Schwaben-Hass
bemerkt. Der Wagen katapultierte ihn etwa zehn Meter durch die Luft direkt auf das Pflaster der Fußgängerzone. Er war sofort tot, meinte der Arzt. Der Aufprall brach ihm das Genick.«
»Aber das Auto ist verschwunden?«
Steffen Braig wusste, was Hofmann mit der Frage bezweckte. »Ja«, sagte er, »das Fahrzeug ist weg.« Er betrachtete den interessiert seinen Ausführungen lauschenden Beamten, massierte sich die Schläfen.
»Es ist trotzdem erlaubt, an einen Zusammenhang mit dem Fall Breidle zu denken?«
»Wir dürfen es nicht ausschließen«, antwortete Braig vorsichtig, »auch wenn es sicher noch zu früh ist, auf dieser Schiene zu fahren.«
Der in den frühen Morgenstunden tot aufgefundene Rundfunkjournalist war – wie sie inzwischen zweifelsfrei belegen konnten – von seinem eigenen Auto überfahren und getötet worden. Ein Landwirt hatte die übel zugerichtete Leiche Breidles unterhalb einer Böschung der Bundesstraße 29 bei Schwäbisch Gmünd entdeckt. Zwei Stunden später wurde eine Polizeistreife wenige Kilometer weiter auf das auf einem Wanderparkplatz abgestellte Fahrzeug des Toten aufmerksam. Die Frontpartie des Autos wies deutliche Spuren des Aufpralls des Getöteten auf. Wie die Diagnose des Pathologen ergeben hatte, konnte der Tod noch nicht lange eingetreten sein.
»Der Mann war ebenfalls Journalist?«, fragte der Oberstaatsanwalt.
Braig nickte.
»Gibt es eine Verbindung zu dem Opfer von heute früh?«
»Bis jetzt nicht, nein. Aber was heißt das schon, wir stehen ja erst am Anfang der Ermittlungen.« Der Kommissar zog ein Papier aus seinen Unterlagen, reichte es dem Gesprächspartner. »Der Mann, der in Winnenden getötet wurde, heißt Harry Nuhr, ist 43, geboren in Gießen, von Beruf Journalist, wohnt in Berlin.«
»Berlin?«
Braig nickte. »Die Fahrkarte, die wir bei ihm fanden, trug das Datum von heute. Er muss erst wenige Stunden vor seinem Tod nach Winnenden gekommen sein. Weshalb und für wie lange, wissen wir noch nicht.«
»Für wen ist er tätig?«
»Er arbeitet bei der tageszeitung in Berlin. Wir fanden seinen Presseausweis.«
»Dann müssen wir auf alles gefasst sein«, überlegte Hofmann. »Die tageszeitung ist für ihre kritischen Recherchen bekannt.« Er griff zu seiner Tasse, trank von dem Tee. »Was wollte er hier im Süden? War er zu Ermittlungen unterwegs?«
Der Kommissar antwortete nicht, griff stattdessen in seine Jackettasche, holte Plastikhandschuhe vor und zog sie an.
»Es muss einen Zusammenhang geben«, überlegte Hofmann, »morgens finden wir einen toten Journalisten, mittags wird der nächste getötet. Das ist doch kein Zufall.«
Braig fischte vorsichtig mehrere Fotografien aus seinem Papierstapel, legte sie auf den Tisch, wartete auf eine Reaktion.
Sie ließ nicht lange auf sich warten. Der Oberstaatsanwalt starrte auf die Bilder, pfiff durch die Zähne. Er rückte seine Brille zurecht, schüttelte den Kopf, betrachtete Braig nachdenklich. »Das kann nicht wahr sein.« Er schaute wieder auf die Fotos, wurde sichtlich aufgeregt. »Der reine Wahnsinn. Wo stammen die her?«
»Aus der Tasche des Journalisten in Winnenden.«
»Das ist ein Kind.« Hofmann deutete auf eine der abgebildeten Personen. »Ist Ihnen klar, was das bedeutet?«
Steffen Braig nickte. »Wenn die Bilder bekannt werden …« Er ließ den Rest offen.
»Ja. Hier tickt eine Bombe.« Der Mann starrte kopfschüttelnd auf den Tisch, überlegte laut. »Es darf nicht wahr sein. Die Pose ist eindeutig. Der Minister als Kinderschänder. Wo wurde das aufgenommen? Und von wem?«
Braig trank schluckweise von seinem Tee, stellte die Tasse zurück. »Wir wissen es nicht.«
Hofmann fasste sich an die Stirn, löste sich vom Anblick der Fotos. »Zuerst muss geklärt werden, ob es sich nicht um Fälschungen handelt. Heute gibt es so viele Möglichkeiten … Die Fotos müssen zuerst ins Labor.« Er setzte seine Brille ab, sah Braig mit ernsten Augen an. »Solange diese Frage nicht geklärt ist, darf niemand von der Existenz dieser Aufnahmen erfahren. Wer kennt sie, außer uns beiden?«
»Was das LKA betrifft, niemand. Ich fand sie bei dem Toten und nahm sie ihm sofort weg, als ich merkte, um was es sich handelt.«
»Sehr gut. Ich bitte um äußerste Diskretion.« Hofmann seufzte laut, schüttelte den Kopf. »Was wollte der Journalist damit?«
»Ich denke, ihm wurden die Fotos zur Veröffentlichung übergeben.« Braig sammelte die Bilder vorsichtig wieder ein.
»Sie haben sich in der Redaktion in
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