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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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ich«, sagte Anna Maude Singe. Sie stand auf und hastete auf den Tresen zu.
    »Du wirst mir nicht hier wegsterben, Alter«, murmelte Harry der Kellner, während er Laffter die speckige graue Krawatte herunterriß. »Du wirst mir nicht in meinem Lokal krepieren!«
    Harry der Kellner schüttelte den alten Mann bei den Schultern und schrie ihn an: »Bist du in Ordnung?« Es kam keinerlei Reaktion, aber er schien auch nicht damit gerechnet zu haben. Er schob die linke Hand unter den Hals des Alten, hob ihn an und drückte mit der rechten Hand die schweißnasse Stirn nach unten. Der Mund des Alten klappte auf. Harry der Kellner beugte sich nieder, um ihn abzuhorchen, und schüttelte dann fast angewidert den Kopf.
    »Ich werd dich schon wieder auf den Mund küssen müssen, Alter«, murmelte Harry der Kellner vor sich hin.
    Er ließ die linke Hand unter Laffters Nacken, hob ihn noch weiter an und kniff mit der rechten Hand Laffters Nasenflügel zusammen, bis sie sich fest schlossen. Harry der Kellner holte tief Atem, öffnete seinen Mund, so weit es ging, preßte ihn auf den Mund des Alten und atmete kräftig aus. Dill konnte sehen, wie sich die Brust des Alten hob. Harry der Kellner löste seinen Mund von dem des Alten, schaute prüfend nach, ob sich der Brustkorb des alten Mannes senkte, und als er sah, daß das nicht der Fall war, beatmete er viermal mit kurzen Stößen Laffters Mund. Diesmal hob sich der Brustkorb des Alten, fiel wieder in sich zusammen, dann rührte sich nichts mehr.
    Harry erhob sich auf die Knie und ertastete Laffters Halsschlagader dicht neben dem Kehlkopf. »Du gottverdammter alter Hundesohn«, sagte er. Er setzte den Ballen seiner linken Hand etwa drei Zentimeter unterhalb des Brustbeins am Schwertfortsatz an, verschränkte die Finger beider Hände, beugte sich über Laffter und drückte nach unten. Der Brustkorb des alten Mannes schien sich um fünf Zentimeter zu senken. Harry der Kellner beugte sich ruckartig zurück, ließ sich wieder nach vorn sinken und wiederholte das Ganze. Das machte er fünfzehnmal hintereinander, beugte sich dann schnell nach vorn und beatmete zweimal den Mund des Alten.
    Eine Frauenstimme in Dills Rücken gellte kreischend:
    »Das ist ja widerwärtig!« Er drehte sich um und entdeckte, daß eine kleine Gruppe neugieriger Tischgäste sich um sie gebildet hatte.
    Harry der Kellner schaute zu Dill hoch. »Können Sie ihn jetzt vielleicht beatmen?«
    »Klar«, sagte Dill und kniete sich neben Laffter. »Sie müssen mir nur sagen, wann.«
    »Wenn ich bei fünf angelangt bin«, sagte Harry der Kellner und begann jeden Preßdruck, den er ausübte, laut mitzuzählen. Als der Kellner beim fünften Mal angelangt war, holte Dill tief Luft, bedeckte den Mund des alten Mannes mit seinem eigenen und atmete machtvoll aus.
    »Noch mal«, sagte Harry der Kellner.
    Dill holte noch einmal tief Luft und preßte seinen Atem in die Lungen des Alten. Der Mund des alten Mannes schmeckte nach schalem Zigarettenrauch und Cognac. Und wahrscheinlich auch Kukident, dachte Dill und mußte sich zwingen, nicht zu würgen.
    »Jetzt noch mal, bei fünf«, sagte Harry.
    »Gut«, erwiderte Dill.
    Nachdem der Kellner zum fünften Mal die Herzmassage wiederholt hatte, beatmete Dill erneut den Mund des Alten. Sie waren noch Minuten später damit beschäftigt, als der Notfalldienst der Feuerwehr eintraf und übernahm. Die Männer vom Notdienst gaben Laffter Sauerstoff, hoben ihn auf eine Trage und rollten ihn zur Eingangstür des Clubs. Dill und Harry der Kellner gingen mit ihnen. Die Gaffer kehrten zu ihren Drinks und zu ihrem Essen zurück.
    »Wird er durchkommen?« fragte Harry einen der Sanitäter.
    »Doch, ich denke schon, Harry, deine Herzmassage war wieder mal große Klasse! Danke!«
    Als die Erste-Hilfe-Leute gegangen waren, fragte Dill Harry: »Das war nicht das erste Mal, daß Sie ihn wiederbelebt haben?«
    »Nein, nein, auch früher schon zweimal.«
    »Jesus.«
    »Ich habe dem alten Narren immer und immer wieder gesagt, daß er mir in meinem Lokal nicht abkratzen wird. Er soll zu Hause allein in seinem Bett sterben. Da und nicht anderswo soll er den Löffel abgeben! Aber nicht hier in meinem Lokal. Haben Sie das ernst gemeint, daß Sie ihn verklagen wollen?«
    Dill nickte.
    Harry der Kellner schüttelte den Kopf und grinste.
    »Das hat ihn sicher schwer mitgenommen. Klar, das muß ihm einen Schlag versetzt haben. Wissen Sie übrigens, wem der alte Kauz alles vermachen wird, was er hat?«
    Dill

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