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Schwaben-Filz

Schwaben-Filz

Titel: Schwaben-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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vierzig Kilo, wie man hört.«
    »Sie ist tot?«
    »Zwei, drei Jahre schon.« Der Mann machte eine abfällige Handbewegung. »Fragen Sie mich nicht, wieso. Schauen Sie ihren Balg an, das reicht. Das Loch, in dem der Kerl haust, sein verwahrlostes Auftreten und seine ständige Hetze …«
    »Was für eine Hetze?«
    »Der ist doch bei diesen Chaoten, die das halbe Land in Aufruhr bringen.« Er reckte seinen Kopf nach vorne, brachte seine ganze Wut zum Ausdruck. »Der verteilt Hetzbroschüren, klebt Plakate, schmiert alles voll gegen den neuen Bahnhof, den sie in Stuttgart bauen wollen. Hier bei uns in Reutlingen!« Die Entrüstung war ihm ins Gesicht geschrieben.
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Woher?« Dr. Rencks Stimme drohte sich zu überschlagen. »Weil ich ihn dabei schon überrascht habe, neulich, vor ein paar Wochen. Der hat nichts anderes zu tun, als für Chaos und Anarchie zu sorgen.«
    »Wobei haben Sie ihn überrascht? Welche Wände hat er vollgeschmiert?«
    »Tststs.« Rencks Stimme kam ins Schleudern. »Ich habe ihn erwischt, wie er die Briefkästen ganzer Häuser vollstopfte. Mit seiner Propaganda. Na ja, und jetzt soll er auch schon wieder arbeitslos sein …«
    »Arbeitslos? Wo war er tätig?«
    »In Berlin.«
    Neundorf warf ihm einen überraschten Blick zu. »Nicht hier in der Nähe?«
    »Angeblich in Berlin. Behaupten jedenfalls die Leute. Was weiß ich. Der war mehrere Jahre weg. Nur ab und an übers Wochenende da. Wahrscheinlich konnte er dort seinen schwulen Neigungen besser nachkommen.«
    »Woher wollen Sie seine sexuelle Ausrichtung kennen?«, fragte sie, ersparte sich aber das: Was geht Sie seine Sexualität überhaupt an?, obwohl es ihr auf der Zunge lag. Der Mann vor ihr hätte das wohl kaum verkraftet. Sein Weltbild schien fest und unveränderlich. Von Minute zu Minute wurde er ihr unsympathischer, sein unverhohlenes Blockwartgehabe immer widerwärtiger. Zum Glück wohnte der nicht in ihrer Nachbarschaft, dachte sie.
    »Woher ich weiß, dass Hellner schwul ist?«, ereiferte sich Dr. Renck. Sein Kopf war um mehrere Dezimeter vorgeschnellt, sein stechender Blick bohrte sich in ihre Augen. »Weil er ständig Männer bei sich hat, irgendwelche Typen, was weiß ich, woher. So wie jetzt auch wieder seit ein paar Tagen schon. Ein Kerl etwa im gleichen Alter wie er. Ich habe ihn schon mehrfach gesehen, spät abends wie früh morgens. Der wohnt bei ihm, mehrere Tage schon. Vielleicht haben Sie die Frau gemeinsam ermordet. Und Sie fragen mich, woher ich weiß, dass Hellner schwul ist?«

5. Kapitel
    Die Ausweispapiere eines Grobe, Rolf, wohnhaft in Esslingen, wurden gegen 10.05 Uhr von Polizeibeamten in der Jackentasche einer männlichen Leiche im Park von Schloss Hohenheim entdeckt. Der Gerichtsmediziner und die Spurensicherer sind bereits unterwegs zum Fundort«, hatte Kriminalobermeister Stöhr zusammenfassend erklärt. »Weitere Informationen sind nicht bekannt.«
    »Wir übernehmen die Sache«, Braigs Antwort war kurz ausgefallen. »Herr Staatsanwalt Söderhofer und ich.«
    »Sie kümmern sich um die Unterrichtung der Staatsanwaltschaft?« Stöhr hatte seine Überraschung nicht verbergen können.
    »Das ist kein Problem, ja.«
    Braig hatte das Gespräch beendet, seinen Beifahrer mit fragender Miene betrachtet. »Ich denke, das ist in Ihrem Sinn?«
    Söderhofer hatte mehrere Sekunden benötigt, mit einem Kopfnicken Zustimmung zu signalisieren. Der Mann war von der überraschenden Nachricht getroffen, hatte das Telefonat des Kommissars mit sprachloser Erstarrung verfolgt. Dass er nicht die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hatte, war wohl nur dem Umstand zu verdanken, dass er das Auto am Straßenrand geparkt hatte.
    »Soll ich übernehmen?«, hatte Braig, auf das Steuer deutend, gefragt.
    Der Staatsanwalt hatte sich nur einen Moment Ruhe erbeten, den Wagen dann wieder in den Verkehr eingefädelt. Braigs ganze Hoffnung zielte darauf ab, die Fahrt heil zu überstehen. So hatte er den Mann noch nie erlebt. Söderhofer schien sein normalerweise unerträglich überbordendes Selbstbewusstsein und sein aggressives Gehabe komplett verloren zu haben.
    Der Kommissar warf einen Blick auf die feucht glänzenden, üppig gegelten Haare des Mannes – ein Markenzeichen des Staatsanwalts. Braig dachte an all die Horrorstories, die über den Mann im Umlauf waren. Söderhofer, des Oberstaatsanwalts Kochs eifrigster Speichellecker, sein ungeniertester Zuträger, von unglaublichem Ehrgeiz getrieben, Tag und

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