Schwaben-Freunde: Kommissar Braigs 16. Fall (Schwaben-Krimi) (German Edition)
nach der Entführung eines kleinen Kindes ein Auto in Brand und jagten es dann so spektakulär in den Abgrund? Was für ein Sadismus sprach aus der Tatsache, den Eltern des Kindes mit dem Absturz des Autos den Tod ihrer Tochter vorzutäuschen, ganz zu schweigen von dem Schicksal des Hundes?
Das war kein »normales« Verbrechen, hier waren unergründliche persönliche Ressentiments im Spiel. Leute, die zu solchen Taten bereit waren …
Braig verließ die Bahn, folgte der Straße um die Ecke, sah das Baustellengelände vor sich. Er tastete unwillkürlich nach seiner Waffe, atmete tief durch. Wenn dieser Schwalb mit der Entführung zu tun hatte, musste er sich von der ersten Sekunde an vorsehen. Mit Leuten dieses Kalibers war nicht zu spaßen.
Er lief auf das von einem Drahtgitterzaun abgeschirmte Gelände zu, hörte von Weitem schon zwei laute Männerstimmen.
»Du Arschloch, wie oft soll ich noch …«
»Halt deine Schnauze, du Vollidiot! Wenn ich nur …«
Das Schreien ging im durchdringenden Kreischen einer Kreissäge unter. Irgendjemand hatte anscheinend mit der Arbeit begonnen.
Braig näherte sich der mehrere Meter breiten Lücke inmitten des Zauns, den er für den Eingang der Baustelle hielt, sah zwei Männer neben einer großen Limousine stehen: eine große, kräftige, mit einem dunkelgrauen Anzug bekleidete Gestalt und eine kleine, in dunkelgrüne Latzhose und einen dicken Pullover gewandete Person. Der Anzugträger hielt ein Papier in der rechten Hand, fuchtelte mit ihm durch die Luft.
»Alles Scheißdreck«, glaubte Braig zu verstehen, jedes Mal, wenn das Kreischen der Säge für einen Augenblick abschwoll, erwidert von einem: »Leck mich doch kreuzweise!«
Er passierte die Lücke, betrat das Gelände der Baustelle. Links und rechts gähnten ausgehobene Baugruben, erste Ansätze von Fundamenten waren zu erkennen. Ein großes Plakat kündete von der Errichtung neuer Mehrfamilienhäuser. Der Boden war staubig und von Erdbrocken übersät, Bretter, Maschinen und andere Arbeitsmaterialien kreuz und quer abgestellt. Braig sah, dass keine fünfzig Meter weiter auf der anderen Seite des Baugeländes eine weitere asphaltierte Zufahrt existierte.
Die Kreissäge verstummte genau in dem Moment, als er die Männer erreicht hatte. Er räusperte sich laut, mitten in ein überaus aggressiv vorgetragenes: »Wie kann man nur so dämlich sein« des Anzugträgers, blickte in die überraschten Gesichter der beiden Streithähne.
»Guten Morgen. Mein Name ist Braig. Ich suche einen Herrn Schwalb.«
Beiden Männern schien es die Sprache verschlagen zu haben. Sie wandten sich ihm zu, musterten ihn von Kopf bis Fuß, als stammte er von einem fremden Stern.
Erst nach mehreren Sekunden besann sich der Große, nickte mit dem Kopf. »Schwalb«, erklärte er. »Ja, das bin ich. Sie schauen sich nach einer Wohnung um?«
Braig winkte ab, zeigte in die Umgebung. »Da müsste ich mich noch eine Weile gedulden, fürchte ich.«
»Oh, das geht schnell«, erwiderte Schwalb. »Schneller als Sie glauben. Wir haben eine gute Truppe …« Er hielt mitten im Satz inne, weil ein Polizeifahrzeug unmittelbar vor der Lücke des Bauzauns stoppte, wandte seine Aufmerksamkeit den beiden uniformierten Beamten zu, die aus dem Fahrzeug stiegen. »Bullen«, zischte er. »Was wollen die?«
Braig nahm überrascht wahr, dass die Kollegen geradewegs auf sie zukamen, dann vor der großen Limousine Halt machten und das Nummernschild in Augenschein nahmen.
»Das ist er«, hörte er die Stimme des Jüngeren. »Hier, siehst du?« Der Mann musterte sein Handy, reichte es seinem Kollegen, der zustimmend nickte.
Braig wusste nicht, weshalb die Beamten sich für das Auto interessierten, sah sie näher treten.
»Guten Morgen«, grüßte der jüngere Uniformierte und zeigte auf den dunklen Daimler. »Polizeiobermeister Wägerle. Gehört jemand von Ihnen dieser Wagen?« Er musterte die Gesichter der Umstehenden, erhielt keine Reaktion.
»Dieses Fahrzeug«, wiederholte der Beamte, »wem gehört es?«
Schwalb trat einen Schritt von ihnen weg, legte seine Stirn in Falten. »Wieso interessieren Sie sich für den Wagen?«
»Weil das Auto zur Fahndung ausgeschrieben ist. Fahrerflucht nach einem gefährlichen Unfall. Sind Sie Herr …« Er schaute auf sein Handy, hatte den Namen dann parat. »Herr Schwalb?«
Der Anzugträger reagierte dermaßen schnell, dass den Beamten keine Chance blieb, ihm zuvorzukommen. Er packte Braig an der Jacke, stieß ihn mit
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