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Schwaben-Hass

Schwaben-Hass

Titel: Schwaben-Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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lief weiter.
    »Fünfzigtausend. Heute Abend noch. Wir benötigen Zeit, den Rest …«
    »Fünfzig? Sie können sich jedes weitere Wort sparen. Eine Million, sonst läuft nichts.«
    »Natürlich, eine Million«, die Frau in Berlin hatte es eilig. »Sie bekommen die Million. Wir dachten, als Anzahlung heute Abend …«
    »Keine Tricks. Mit mir nette. Eine Million, oder …«
    Mit mir nette. Mit mir nette. Mit mir nette.
    »Ich kenne die Frau«, erklärte Michaela König.
    Ein großer Mann schlenderte an der Telefonzelle vorbei, ein Handy am Ohr. Er diskutierte lautstark, gestikulierte mit seiner freien Hand, schaute in ihre Richtung. Sein schwarzer Bart bebte, als er den Kopf schüttelte, Wasser perlte von seinen Haaren. Er hatte keinerlei Schutz gegen den Regen, starrte immer noch zur Telefonzelle. Sie spürte das Zittern in ihren Knien.
    »Sie kennen sie?,« brüllte die Redakteurin am anderen Ende der Leitung. Das Band verstummte augenblicklich. Hektik und Getuschel, aufgeregte Stimmen.
    »Ja«, sagte Michaela König.
    Der Bärtige stolzierte zu ihr her, palaverte in sein Handy. Die Ähnlichkeit mit dem angeblichen Polizisten der Mordnacht war unübersehbar.
    Sie schluckte, spürte, wie ihr die Angst den Hals zuschnürte.
    »Und?« Der Tonfall in Berlin grenzte an Hysterie.
    »Gänsmantel heißt die Frau. Sie betreibt einen Bauernhof. Am Rand von Unterjesingen. Verena Litsche kaufte bei ihr. Ab und an, nicht regelmäßig. Gemüse, Kartoffeln, Salat. Und Eier. Eier vor allem. Von frei laufenden Hühnern. Verena schwor auf die guten Eier.«
    »Sie sind sich sicher?«
    »Absolut«, sagte Michaela König, »ich war selbst auf dem Hof. Zwei- oder dreimal. Zusammen mit Verena.«
    Mit mir nette, hatte die Bäuerin erklärt, mit mir nette. Mehrfach, weil die Lebensbedingungen ihrer Hühner angezweifelt und eine Untersuchung ihrer Ställe eingeleitet worden war. Mit mir nette.
    Sie hatte sich noch darüber gewundert. Die tiefe Stimme der Bäuerin vom Gänsmantel-Hof.

24. Kapitel
    Der Minister ließ nicht eine einzige Minute auf sich warten.
    Punkt 18 Uhr, sie waren kurz vorher bei seiner Sekretärin vorstellig geworden, bat er sie in sein Arbeitszimmer.
    Braig hatte im Speisewagen des Zuges einen kleinen Imbiss zu sich genommen, war dann sofort ins LKA geeilt, um sich kurz frisch zu machen, eine Krawatte anzulegen und mit dem Oberstaatsanwalt zu sprechen. Sie hatten sich schnell auf eine gemeinsame Strategie geeinigt, wollten den Politiker offen über alle heiklen Punkte unterrichten, die ihn dem Verdacht aussetzten, in der aktuellen Verbrechensserie eine wichtige Rolle zu spielen.
    Der Minister empfing sie freundlich, führte sie in einen großen, von unzähligen reichhaltig bestückten Bücherregalen dominierten Raum, bat sie, in einer Sitzgruppe mit vier Sesseln um einen kleinen runden Tisch, Platz zu nehmen. Braig betrachtete den Mann, sein Auftreten, sein Verhalten, konnte auf den ersten Blick nichts Abstoßendes entdecken.
    Der Politiker fragte nach ihren Wünschen, ließ dann drei Mineralwasser bringen. Er bedankte sich bei seiner Sekretärin, nahm Braig gegenüber Platz, bat darum, die Ursache ihres Besuches kundzutun. Seine Körperhaltung, seine Gestik, die Stimmlage, alles entsprach genau dem Bild, das sich der Kommissar bisher durch die Berichterstattung im Fernsehen von dem Mann gemacht hatte. Keine von vielen Politikern gewohnte mediengerechte Theatralik, keine vorlaute Schmeichelei, kein plumpes Anbiedern, auch nicht die sonst so häufig erlebte übertriebene Jovialität. Wäre Braig dem Mann privat begegnet, er hätte ihm wohl eine freundliche, vielleicht sogar Sympathie erweckende Ausstrahlung attestiert.
    Zugleich war er sich aber der Gefahr bewusst, dass der erste Eindruck oft völlig über den wahren Charakter eines Menschen hinwegtäuscht, auch wenn der Volksmund das anders zum Besten gab. Der Mann vor ihm war Profi durch und durch; wie er gelesen hatte, seit annähernd zwei Jahrzehnten im politischen Geschäft, damit befasst, nicht nur Entscheidungen in seinem Sinn durchzusetzen, sondern auch, seine Person in ein Licht zu rücken, das ihm das politische Überleben ermöglichte und zu neuen Machtbefugnissen verhalf. Sich natürlich zu verhalten, vom gewohnten, viele Menschen abstoßenden Klischee des aufgeblasenen, nach jeder Windrichtung dehnbaren Politikers abzusondern, konnte eine bewusste Masche sein, mit der er Ehrlichkeit und Offenheit suggerieren und kritischen Fragestellern von vorneherein den

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