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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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mehr bekümmert als froh. »Sie hat mich wirklich nett abgewiesen.« Cindy blieb eine Weile still, runzelte die Stirn, blickte auf ihre nackten Brüste herab, schaute wieder hoch und fügte hinzu: »Genau auf dieselbe Weise, in der Sie mich eben abgewiesen haben.«

13
    Nachdem er Cindy McCabe endlich losgeworden war, fuhr Dill zurück in die Innenstadt, parkte den gemieteten Ford in der Tiefgarage und betrat um fünfzehn Uhr sechsundvierzig das angenehm kühle Hawkins Hotel.
    Die Außentemperatur betrug – der Anzeige an der First National Bank zufolge – 42 Grad Celsius. Es war völlig windstill. Dill konnte sich nicht erinnern, wann der Wind jemals ganz ausgesetzt hatte.
    Die ältliche Frau, die er für einen Dauergast hielt, saß auf ihrem angestammten Sessel in der Lobby und war mit einer vertrackt aussehenden Häkelarbeit beschäftigt. Sie sah auf, als Dill sich ihr näherte, aber diesmal runzelte sie nicht die Stirn und blickte ihn auch nicht finster an, aber ebensowenig lächelte sie ihm zu. Sie musterte ihn nur mit starrem Blick. Dill lächelte und nickte. Sie nickte zurück und sagte: »Tornadowetter.«
    Dill meinte: »Sie könnten recht haben«, und ging weiter bis zum Empfangsschalter, wo er anhielt, um nachzusehen, ob eine Nachricht in seinem Fach hinterlassen worden war. Er entdeckte, daß ein rosa Zettel darin lag.
    Er bat den Angestellten, ihn ihm auszuhändigen. Der Angestellte, derselbe, der Dill bei seiner Ankunft bedient hatte, schaute zuerst auf seine Armbanduhr, nahm dann den Zettel aus dem Fach, lehnte sich über den Tresen und wirkte mit einemmal ganz vertraulich, ja geradezu verschwörerisch, oder beides, dachte Dill.
    »Captain Colder«, sagte der Angestellte und bewegte dabei kaum die Lippen.
    Auch Dill liebte Melodramen, besonders nachmittags.
    »Wo?«
    »Die Schlammgrube.«
    »Seit wann?«
    Der Angestellte zuckte die schmalen Schultern. »Fünfzehn, vielleicht zwanzig Minuten.«
    »Und?«
    »Er sucht nach Ihnen.«
    »Gibt’s einen Hinterausgang?«
    »Sie könnten –« Der Mann am Empfang bremste sich.
    Seine Ohren färbten sich rosa. »Also wissen Sie, Mr. Dill, Sie wollen mich auf den Arm nehmen!«
    »Nein, nein, ganz und gar nicht«, sagte Dill, drehte ab und ging zur Schlammgrube. Noch im Gehen las er die Nachricht. Sie enthielt die Aufforderung: »Bitte rufen Sie Mr. Dolan in Washington D.C. vor 18 Uhr IDT an.« Dill warf einen Blick auf seine Uhr, um sich zu vergewissern. In Washington würde es erst in einer Stunde achtzehn Uhr sein. Aber das war schließlich nicht eilig.
    Timothy Dolan würde nie vor neunzehn Uhr das Büro des Unterausschusses verlassen, nicht einmal Freitag abends.
    Die Schlammgrube, die ihrem Namen wie immer alle Ehre machte, war stockfinster wie eh und je. Dill brauchte eine ganze Weile, bis er sich an das Dunkel gewöhnt hatte. Schließlich entdeckte er Captain Gene Colder an einem Tisch neben der Nordwand. Colder saß mit dem Rücken zur Wand, vor sich ein großes Glas Bier. Das Bier sah aus, als hätte er noch nicht davon getrunken. Dill vermutete, daß Colder nicht gern Alkohol trank, trotz der zwei Scotch, die er gestern nachmittag in Dills Hotelzimmer getrunken hatte. Dill vermutete, daß die zwei Scotch gerade das Quantum gewesen waren, das Colder sich pro Woche zugestand.
    Dill ging zu seinem Tisch hinüber. Colder blickte zu ihm auf und nickte. Es war kein freundliches Nicken, ebensowenig war es unfreundlich, es war genau das kühle Nicken, das ein Fremder für einen anderen übrig hatte, wobei er sich jeder Beurteilung enthielt, bis dieser andere Fremde etwas Außergewöhnliches tat.
    »Setzen Sie sich«, sagte Colder.
    Dill nickte kühl zurück, wie er es einem Fremden gegenüber getan hätte, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich.
    »Ein Drink?«
    Dill reichte es für heute eigentlich, trotzdem sagte er:
    »Ein Bier wäre nicht schlecht.«
    Colder hob winkend die Hand. Die Kellnerin kam eilfertig an ihren Tisch. Ah so, dachte Dill bei sich, du hast also hier mit Leuten gebechert, die prompte Bedienung verlangt haben.
    »Er möchte ein Bier, Lucille«, sagte Colder zu der Kellnerin.
    »Und Sie, Captain, alles klar?« fragte sie.
    »Ich hab alles«, sagte er.
    Lucille wirbelte davon. Colder zog eine Packung Salem heraus und bot Dill eine Zigarette an. Dill schüttelte den Kopf. »Ich hab aufgehört.«
    »Wenn ich das Zeug noch lange weiterrauche, tu ich’s irgendwann auch.« Colder zündete sich die Zigarette mit einem Wegwerffeuerzeug an

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