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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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sich erst, als er ihre lauten Stimmen hörte.
    »Ey da, guck mal!«
    »Was denn?«
    Sie blieben direkt neben ihm stehen, beobachteten die Ermittlung der beiden Beamten.
    »Die Scheißbullen dort vorne!«
    Steffen Braig glaubte, nicht richtig zu hören, starrte die Jungen an. Sie waren höchstens Vierzehn, mit kurzen dunkelblonden Haaren, grünem bzw. rotem Sweatshirt der Marken Nike und Adidas und blauen Jeans bekleidet, gafften neugierig zu den Polizisten hinüber.
    »Die filzet den echt.«
    Braig sah, wie der Mann am Motorrad eine Kennkarte zückte und sich auswies, blickte die Straße auf und ab, schickte sich an, hinüber zu gehen.
    »Scheißbullen, elende«, schimpfte der Junge hinter ihm, »die müsset ihre Schnauze doch überall neistecke!«
    Braigs Reaktion kam schnell, ohne Überlegung. Er holte aus, knallte dem Jungen mit seiner Rechten auf die linke Wange, drehte sich nur kurz um. »Das sind immer noch Polizisten«, hörte er seine empörte Stimme, »Polizeibeamte, klar?«
    Die beiden Jugendlichen standen wie erstarrt, funkelten ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Der Abdruck seiner Hand im Gesicht des Größeren war deutlich zu erkennen. Er hatte die Straße bereits überquert, als er die Schreie hinter sich hörte.
    »Kinderschänder, dreckiger!«
    »Das kostet dich ein paar Tausender, du Arschficker, mein Vater ist Anwalt.«
    Er achtete nicht weiter auf das Gezeter, lief geradewegs auf das weit aufragende Gebäude des Landeskriminalamtes zu. Sollen sie doch die Scheißbullen zu Hilfe holen, um gegen mich vorzugehen, überlegte er.
    Braig fuhr mit dem Aufzug hoch, betrat sein Büro. Der Schreibtisch sah unverändert aus, auch im Fax steckte nur eine Nachricht. »Bin bereit. Hofmann.« Aufgegeben kurz vor 17 Uhr. Vor dreißig Minuten also.
    Er lief zum Wasserhahn, wusch die Hände, wischte sich das Gesicht, den Hals und den Nacken nass ab, ließ dann ein Glas voll laufen, trank.
     
    Jürgen Hofmann, der Oberstaatsanwalt, der auf Schwerstkriminalität spezialisiert war, hatte die Sache an sich genommen. Zwei Journalisten, an einem Tag ermordet, noch dazu in ähnlicher Tatausführung, war keine Angelegenheit mehr für die unteren Ränge. Braig atmete tief durch. Hofmann war eine der angenehmsten Erscheinungen in der gesamten Behörde, ein in der Sache harter, im Umgang mit Mitarbeitern jedoch sehr freundlicher und auch in schwierigen Situationen äußerst ruhiger, überlegt handelnder Mann, Mitte Fünfzig. Mochten Ermittlungen noch so lange ergebnislos dahin ziehen, neue Untersuchungen wieder und wieder in Sackgassen verlaufen, Hofmann zeigte stets Verständnis, verlor nie seine Kontenance, war immer bemüht, an neuen Lösungswegen mitzuwirken. Außerdem verfügte er über ein breit gefächertes, weit über sein Fach hinaus reichendes Wissen und eine alle Normen sprengende Offenheit und Bereitschaft, auch unkonventionelle Wege zu verantworten, wie es der Kommissar selten erlebt hatte.
    Hofmann hatte es nicht – wie manch anderer – nötig, durch kleinkarierte Machtspielereien seine Bedeutung zu beweisen, er stand einfach darüber und war ohne jedes Aufheben bereit, seine Person hinter sachlichen Erwägungen zurücktreten zu lassen. Dass jemand wie er im weitgehend stromlinienförmig, nämlich Parteibuch-strukturierten Justizund Verwaltungsapparat des Ländles eine solch bedeutende Stellung erhalten hatte, trug dazu bei, Braig den Glauben an eine gewisse Leistungsorientierung in der Beamtenhierarchie wiederzugeben.
    Der Kommissar trank ein zweites Glas Wasser, tupfte sein Gesicht mit dem Handtuch trocken, suchte die Unterlagen zusammen und verließ sein Büro.
    Hofmanns Abteilung lag zwei Stockwerke tiefer am entgegengesetzten Ende des Gebäudes. Braig traf im Flur auf die auffallend dünne, große Gestalt Kriminalmeister Stöhrs, grüßte, klopfte an Hofmanns Tür. Der Oberstaatsanwalt bat laut um Eintritt.
    Er saß aufrecht hinter seinem Schreibtisch, Papiere aller Größenklassen in übereinander gestapelten, farbigen Kunststoffboxen auf der rechten Seite der Arbeitsplatte verstaut. Er hatte glatte hellblonde Haare, rotgefärbte Wangen, trug eine dünne Brille mit schmalen Gläsern. Als Braig ins Zimmer trat, erhob er sich schnell, ließ die Blätter, die er gerade bearbeitete, liegen und reichte dem Kommissar freundlich lächelnd die Hand.
    »Es ist wahrlich kein schöner Anlass, der uns zusammenführt«, sagte er, »aber gewinnen wir unserem Treffen das Beste ab.« Er bot Braig einen Platz in der

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