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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Zeit, Würgegriff zu denken und zu registrieren, daß der, zu dem der Arm gehörte, weder keuchte noch schwer atmete. Vielleicht verdiente er sich damit seinen Lebensunterhalt, dachte Dill. Und dann, als die Sauerstoffzufuhr unterbrochen war und die Halsschlagader zugedrückt wurde, als nicht mehr genügend Luft in seine Lungen einströmen konnte und sein Gehirn nicht mehr mit Blut versorgt wurde, verlor Dill das Bewußtsein und erlangte es erst neun Minuten später wieder.
    Er fand sich auf dem Fußboden neben dem Bett liegend. Das erste, was er tat, nachdem er die Augen geöffnet hatte, war schlucken. Nichts war zerquetscht worden, es tat nicht einmal sehr weh – nur seine Kehle fühlte sich etwas wund an, und er wußte, daß das gleich vorüber sein würde. Es ist nicht viel schlimmer, als es damals in der fünften Klasse gewesen ist, als Jake und ich herausfanden, wie man das machen muß, dachte Dill. Außer, daß wir den Namen Halsschlagader noch nicht kannten.
    Wir fanden einfach, das wäre eine saubere, bequeme Art, ohnmächtig zu werden.
    Er setzte sich langsam, sogar ein wenig müde auf und blickte sich prüfend um, um festzustellen, ob der Würger noch immer im Zimmer war. Das war er nicht. Dill tastete die Brusttasche seines Jacketts nach der Brieftasche ab. Sie war noch da. Er nahm sie heraus, klappte sie auf und zählte das Geld nach. Es war nichts gestohlen worden. Seine Armbanduhr umschloß noch immer das linke Handgelenk. Dill stützte sich auf die Knie, kam dann auf die Füße und blickte sich suchend nach der Akte Jake Spivey um. Es war nur ein kurzer Blick, dem jede Hoffnung fehlte. Er wußte, daß die Akte verschwunden sein würde, und so war es auch.
    Dill setzte sich aufs Bett und befühlte mit der rechten Hand tapfer seine Kehle. Die leichte Wundheit ebbte bereits ab. Der Hirnschaden würde minimal sein, redete er sich zu, allenfalls ein Verlust von einigen hunderttausend Zellen, aber es gibt schließlich noch viele Millionen andere, und da du ja ohnehin nicht viel Gebrauch davon machst, wirst du so pfiffig wie immer sein, das heißt, du kannst breite Straßen noch immer ganz allein überqueren.
    Er versuchte, sich alles über den Angreifer einzuprägen, woran er sich erinnern konnte. Ihm fiel der Unterarm wieder ein. Es war ein mordsmäßiger Unterarm gewesen, wahrscheinlich der rechte, da die linke Hand das rechte Handgelenk umspannen mußte, um den Druck auszuüben. Dann war da noch diese leichte, ganz normale Atmung gewesen. Der war nicht gerade in Panik geraten, während er auf dein Erscheinen wartete. Seine Nerven, falls er überhaupt welche hatte, waren in allerbester Verfassung, und seine Pulsfrequenz erhöht sich wahrscheinlich bis auf zweiundsiebzig Schläge, wenn er hoch erregt ist – falls bei ihm so etwas überhaupt vorkommt. Dill mußte nicht eigens seinen eigenen Puls fühlen, um zu wissen, daß er raste.
    Und da sein Angreifer es so glatt und offenbar anstrengungslos gemacht hatte, entschied Dill, daß er es in der Vergangenheit oft getan haben mußte, was womöglich, Inspektor, darauf hindeutet, daß er, bevor er sein schändliches Verbrecherleben aufnahm, durchaus ein ehrlicher Polizist gewesen sein mochte oder sogar ein durch und durch unehrlicher, vielleicht aus Los Angeles, wo dem Vernehmen nach die Großmeister des Würgegriffs leben.
    Und dieser hier konnte sich spielend um olympische Ehren im Würgen bewerben. Es bestand natürlich auch die Möglichkeit, daß er seine Kunst irgendwo anders erlernt hatte. Es konnte auch ein leicht angeknackster Veteran der Special Forces sein, ein ergrauender Green Beret, der in Bragg alles über Würgegriffe und lautloses Töten gelernt, es dann in Vietnam zur Perfektion abgerundet hatte und jetzt seine schwer erworbenen Fertigkeiten all denen anbot, die sie kaufen wollten. Erwirb dir Fachkenntnisse in der Armee, hatten sie ihm geraten, und das hatte er ja auch getan.
    Dill stand vom Bett auf, ging hinüber zur Flasche Old Smuggler, die noch immer auf dem Schreibtisch stand, öffnete sie, schnüffelte argwöhnisch am Flaschenhals (weswegen nur, fragte er sich – Zyankali?), schenkte sich einen gehörigen Schluck in ein Glas und trank es leer. Der Alkohol brannte leicht und machte ihn schaudern, aber nicht mehr als gewöhnlich.
    Nachdem er das Glas abgesetzt hatte, nahm Dill den Hörer vom Telefon, schloß die Augen, erinnerte sich an die Nummer, die er haben wollte, und wählte. Beim dritten Läuten antwortete ihm die Stimme von

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