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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Lieber, und du schuldest uns Geld. Und falls du nicht zahlst, werden wir irgend etwas unternehmen müssen – hast du verstanden? Ich bin in meiner Nummer als Angstmacher wirklich ziemlich gut. Na ja, und manchmal bezahlt der Bursche dann auch – ich weiß zwar nicht, wie, aber das soll nicht meine Sorge sein. Tut er’s nicht, na ja, dann schnapp ich mir einen dieser Bengel, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdienen, Autos zu knacken, und wir gehen los und stellen den Wagen sicher, so daß der Kerl jetzt den Bus nehmen kann, wenn er sich auf die Socken macht, um sich nach einem Job als Schinkenpacker umzusehen.« Corcoran legte eine Pause ein. »Wie ich schon sagte, ich bin ein bißchen lächerlich.« Das Schweigen, in das er darauf verfiel, dauerte noch etwas länger. »Ich glaube, ich brauche noch einen Drink.«
    Ein kurzer Blick über die Schulter genügte, und schon eilte die Kellnerin zu Corcoran. Nachdem sie mit der Bestellung abgezogen war, sagte er: »Es gibt Tage, an denen ich losgehen und einfach irgendwas kaputtschlagen möchte. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Dill nickte. »Ich denke schon.« Er schlürfte bedächtig seinen Cognac. »Der Gottesdienst soll Samstag um zehn Uhr in der Trinity Baptist Church stattfinden.«
    »Warum gerade da? Felicity war eine echte Atheistin, die sich kein X für ein U vormachen ließ.«
    »Nach dem, was ich von ihr gehört habe«, sagte Dill, »war sie so was wie eine gutartige Agnostikerin.«
    »Das war vor ihrer Zeit in der Mordkommission.
    Nachdem sie zwei- oder dreimal Samstagnacht auf dem South Broadway gewesen war, gab’s bei ihr einen ganz plötzlichen Knick in ihrem wohlmeinenden Vertrauen in das Gute im Menschen. Und es war ein gründlicher Bruch. Wir waren damals noch zusammen. Ich erinnere mich noch, wie sie mich einmal Sonntagmorgen gegen sechs Uhr anrief. Ich sagte ›hallo‹, und sie brachte nur heraus: ›Es gibt keinen Gott.‹ Dann legte sie auf. Ich fand dann später heraus, daß irgendein Kerl gerade seine ganze Familie mit einem Pfadfinderbeil ausgelöscht hatte.
    Es waren sechs, die Frau nicht mitgerechnet. Sechs Kinder, meine ich. Das älteste war acht. Felicity war die erste, die aus der Tür gestürzt kam.«
    »Sie schicken mir einen Wagen«, sagte Dill. »Wollen Sie mit mir mitfahren?«
    Der schwarze Mann mußte mindestens fünfzehn Sekunden darüber nachdenken, bis er dann verneinend den Kopf schüttelte. »Ich will nicht pietätlos sein – verdammt, das ist nicht das richtige Wort. Gleichgültigkeit, das trifft es eher. Ich bin nicht gleichgültig, aber ich möchte nicht auf Felicitys Beerdigung gehen. Beerdigungen haben so etwas schrecklich Endgültiges, und mir ist einfach nicht nach Abschiednehmen. Aber danke, daß Sie mich gefragt haben.«
    »Gibt’s noch jemanden, den ich fragen könnte – eine Person, die ihr nahestand?«
    Corcoran überlegte. »Nun ja, Sie könnten Smokey fragen.«
    »Wer ist Smokey?«
    »Anna Maude Singe – zündeln, brennen, schwelen –, Smokey eben. Felicitys Anwältin. Meine übrigens auch.
    Sie waren eng befreundet. Es war Smokey, die mir erzählt hat, daß Sie hier sind.«
    »Sie haben sie heute gesprochen?«
    Corcoran nickte.
    »Hat sie Ihnen auch von der Zweihundertfünfzigtausend-Dollar-Lebensversicherungspolice erzählt, die Felicity abgeschlossen hat und die mich als den einzigen Begünstigten nennt?«
    »Nein, wann?«
    »Warten Sie, wann hat sie die abgeschlossen?« sagte Dill nachdenklich. »Das war vor drei Wochen.«
    »Smokey hat mir nichts davon erzählt.« Der Gesichtsausdruck des großen Mannes wurde nachdenklich, während er auf seinen Drink starrte. Als er aufblickte, erkannte Dill, daß sich etwas an seinen ungleichen grünen Augen verändert hatte. Vorhin noch waren sie ihm zu klein, zu tiefliegend und zu weit auseinanderstehend erschienen, aber dennoch klug. Noch immer stimmte vieles an ihnen nicht, doch jetzt waren sie mehr als klug. Gerissenheit lag darin, vielleicht sogar messerscharfer, brillanter Verstand. Er versucht, ihn hinter dem massigen Körper und seiner abgrundtiefen Häßlichkeit zu verstecken, dachte Dill, aber hin und wieder bricht er durch. »Es gab keinen Grund für Smokey, das zu tun, oder?« fragte Corcoran. »Es mir zu erzählen, meine ich.«
    »Ich wüßte keinen.«
    »Aber es bedeutet doch, daß Felicity Bescheid gewußt hat, oder nicht?«
    »Bescheid wußte?«
    »Daß jemand sie umbringen würde.«
    »Den Verdacht hatte.«
    »Richtig, den Verdacht hatte. Wäre

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