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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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verschwinden, in ihrer Wohnung abtauchen wollen, als sie sein Interesse merkte, genierte sich jetzt aber, ihn auf derart unhöfliche Weise zu brüskieren. Er winkte ihr zu, als er den Gehweg vor ihrem Haus erreichte, sah, wie sie mitten in ihrer Bewegung innehielt, sich zu einem etwas gequält wirkenden freundlichen Lächeln zwang und mit schützend über die Haare gelegten Händen zu ihm hinunter blickte. Sie war um die fünfzig, trug eine hoch toupierte blonde Frisur und – wie Braig jetzt erst bemerkte – kleine dunkle Lockenwickler in den Haaren. »Entschuldigen Sie bitte«, rief er ihr über den niedrigen, aus Holzlatten bestehenden Zaun zu, »ich wollte zu Frau Heller.«
    Die Frau nickte, war weiterhin krampfhaft bemüht, die Lockenwickler unter ihren Händen zu verstecken, antwortete in unverfälschtem Schwäbisch. »Des han i gsehe.«
    Er stand gerade noch zwei Meter von ihr entfernt, richtete seinen Blick abwechselnd auf ihr Gesicht und die Hauswand neben ihr, um sie nicht noch verlegener zu machen. »Sie wissen nicht zufällig, wo ich sie erreichen kann?«
    »Doch. Die schafft. Auf dem Markt. In Stuttgart oder Ludwigsburg, i woiß net genau. Nudle verkaufe. Der Bu und des Mädle sind bei ihrer Mutter in Marbach.«
    Braig nickte, bedankte sich für die Auskunft. »Sie arbeitet tatsächlich heute auch? Ich meine, wo gestern …«
    »Die Kindlere von ihrem Liebhaber ermordet worde isch?«, fiel sie ihm ins Wort.
    Er wunderte sich über die unverblümt ausgesprochene Vermutung, schaute sie überrascht an.
    »Da hilft alles nix. Wenn die net schaffet, ganget se bankrott. So oifach isch des«, fuhr sie unbeirrt fort.
    »Wie kommen Sie auf die Idee, Frau Kindler sei von ihrem Liebhaber getötet worden?«
    »Sind Sie Reporter?«
    Braig schüttelte den Kopf, verzichtete auf eine Antwort, weil er sich noch nicht zu erkennen geben mochte.
    »Des wisset doch alle«, erklärte die Frau, nahm die Hände von den Haaren weg, zeigte auf die Umgebung.
    »Dass Frau Kindler einen Liebhaber hatte?«
    Seine Frage schien sie in keiner Weise zu verwirren. »Ja, wo lebet denn Sie? Moinet Sie, Oettinge liegt uf em Mond?« Sie tastete sorgsam ihre Haare ab, versuchte die Lockenwickler vor seinem Blick zu verstecken. »I han der Monika immer gsait, bleib von dere Kindlere weg, des geht net gut aus. Sie hat net höre welle. Jetzt hat se den Salat.«
    »Was hat Frau Heller mit Frau Kindler zu tun?«
    »Was die mit dere zu tun hat? Hano, die schafft sich doch krumm, damit se dere ihre Nudle unter d’Leut bringt.«
    Braig versuchte zu begreifen, was daran so ungewöhnlich war. »Aber das ist doch ihr Beruf! Sie verkauft Nudeln, um damit Geld zu verdienen. Immerhin hat sie dadurch einen Arbeitsplatz.«
    Seine Gesprächspartnerin winkte mit beiden Händen ab. »Schwätzet se doch net so an Scheiß an mi na! Dene ihr bäppigs Klump zu verkaufe, isch doch koi Gschäft! Des isch Betrug an de Leut! Wer will denn des freiwillig esse? Die Monika hat so große Chance ghabt und no goht se zu dene Soichbronzer. Noi, des war von Anfang an klar, dass des koi Zukunft hat.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass die Produkte der Kindlers von minderer Qualität sind?«
    »Gar nix will i sage. Des wisset alle, dass des Gfräs nix taugt.«
    Braig schaute die Frau überrascht an, wusste nicht, wie er ihre Worte einordnen sollte. »Aber anscheinend gibt es eine Menge Kunden, die da völlig anderer Ansicht sind. Immerhin beschäftigen die Kindlers drei Leute in ihrer Fabrik.«
    »Ach was, die bringets doch zu gar nix! Des goht doch scho seit Jahre so. Die hänget direkt überm Abgrund. Koin Monat, wo’s net uf Spitz und Knopf goht, ob se’s noch länger schaffet. Dene ihr Gfräs taugt nix, daran liegt’s!«
    Braig wunderte sich, wie sehr sich die Frau ereiferte, sah ihre roten Backen, den drohend erhobenen Zeigefinger ihrer rechten Hand. »Monika, stürz di net in dei Elend! han i ihre damals gsait. Aber sie hat net höre welle. Und jetzt isch es soweit.«
    Er wusste nicht, was er von den Prognosen der Frau halten sollte, versuchte, auf sein eigentliches Gesprächsthema zu kommen. »Frau Kindlers Liebhaber – kennen Sie den?«
    Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich deutlich; sie musterte ihn aufmerksam. »Also, neugierig sind Sie ja gar net, stimmt’s? Sie hent mi ja schön nei glegt. Für welches Revolverblättle schreibet Sie?«
    Braig trat einen halben Schritt zurück, schüttelte energisch den Kopf. »Ich bin wirklich kein Journalist.«
    »Und warum

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