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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Clay. Dann ging sie, und das war dann auch schon das Ende.«
    »Wann ist das alles passiert?« fragte Dill.
    »Sechs Minuten vor zwölf, am zwölften Februar vor genau eineinhalb Jahren. Es war ein Freitag.«
    »Sie war also damals schon bei der Mordkommission.«
    »Ja, seit zwei oder drei Monaten; vom Betrugsdezernat dahin versetzt.«
    »Und Sie haben aufgegeben?«
    Corcoran schüttelte verneinend den Kopf. »Ich hab mich besoffen und dann versucht, sie noch einmal zu sehen, aber ich hab alles verpatzt. Dann hab ich sie noch dreimal angerufen. Beim ersten Mal sagte sie: Tut mir leid, Clay, ich hab dir nichts zu sagen, und legte auf. Als ich sie das zweite Mal anrief, sagte ich: Hey, ich bin’s, und sie sagte: Ruf mich bitte nicht mehr an, und legte auf.
    Das dritte Mal, als ich sie anrief und sagte: Ich bin’s, hat sie überhaupt nicht mehr geantwortet, sie hat bloß noch aufgelegt. Ich hab sie dann nicht mehr angerufen.«
    »Kann ich Ihnen nicht verdenken. Waren Sie mit ihr zusammen im Betrugsdezernat?«
    »Wir haben nie zusammengearbeitet oder dergleichen.
    Sie wurde sehr oft bei verdeckten Operationen eingesetzt, solange sie im Betrugsdezernat gewesen ist. Ich machte Öffentlichkeitsarbeit, und so ziemlich alles, was ich zu tun hatte, war, herumzulaufen und mit Schulkindern zu reden – mit den ganz kleinen, wohlgemerkt – darüber, was für nette, wunderbare Leute wir Polizisten sind. Ich hatte mir für diese Geschichte einen Farbdia-Vortrag ausgearbeitet. Die Stelle für Öffentlichkeitsarbeit kalkulierte so: Wenn die Kids es schaffen, sich an mich zu gewöhnen, werden sie mit normal aussehenden Cops nie Zoff haben. Irgendwie gefiel mir das ganz gut. Aber dann sah ich Felicity immer öfter mit Captain Colder, und das könnt’ ich nicht ertragen, also hab ich gekündigt.«
    »Und was machen Sie jetzt?«
    »Ich jage anderen Leuten Angst ein.« Corcoran setzte seine finstere Miene auf, und wieder spürte Dill den Wunsch, sich ganz klein zu machen. Der bullige Mann lächelte und kicherte ein bißchen. »Was ich im Augenblick mache, ist fast so lächerlich, wie ein Hahnrei zu sein. Ich bin Privatdetektiv, und Sie werden sich zu Recht fragen, wie zum Teufel es jemand mit meiner Statur wohl schafft, privat zu bleiben.«
    »Ich wollte tatsächlich gerade nach oben gehen und darüber nachdenken.«
    »Nun ja, also, ich arbeite häufig als Leibwächter, meistens für Ölgesellschaften, die da ein Bein hineinbekommen wollen, wo die Politiker ein bißchen unangenehm sind – Angola, Indonesien, Länder wie diese eben.«
    »Sie fahren dort selbst hin?«
    »Nein, sie setzen mich dann ein, wenn diese Leute hier rüberkommen, und mein Job besteht dann darin, sicherzustellen, daß keiner unserer hausgemachten Irren ihnen zu nahe kommt. Sie beschäftigen mich auf Abruf – die Ölgesellschaften –, und damit bestreite ich das Notwendigste zum Leben, was, wohlgemerkt, mit Ausnahme der Telefonrechnung gar nicht mal soviel ist. Als jemand, der Leute einschüchtert, muß ich viel am Telefon erledigen.«
    »Wen schüchtern Sie denn ein?«
    »Kaputte Typen. Nehmen wir an, irgendein Bursche drüben in Packingtown verliert seinen Job und kommt mit seinen Abzahlungen fürs Auto in Verzug. Na, er ist doch ein kaputter Typ, oder etwa nicht? Einige Leute würden jetzt wohl sagen, er ist das Opfer eines überholten ökonomischen Systems, das Menschen genauso auf den Müll wirft, wie es alte Autos verschrottet; aber Sie und ich, wir wissen es schließlich besser, nicht wahr? Sie und ich wissen, daß jeder in diesem, unserem großartigen und ruhmreichen Land sich aufmachen und selbst einen Job finden kann, sofern er nur ein sauberes weißes Hemd anzieht und sich richtig umsieht. Ich meine, so ein Prachtbursche von vierundfünfzig Jahren, der draußen in Packingtown siebzehn Jahre lang für Wilsons Frühstücksschinken verpackt und eingeschweißt hat und jetzt freigesetzt wird. Nun, es müßte doch mit dem Teufel zugehen, wenn der nicht hergehen und irgendwo anders Schinken verpacken könnte! Ich würde ihn sofort einstellen, wenn ich gut verpackten Schinken brauchte. Sie nicht auch? Na klar würden Sie das.
    Also, dieser Bursche, dieser hochqualifizierte Exschinkenpacker, gerät mit den Abzahlungen für sein Auto in Rückstand, und die Kreditabteilung überläßt ihn mir.
    Und wenn dann sein Telefon noch nicht abgestellt ist, rufe ich ihn an und sage mit meiner echt tiefen, furchterregenden Stimme: Hör mal, mein Name ist Corcoran, mein

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