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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Herbstastern und Dahlien lag die verkrümmte, auf die rechte Körperseite gebettete Leiche eines Mannes. Das Gesicht im Blattwerk der Blumen verborgen, war von seinem Kopf nur der rückwärtige, von kurz geschnittenen, dunklen Haaren bedeckte Teil zu sehen. Er trug einen hellgrauen Anzug, dazu ein weißes, auf der linken Brust von zwei dunklen Flecken verschmutztes Hemd und eine deutlich in Mitleidenschaft gezogene, blaue Krawatte. Die schwarzen Schuhe an seinen Füßen glänzten frisch poliert.
    Braig starrte auf den linken Arm des Mannes, der im spitzen Winkel vom Körper zur Seite ragte, betrachtete die breite, von fleischigen Fingern gezeichnete Hand, um die herum mehrere samtrote Blüten üppig ausgewachsener Dahlienstauden in die Höhe ragten. Eine völlig deplatzierte, unwirkliche Kombination, ins Absurde gesteigert vom Geschrei der Meute auf der Spitze des Hügels.
    »Wie isch denn der umkomme? I ka des gar net erkenne.«
    »Des wisset die doch selbst net, du Rindvieh. Do isch nix zu sehe!«
    Ein leichter Windhauch kam auf, wehte die Plane zur Seite. Braig wusste nicht, ob er sich täuschte, glaubte, einen zarten Blütenduft zu erspüren. Was für ein makabrer Gedanke, schoss es ihm durch den Kopf.
    »I denk, des isch genug.« Rössle deutete auf den Boden, schaute fragend zu Braig. »Mir hent ihn fotografiert, von alle Seite. Okay?«
    Der Kommissar bemerkte die starre Haltung Söderhofers, der immer noch nicht reagierte, nickte. »Wenn wir die Aufnahmen sehen könnten …« Der Spurensicherer deckte die Leiche sorgfältig ab, stakste vorsichtig zur Seite, zog einen Laptop aus seinem Koffer, baute ihn vor den Männern auf. Die Kommentare aus der Höhe gewannen an Schärfe.
    »Hätt der Idiot net no a Weile warte könne – die gönnet oim doch gar nix!«
    »Wieso deckt der die Loich scho wieder zu? I han erscht oi Foto!«
    Rössle ließ sich nicht beirren, konzentrierte sich auf den Laptop. Er öffnete die gewünschte Datei, präsentierte zuerst den Leichnam, dann Teile des Körpers auf dem Bildschirm.
    »Ihr seid schon lange hier?«, fragte Braig.
    »Seit einer halben Stunde etwa.« Markus Schöffler, wie sein Kollege in einen grünen Plastiküberzug gehüllt, klopfte dem Kommissar auf die Schulter. »Gleichzeitig mit dem Arzt. Er bestand darauf, ihn genauer zu untersuchen, auch wenn du noch nicht dabei warst. Wir haben alles dokumentiert, keine Angst. Er liegt wieder im ursprünglichen Zustand.«
    »Wer hat die Leiche gefunden?«
    »Ein Herr Reizle. Der wohnt glei um die Eck. I han sei Aschrift notiert.«
    Rössle betätigte die Tastatur, konfrontierte sie mit einer Frontalaufnahme des Gesichts des Toten.
    Söderhofer schnappte nach Luft. »Himmelherrgottsakrament«, stöhnte er laut. Er stampfte mit dem rechten Fuß auf den Boden, trat zwei Schritte zurück, griff in seine Tasche.
    »Sie haben ihn erkannt?«, fragte Braig.
    Söderhofer fingerte in seiner Manteltasche, zog eine zerknitterte Zigarettenpackung daraus hervor.
    »Wo isch der Dode?«, kreischte eine Stimme in der Höhe.
    »Den siehsch nemme, die Granatedackel hent ihn wieder zudeckt.«
    Braig sah, wie der Staatsanwalt eine Zigarette in den Mund schob, den Glimmstengel dann zwischen seinen Lippen hin und her bewegte.
    »Mr kennet jetzt älles brauche bloß koi Zigaretteasch«, knurrte Rössle.
    Söderhofer reagierte nicht auf die Bemerkung. »Sackzement, Sie können die Investigation aufnehmen, Braig«, schnaufte er. »Rolf Grobe, ja.« Er schob die Zigarette zwischen seinen Lippen hin und her, machte keinerlei Anzeichen, nach einem Feuerzeug zu suchen.
    Der Kommissar hatte schon das gewohnte: »Ohne Zweifel?« auf den Lippen, ersparte es sich aber. Die Körpersprache des Mannes war eindeutig.
    Er verfolgte die weitere Präsentation der Bilder, verschiedene Ansichten des Körpers des Toten, sah die beiden Einschüsse im Herzbereich des Mannes.
    »Zwei Mal, von vorne, Entfernung etwa zwei Meter. Jeder für sich tödlich, meinte der Arzt.«
    »Wo?«, fragte Braig. »Hier im Park?«
    »An Ort und Stell’«, bestätigte Rössle, »oine von dene Kugle han i scho entdeckt. Dort vorne in dem Stamm.« Er wies auf den Baum, der keine zehn Meter von ihnen entfernt aufragte. »Nach der zwoite suchet mr noch.«
    »Welches Kaliber?«
    »Neun Millimeter würd i mol sage.«
    »Wann etwa ist es passiert? Was meinte der Arzt?«
    »Am frühe Morge. Mehr wollt er net sage.«
    »Am frühen Morgen? Welche Zeit soll das sein?«
    »Was wois i. Der Kerle hot sei Gosche

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