Schwaben-Filz
das lässt die Bürokratie nicht zu. Es sei denn, Holger hätte eine Verletzung oder ein gesundheitliches Problem. Klar?«
»Ja«, sagte Neundorf. »Alles ist klar. Das Motorrad kippt um, er leidet unter einer starken Prellung und kann deshalb vorerst nicht weg. Wenn die Maschine ihn nicht so unglücklich erwischt hätte …«
»Ich wollte das doch nicht«, war ihr die junge Frau heulend ins Wort gefallen, »es sollte nur ein kleiner Unfall sein, wirklich, Sie müssen mir glauben.«
»Und jetzt ist plötzlich die Polizei im Spiel, und alle labern von linken Terroristen.«
»Nein.« Neundorf hatte heftig protestiert. »Nur Grinsekäser und Söderhofer, diese Vollidioten.« Sie hatte der jungen Frau Zeit gegeben, sich etwas zu beruhigen, dann nach Holger Deimel gefragt. »Er weiß, dass Sie es waren?«
»Nein«, hatte Carolin Mechle erschrocken von sich gegeben. »Der will doch nichts mehr von mir wissen, wenn ich ihm das beichte.«
»Du hast es mir gebeichtet, das reicht«, hatte die Pfarrerin erklärt. »Wir schaffen das, ja? Oder glaubt ihr, euer Staatsanwalt macht Schwierigkeiten?«
»Der soll es nur versuchen«, hatte Neundorf geantwortet. »Dann erzähle ich den Zeitungen von einem gewissen Teddy. Der spielt mit, garantiert.«
Rössle, der für die Untersuchung des Unfallortes verantwortlich war, hatte sich um eine Lösung bemüht.
»Linke Terroristen?« Braig ließ seinen Blick über die vor ihm versammelten Journalisten gleiten. »Tut mir leid. Von mir haben Sie in diese Richtung nie etwas gehört.«
Tumultartiger Lärm hinderte ihn daran, weiterzusprechen. Mehrere Männer waren aufgesprungen, schrien wild durcheinander.
Braig wartete ein paar Sekunden, sah Söderhofers stieren Blick auf sich gerichtet. Der Staatsanwalt hockte an der Seite, versuchte nachzuvollziehen, was der Kommissar gerade von sich gegeben hatte.
»Sie halten sich zurück«, hörte er Neundorfs Stimme, »sonst komme ich auf Ihre Befangenheit zu sprechen. Ich sage nur
Teddy
.«
Söderhofers bleiche Miene vor Augen nutzte Braig das Mikrofon, den gestiegenen Lärmpegel zu übertrumpfen. »Ich betone, weder von Frau Neundorf noch von mir haben Sie im Zusammenhang mit dieser Angelegenheit je etwas von angeblichen Terroristen gehört. Weil wir von den Ermittlungen zu den Todesfällen der Herren Grobe, Robel und Ruppich sehr in Anspruch genommen sind, konnten wir uns zeitweise nur unzureichend um die Sache mit Herrn Deimel kümmern. Was von anderen dazu behauptet wurde, steht nicht in unserer Verantwortung. Ich denke, meine und Frau Neundorfs absolut seriöse Ermittlungsmethoden sind Ihnen bekannt. Uns ist es heute Morgen in gemeinsamer Arbeit mit unseren Spurensicherern gelungen, die Ursache der schweren Verletzungen Herrn Deimels endgültig zu klären.«
»Ja, und?«
»Die Verletzung des Mannes resultiert aus einer unglücklichen Verkettung widriger Umstände. Um es klar zu sagen: Es liegt kein Fremdverschulden vor.«
Blitzartig aufkommender Lärm hinderte ihn erneut daran, weiterzusprechen. Mehrere Männer waren aufgesprungen, unzählige Stimmen schrien durcheinander. Braig sah, wie Söderhofer mit großen Augen zu ihm herstarrte.
»Der Unfallhergang, denn so müssen wir den Vorfall definieren, wurde von uns heute Morgen nachgestellt. Deshalb können wir Ihnen den Ablauf ziemlich detailgetreu schildern. An dem Tag, als Herr Deimel mit der Inspektion seines Motorrades beschäftigt war, hatten wir zeitweise starke Windböen zu verzeichnen. In den Gesprächen über die Situation, in der sie ihren Freund schwer verletzt unter seiner Maschine fand, erwähnte Frau Mechle einen kleinen, etwa einen Meter langen Teppich. Er lag zerknüllt auf dem Motorrad. Sie packte ihn und warf ihn zur Seite, um ihren Freund aus seiner misslichen Lage zu befreien. Wir waren bisher davon ausgegangen, dass der junge Mann den Teppich als Unterlage zur Inspektion seiner Maschine benutzt hatte. Jetzt, in einem neuen Gespräch, stellte sich jedoch heraus, dass er auf der nahen Metallstange ausgeklopft und zum Auslüften aufgehängt worden war. Unseren Erkenntnissen nach muss eine Windböe den Teppich von der Stange geweht und auf das nur einen Meter davon entfernte Motorrad geschleudert haben. Der Aufprall warf die Maschine um und begrub den jungen Mann unter sich. Wir hoffen auf eine baldige Genesung Herrn Deimels und wünschen ihm alles Gute. Unsere Ermittlungen sind damit abgeschlossen.«
37. Kapitel
Die Pressekonferenz war gerade zu Ende gegangen, als
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