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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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verlieren wollte, kam direkt zum Thema. »Ich ermittle in einem Mordfall. Sie haben sicher gehört, dass Frau Kindler, deren Firma hier in (Dettingen Nudeln produziert, ermordet wurde.«
    Sie nahm in gebührendem Abstand neben ihm Platz, strich ihren Überwurf und die weiße Hose zurecht, nickte.
    »Wir sind dringend auf die Hilfe aller angewiesen, die Frau Kindler gekannt haben, deshalb bin ich hier. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Nachbarn oft mehr übereinander wissen, als man allgemein glaubt. Ihnen sind oft Kleinigkeiten bekannt, die uns entscheidend weiterhelfen können.« Er warf ihr einen aufmunternden Blick zu, sah ihre skeptische Miene.
    »Ich fürcht’, ich muss Sie enttäuschen«, erwiderte Margarethe Geissler, »ich kenn’ die Frau kaum. Mir san erst vor anderthalb Jahrn herzogen.« Ihr bajuwarisch-alpenländischer Akzent war nicht zu überhören.
    »Das ist kein Problem«, versuchte Braig, ihre Skepsis zu mildern, »auch in der kurzen Zeit können Sie – und sei es aus Zufall – entscheidende Beobachtungen gemacht haben.«
    »Ich wüsst wirklich nichts, was für Sie interessant wär.«
    »Frau Kindler hat wohl einen, sagen wir«, er überlegte, wie er sich ausdrücken konnte, ohne seine Gesprächspartnerin zu verschrecken, »näheren Freund gehabt, den nur wenige Leute kennen.« Er wartete auf eine Reaktion, sah, dass die Frau ihren Blick abgewandt hatte und eine der Engelsdarstellungen betrachtete. »Sie sollen eine dieser Personen sein.«
    »Ich?«
    »Frau Kindler und ihr Freund – können Sie ihn mir beschreiben?«
    Margarethe Geissler holte tief Luft. »Ich weiß ja net, wer Ihnen das erzählt hat, aber …«
    Er nutzte ihre Pause, warf nur ein kurzes: »Bitte. Sie helfen uns wirklich« ein, hörte den Stoßseufzer der Frau.
    »Ich hab’ sie, also die Kindlerin, nur einmal gesehen. Mit einem Mann. Arm in Arm.«
    »Und es war nicht ihr Ehemann?«
    »Nein«, antwortete sie energisch, »ich kenn’ den zwar nicht näher, aber der schaut ganz anders aus. Der war’s gwiss nicht! Ein kräftiger Mann. Aber mehr …« Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid. Nein, mehr kann ich net sagen … Dös war nur kurz und außerdem ist es zu lang her.«
    »Wann ungefähr?«
    »Im letzten Herbst. Irgendwann.«
    »Wo haben Sie die beiden gesehen?«
    »Also, das ist jetzt ein Zufall, dass ich mich da dran noch erinnere. Aber ich weiß noch genau, wie ich gedacht hab’: Ja, wie gibt’s jetzt sowas, dass die Frau von der Nudelfabrik aus Oettingen so weit weg hier auftaucht. Aber dann hab ich gesehen, wie’s mit dem Mann da herum pussiert und dann war mir alles klar.«
    »Und wo war das?«
    »Im Libresso, einem Café in Reutlingen.«
    »In Reutlingen?«, fragte Braig.
    »Ich sag es Ihnen doch, ich hab mich genauso gewundert. Das Libresso liegt im ersten Obergeschoss in der Osiander- Buchhandlung mitten in der Fußgängerzone von Reutlingen. Zuerst hab ich die beiden vom Café aus durchs Fenster in der Fußgängerzone miteinander turteln sehen, und kurz darauf sind sie auf einmal hoch gekommen, ins Restaurant Friedrich’s nebenan. Da hab ich sie erst richtig erkannt. Und wie die so mit dem herum pussierte, hab ich gezahlt und bin gegangen. Obwohl die mich nie erkannt hätte, so beschäftigt wie die mit dem war.«
    »Dann können Sie mir den Mann jetzt genau beschreiben.« Braig notierte sich die Aussagen der Frau, wartete gespannt auf ihre Antwort.
    Margarethe Geissler schüttelte den Kopf. »Des is a Kreuz, sag ich Ihnen, aber ich hab kein solches Erinnerungsvermögen, dass ich Ihnen den beschreiben könnt’. Ich hab den heiligen Adalbert schon ein paar Mal drum gebeten, mir da zu helfen, aber er will nicht. Er erscheint nur, damit ich anderen Menschen seine Hilfe übermitteln kann, aber mir …«
    Braig hielt sich zurück, auf die seltsamen Aussagen der Frau einzugehen, konzentrierte sich auf die Beschreibung des Mannes. »Er war kräftig, haben Sie vorhin erzählt. Wie kräftig? So?« Er hob seine Arme in die Höhe, spannte die Muskeln.
    Margarethe Geissler schüttelte den Kopf. »Eher bullig. Ein kräftiger Leib.«
    »Haarfarbe?«
    Sie reagierte nicht, schien zu überlegen.
    »Braun, dunkel, blond? Oder eine Glatze?«
    »Nein«, sagte sie plötzlich, »ich weiß es nimmer. Wirklich.«
    Er wartete noch eine Weile, hoffte, dass ihr doch noch etwas einfiel.
    »Ich kann es nicht mehr sagen«, erklärte sie, »ich weiß es einfach nicht mehr.«
    »Ich könnte Ihnen einen Zeichner schicken«, bot er ihr

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