineteenth und Fillmore hinter dem großen alten Haus verlief. An der Durchfahrt lag die Garagenwohnung oder die Remise, wo Dills tote Schwester gelegentlich gewohnt hatte und wo er für sieben Uhr mit Clyde Brattle verabredet war.
    Auf dem Nebensitz saß Tim Dolan. Ganz hinten hockte Joseph Emilio Ramirez, der Baby-Senator aus New Mexico, dessen schwarze Augen vor Erregung glitzerten. Jedenfalls hatte Dill diesen

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