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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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beurlauben lassen, könnt ich mir meine Spielberechtigung erhalten.«
    »Um was zu spielen?«
    »Football.«
    »Nachdem das Knie geheilt war. Ich verstehe.«
    »Also, mir fehlte ein Jahr zwischen meinem 101 in Französisch und dem 102, das ich für mein Abschlußexamen brauchte. Also fragte ich den Dekan der Romanisten, ob er mir einen Tutor empfehlen könnte. Er nannte mir Felicity. Wir sind damals ein paarmal miteinander ausgegangen, aber es war keine große Romanze. Nachdem ich mein Examen gemacht hatte, wurde ich von den Raiders angeworben und ging von dort weg.«
    » Dort heißt wohl Oakland, richtig?«
    »Damals Oakland, und danach L. A.«
    »Wie, sind die denn woanders hin, oder –«
    Corcoran verzog finster das Gesicht. Ganz gegen seinen Willen hätte Dill jetzt gern einen Rückzieher gemacht. Corcoran bemerkte es und lächelte. »Sie dürfen das nicht ernst nehmen, das ist einfach meine Berufsmiene, wenn ich erstaunte Entrüstung zeigen muß. Gibt’s irgend etwas, was Sie am Football nicht mögen?«
    »Ganz und gar nicht, es ist nur so, daß ich Mannschaftssportarten nicht allzu aufmerksam verfolge, wahrscheinlich, weil ich nie selbst mitgemischt habe.«
    »Tatsächlich nie?« Corcoran schien beinahe schockiert. »Nicht mal Baseball -Jugendliga B?«
    »Nicht mal das. Wenn Leute stillschweigend darüber hinwegsehen oder die Augen zudrücken, kann man durchs Leben gehen, ohne jemals in einer Mannschaft gespielt zu haben.«
    »Sie wollen mich ein bißchen verscheißern, wie?«
    »Ein bißchen schon.«
    Corcoran lächelte. »Macht nichts, das trauen sich nicht viele. Irgendwie mag ich das.«
    »Sie haben also für Oakland gespielt.«
    »Stimmt. Und als diesmal das Knie nicht mehr mitspielte, war es nicht nur ein Kapselriß, sondern das endgültige Aus und das Ende meiner Karriere als vielversprechender Verteidiger. Na ja, was mir blieb, war ein Titel in Philosophie, ein nagelneuer Pontiac GTO, zwei Anzüge und kein Beruf – es sei denn, ich wollte Philosoph sein, was ich aber keineswegs bin. Also schlich ich mich heimwärts und ging zu den Cops – und siehe da, Felicity war schon da, und dann fing es mit uns richtig an, und das war dann sehr, sehr schön. Also, eigentlich war es beinahe schon perfekt.«
    »Und was kam dazwischen?«
    Corcoran schnaubte: »Es war dieser Captain – wie heißt er noch? – Gene Colder, der dazwischenkam. Felicity und ich, na ja, wir sind miteinander gegangen –«
    »Trafen sich also zu gesellschaftlichen Anlässen«, ergänzte Dill, dem wieder die Redewendung des alten Polizeireporters eingefallen war.
    »So kann man’s auch nennen, aber es war noch viel, viel mehr zwischen uns. Wir hatten sogar schon überlegt, ob wir heiraten sollten – oder etwas ähnliches, was dem sehr nahe gekommen wäre.« Er sah Dill neugierig an.
    »Sie hat wirklich niemals von mir gesprochen?«
    »Nein, kein einziges Mal. Soweit ich wußte, lebte sie wie eine Nonne. Ich hab sie nie ausgefragt, weil es mich schließlich nichts anging. Aus demselben Grund hat sie mich auch nie nach meinen Freundinnen gefragt, vermute ich. Aber in allem anderen haben wir uns sehr nahegestanden. Zumindest hab ich das immer geglaubt.«
    »Sie hat viel von Ihnen gesprochen«, sagte Corcoran.
    Dill nickte. »Was ist dann also zwischen Ihnen beiden vorgefallen?«
    »Das ist es ja gerade. Nichts ist passiert, es kam aus heiterem Himmel: Heute war alles noch großartig und aufregend, und am nächsten Tag war alles vorüber. Sie sagte, sie müßte mit mir reden, aber wir hatten damals in der Woche verschiedene Schichten, und sie hatte nie vor elf Uhr Schluß. Also trafen wir uns wieder da in dieser Bar, in die wir oft gegangen sind, und sie sagte: Tut mir leid, aber ich hab jemand anderen getroffen, und wir werden uns wohl nicht wiedersehen können. Na ja, ich saß erst mal minutenlang nur da und versuchte, den Schock und den Schmerz zu verarbeiten – und ich muß gestehen, es tat wirklich verdammt weh –, und dann fiel mir ein, daß ich irgend etwas sagen mußte, also fragte ich sie nur: Wer? Sie sagte, das wäre schließlich gar nicht wichtig, und ich sagte dann, daß es für mich aber sehr wichtig wäre. Sie schüttelte nur den Kopf, als täte ihr das Ganze wirklich aufrichtig leid. Na ja, ich saß dann herum wie ein Trottel, und mir fiel nichts ein, was ich noch sagen könnte. Sie stand auf, beugte sich zu mir rüber und küßte mich auf die Stirn – Gott, tatsächlich auf die Stirn! – und sagte: Ich danke dir,

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