Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
Vom Netzwerk:
und beugte sich vor, die Ellbogen auf den Tisch gestützt. »Ich dachte mir, wir könnten uns mal unterhalten, ohne daß uns der Chef im Nacken sitzt.«
    »Okay.«
    »Felicity«, sagte Colder, »ich möchte über sie reden.«
    »In Ordnung.«
    »Vielleicht merkt man’s mir nicht an, Dill, aber ich gehe fast aus dem Leim.«
    Dill nickte und hoffte, daß man ihm diese Geste als Äußerung von Mitgefühl abnehmen würde. Das war offenbar nicht der Fall, denn Colder starrte ihn an, als erwarte er mehr von ihm.
    »Das geht mir nicht anders«, sagte Dill, »ich geh aus allen Fugen, beinahe.«
    So war es schon besser, spürte Dill, nicht viel, aber immerhin. Colder wandte den Blick ab und sagte: »Ich bin mit einer monströsen Kuh verheiratet.«
    »Das kommt zuweilen vor.«
    »Sie ist die Tochter eines Expolizeichefs aus meiner Heimatstadt, aus Kansas City.« Er drückte seine halbgerauchte Zigarette aus. »Und das ist der Grund, weswegen ich sie geheiratet habe – weil sie die Tochter des Polizeichefs war.« Er fuhr damit fort, sorgfältig seine Zigarette auszudrücken. »Ich habe einen Fehler gemacht.«
    »Ich mache ständig welche«, sagte Dill, da er merkte, daß Colder eine Antwort darauf erwartete. Die Kellnerin eilte zu ihrem Tisch, baute das Bierglas vor Dill auf und hastete wieder davon. Dill nahm einen ersten vorsichtigen Schluck. Colder hatte sein Glas noch nicht angerührt.
    »Ich bin jetzt sechsunddreißig Jahre alt, und wenn ich die Sache richtig anpacke, kann ich mit vierzig bereits Chef sein. Vielleicht sogar noch eher, und damit meine ich nicht Chef der Kriminalabteilung, wie es Strucker ist.
    Ich meine Polizeichef – der queso grande. «
    »Aber«, sagte Dill.
    »Was meinen Sie mit ›aber‹?«
    »Das ist es doch wohl, warum Sie mir dies alles erzählen – weil es nämlich ein solches ›Aber‹ gibt.«
    Colder starrte unverwandt zu Dill hinüber. Das ist der starre Blick des Großinquisitors, entschied Dill, der besagen sollte: Bekenne. Offenbare. Gib dich preis. Spuck es aus.
    »An was für ein ›Aber‹ haben Sie denn dabei gedacht?« fragte Colder.
    Dill zuckte die Achseln. »Ich würde nicht mal den Versuch machen zu raten, weil Sie es mir ohnehin gleich sagen werden.« Du brennst geradezu darauf, es mir zu sagen, dachte er. Der Inquisitor wird zum Inquisierten.
    »Obgleich ich dabei den starken Verdacht habe, daß Sie, Captain, ganz gleich, welche Enthüllungen Sie mir zu bieten haben, ohne Schuld und Tadel aus allem hervorgehen werden.«
    »Meine Frau«, begann Colder, »na ja, meine Frau hat mir die Hölle heiß gemacht, schon lange bevor ich Felicity begegnet bin. Um die Wahrheit zu sagen, ich hab sie verlassen.«
    »Bevor sie Felicity begegnet sind.«
    »Na ja, jedenfalls kurz danach.«
    »Ach so.«
    »Ich möchte nicht den Eindruck bekommen, Felicity hätte ein trautes Glück zerstört.«
    »Ich bin sicher, daß sie das nicht getan hätte.«
    »Meine Frau und ich sind kinderlos. Der einzige Zank, den wir hatten, betraf nur sie und mich.«
    »Sie lebt hier?«
    »Richtig, sie lebt hier.«
    »Wie alt ist sie?«
    »Etwas älter als ich. Achtunddreißig.«
    »Das ist beinahe zu spät, um noch Kinder zu haben.«
    »Ich glaube nicht, daß sie jemals welche gewollt hat«, sagte Colder und trank düster einen Schluck Bier, von dem Dill annahm, daß es längst schal geworden sein mußte. Colder schien anderer Meinung zu sein.
    »Was hat sich denn nun danach abgespielt?« fragte Dill. »Ich meine, nachdem sie das mit Felicity herausgefunden hatte.«
    »Sie haben’s doch schon gehört, oder?«
    »Was denn gehört?«
    »Daß meine Frau gedroht hat, Felicity umzubringen.«
    »Nein, das ist mir neu.«
    »Man wird’s Ihnen schon erzählen.«
    »Hat sie’s denn getan?«
    »Damit gedroht, sicher.«
    »Nein«, sagte Dill, »das habe ich nicht gemeint.«
    »Sie meinen, ob sie Felicity wirklich getötet hat?«
    »Ja.«
    »Nein«, sagte Colder, »hat sie nicht.«
    »Wie hat Ihre Frau denn ihre Drohungen vorgebracht?«
    »Sie hat sie zu Hause angerufen und geschrien: Wenn du nicht die Finger von meinem Mann läßt, bring ich dich um. Sie hat auch in ihrer Dienststelle angerufen.
    Wenn Gertrude – so heißt sie – Felicity nicht erreichen konnte, hinterließ sie bei jedem eine Nachricht, der gerade den Hörer abnahm. Sie ließ Sätze ausrichten wie diese: Hier ist die Frau von Captain Colder. Sagen Sie Detective Dill, daß ich sie umbringen werde, wenn sie ihn nicht in Ruhe läßt. Das ging wochenlang

Weitere Kostenlose Bücher