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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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er auch in den folgenden Jahrzehnten nicht davon ab, sich durch fremde Betten zu schlafen, wenn auch bei Weitem nicht mehr in dem Umfang wie früher. Im März 1772 schenkte er Franziska den südöstlich von Stuttgart gelegenen Garbenhof in Hohenheim, zwei Jahre später setzte er es durch, dass sie vom Kaiser zur Reichsgräfin von Hohenheim ernannt wurde. Eine Eheschließung zwischen den beiden so innig Verliebten wurde 1780 mit dem Tod der ersten Ehefrau des Herzogs möglich. Jahrelang bemühte sich der württembergische Herrscher, den Widerstand des Papstes wie seines eigenen erzkatholischen Bruders Ludwig Eugen gegen seine Heirat mit der geschiedenen, noch dazu evangelischen Franziska zu brechen – jahrelang traf er auf entschlossenen Widerstand. Erst im Januar 1785 fand im Geheimen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, im Neuen Schloss in Stuttgart die Vermählung statt, ein Jahr später wurde Franziska offiziell zur Herzogin ernannt.
    Das Schloss und der Park von Hohenheim bildeten das Zentrum des immerhin 22 Jahre, bis zum Tod Carl Eugens währenden gemeinsamen Lebens des Paares. Beide erlebten zwar nicht mehr die Vollendung des Hauptgebäudes, benutzten jedoch einen zweigeschossigen Flügelbau als Wohnung. Die Gestaltung des durch Zukäufe auf etwa 500 Hektar vergrößerten Parkgeländes wurde zu einer der wichtigsten Aufgaben von Franziska und Carl Eugen. Die Arbeit in Hohenheim verschaffte beiden Abstand von der künstlichaffektierten Welt des Stuttgarter Hofes, ermöglichte ihnen zudem, sich durch eigener Hände Arbeit – für den Despoten zum ersten Mal im Leben – zu verwirklichen.
    Die Anlage des Parks überließen sie nicht dem Zufall, sondern sorgfältiger Planung. 1776 reisten beide nach England, um sich dort die verschiedensten Landschaftsgärten anzusehen, die zum Vorbild für Hohenheim werden sollten. Nicht die französischen Barockanlagen, die die Pflanzen in künstlich gestylte Symmetrien pressten, um dem Auftreten des jeweiligen Herrschers ein möglichst protziges Umfeld zur Verfügung zu stellen, dienten dem schwäbischen Herzogspaar als Ideal, vielmehr das genaue Gegenteil: die Betonung einer möglichst natürlichen Landschaft mit Bäumen, Bächen, Seen und Gärten, in denen – dem Menschen zu Diensten – nicht nur Blumen, sondern auch Gemüse, Obst und Weintrauben wuchsen. Um diesem grünen Naturparadies dennoch einen unverkennbaren Charakterzug zu verleihen, ließ der Herzog exotische Büsche und Bäume aus aller Herren Länder importieren und in Hohenheim einpflanzen. Ein bei Wissenschaftlern hochgeschätztes, Ende des 18. Jahrhunderts erschienenes botanisches Lexikon bezeichnete den Schlosspark als die reichste und vollständigste Sammlung von ausländischen Bäumen und Sträuchern in Deutschland. Die wertvollsten exotischen Pflanzen wurden in einem großen, aus Glas und Eisen errichteten Gewächshaus, dem »eisernen Haus«, aufbewahrt, in dem das Herzogspaar seinen Kaffee trank.
    Dass die beiden dem weitläufigen Garten zudem unzählige miniaturisierte, der Antike nachempfundene Gebäude wie einen »Sibyllentempel«, ein »römisches Gefängnis« sowie ein »Carthäuser-Kloster mit gothischer Kapelle« einverleiben ließen, löste nicht nur Begeisterungsstürme aus. Johann Wolfgang von Goethe etwa urteilte nach seinem Besuch 1797, vier Jahre nach dem Tod Carl Eugens:
Hohenheim selbst, der Garten sowohl als das Schloss, ist eine merkwürdige Erscheinung. Der ganze Garten ist mit kleinen und größeren Gebäuden übersäet … Viele Dinge zusammen machen leider kein großes
.
    Die Herzogin von Hohenheim dagegen genoss wie ihr Partner jeden Tag, den sie dort verbrachten: teils mit intensiver, auch körperlich anstrengender Garten- und Feldarbeit, teils mit Aufenthalten in ihrer mit einer großen Bibliothek ausgestatteten »Köhlerhütte« mitten im Park. Voller Stolz vertraute sie die im Herbst erzielten Ernteerträge ihrem Tagebuch an, notierte genau die Mengen an Kartoffeln, Kohlrabi, Johannisbeeren und Feigen, die sie der Erde abgerungen hatten. Und Carl Eugen war sein Schlossgarten seinem eigenen Urteil nach zum
Triumph tugendhaften Landlebens über die Sittenverderbnis des untergegangenen Roms
geworden – eine Bemerkung, mit der er sein eigenes, über Jahrzehnte hinweg praktiziertes Verhalten entlarvte.
    Die Wurzeln Hohenheims als Zentrum landwirtschaftlicher und gartenbautechnischer Forschung und Entwicklung gehen ohne jeden Zweifel auf die engagierte Arbeit des Herzogspaars und

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