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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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sie ihrer Sache sicher gewesen, hätte sie etwas unternommen.«
    »Was denn?«
    Corcoran lächelte, doch es war nur ein ganz kleines Lächeln, das ihn nur traurig aussehen ließ. »Sie war schließlich ein Cop. Es gab eine Menge Dinge, die sie hätte tun können, und sie kannte sie alle.«
    »Solange sie nicht irgend etwas gemacht hat, was ein Cop nicht tun dürfte.«
    Diesmal war die grimmige Miene nicht nur aufgesetzt.
    Corcoran lehnte sich über den Tisch, die grünen Augen voll Wut, der Ausdruck in seinem Gesicht nun wirklich schreckenerregend. Dill blieb ganz ruhig sitzen und war entschlossen, diesmal nicht zurückzuweichen. »Sie sind ihr Bruder«, sagte Corcoran, wobei er die Worte fast flüsternd herausbrachte, was sie irgendwie noch bedrohlicher machte. »Wenn Sie nicht ihr Bruder wären und so etwas geäußert hätten, müßte ich Ihnen Ihren verdammten Kopf abreißen. Sie sollten mir besser eine zufriedenstellende Erklärung geben.«
    »Lassen Sie mich Ihnen eine Geschichte erzählen«, sagte Dill. »Sie handelt von einem einstöckigen Klinkerhaus, einer Anzahlung in bar und einem fälligen Wechsel über fünfzigtausend Dollar, die am nächsten Ersten hinzulegen sind.«
    Corcoran, dessen Miene noch immer mißtrauisch war, lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Na gut«, sagte er, »erzählen Sie.«
    Dill brauchte zehn Minuten, um ihm mitzuteilen, was er wußte. Als er geendet hatte, blieb Corcoran eine Weile stumm, schließlich seufzte er und sagte: »Das klingt wohl nicht so gut, wie?«
    »Nein.«
    »Vielleicht gehe ich der Sache besser ein bißchen auf den Grund. Wissen Sie, ich bin tatsächlich ein ganz guter Schnüffler. Das ist wie ein Forschungsauftrag. Ich hatte schon immer viel für Forschung übrig. Irgendwelche Einwände, wenn ich mich der Sache annehme?«
    »Es kommt mir eigentlich gar nicht so darauf an, was sie gemacht hat«, sagte Dill, »ich will nur herausfinden, wer sie getötet hat.«
    »Und warum«
    »Richtig«, sagte Dill, »und warum.«

8
    Am Freitag, dem fünften August, wachte Dill kurz nach sieben auf, stand auf und ging ans Fenster. Neun Stockwerke tiefer konnte er gerade noch die Zeit- und Temperaturangabe an der First National Bank erkennen. Es war genau sieben Uhr und sechs Minuten, die Temperatur betrug genau 31 Grad Celsius. Während er noch hinsah, sprang die Anzeige auf 32 Grad. Dill stöhnte auf, wandte sich vom Fenster ab und ging zum Telefon. Er wählte den Zimmerdienst und bestellte ein Frühstück, das er sonst selten aß. Er bestellte zwei pochierte Eier auf Weizentoast, Schinken und Kaffee.
    »Welcher Saft?« fragte die Stimme einer Frau.
    »Danke, kein Saft.«
    »Der Saft ist im Frühstück inbegriffen.«
    »Ich möchte keinen, danke.«
    »Gewärmtes Schwarzbrot oder Waffeln?«
    »Nein, weder noch.«
    »Die sind auch im Preis mit drin.«
    »Ich muß passen.«
    »Na ja«, meinte die Frau widerwillig, »okay.«
    Während Dill auf sein Frühstück wartete, duschte er und rasierte sich. Weil er sonst nur noch den dunkelblauen Anzug zur Beerdigung bei sich hatte, zog er wieder seine graue Seeszucker-Jacke und die leichten dunkelgrauen Hosen an. Er konnte feststellen, daß die von der Klimaanlage angesaugte Luftfeuchtigkeit über Nacht fast sämtliche Knitterfalten aus seinen Hosen gebügelt hatte.
    Als er sich angezogen hatte, ging Dill zur Tür, öffnete sie und holte ein Exemplar der Lokalausgabe der Tribune herein, die durch die Verkaufsanzeigen für das Wochenende auf einen beträchtlichen Umfang angeschwollen war. Er zählte vier Sparten und einhundertsechs Seiten.
    Die Tribune hatte immer (und immer bedeutete für Dill die Zeit, an die er die ersten Leseerinnerungen hatte, also ungefähr das Jahr 1949 oder 1950) dreiviertel ihrer Titelseite Lokalnachrichten und Ereignissen aus dem Bundesstaat vorbehalten. Nationale Meldungen und Auslandsnachrichten stritten sich um den Rest. Morde, Verbrechen aus Leidenschaft, interessante Tätlichkeiten und andere gepfefferte Meldungen, die man für keine geeignete Frühstückslektüre hielt, waren auf Seite drei verbannt. Dill blätterte zu Seite drei und stellte fest, daß der Mord an seiner Schwester noch immer die Spalte rechts oben füllte.
    Dill ging den Rest der Zeitung durch und bemerkte auf den Seiten fünf und neun eine Reihe von Agenturnachrichten, denen zwei Absätze gewidmet waren und die sowohl in der New York Times als auch in der Washington Post auf die Titelseiten gekommen wären. Er hielt sich bei der

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