Schwaben-Hass
Küche des Appartements ließ keinen Wunsch offen. Bad und Toilette, rechts von der Diele abgehend, ergänzten die Einrichtung.
Braig und Söhnle betrachteten erstaunt die Ausstattung der beiden Räume, durchstöberten dann mit Handschuhen die Nachtkonsolen, die Schränke, jeden Winkel der Zimmer. Bettbezüge, Handtücher, Herrenslips, Geschirr, Besteck, eine ganze Garnitur von Töpfen und Gläsern. Dazu in einer Schublade Fotos von Breidle, jungen Frauen, Partygästen.
»Für diese Wohnung gibt es nur eine Erklärung«, knurrte Söhnle, zwei große Packungen Kondome in der Hand, »diese!« Er wies auf die beiden Schachteln, grinste. »Scheint sehr eifrig gewesen zu sein, der Herr.«
Braig bückte sich unter das Bett, suchte den Boden, dann die Matratzen ab. »Ob seine Frau davon weiß?« Er erhob sich, sah sich weiter um. »Vielleicht sollten wir bei der netten Nachbarin einen Stock tiefer nachfragen, ob sie zufällig mitbekam, in welcher Weise Breidle dieses Appartement«, er gab seinen Worten einen hörbar anzüglichen Klang, »zu nutzen pflegte.«
»Gute Idee«, stimmte Söhnle zu, »Nachbarn, die häufig ihre Fußabstreifer putzen, haben ein gutes Auge für das, was im Haus so läuft.«
»Und sei es, dass sie ihren Teppich nur deshalb säubern.« Braig dachte an den Psychoterror eines seiner Nachbarn, schloss die Wohnung sorgfältig ab.
Frau Eisemann ließ nicht lange auf sich warten. »Und? Glaubet Sie jetzt, dass des koi Büro isch?«
»Nein«, bestätigte der Kommissar, »danach sieht es nun wirklich nicht aus. Darf ich fragen, woher Sie davon wissen? Haben Sie Herrn Breidle schon besucht?«
Sie zeigte keine Spur von Verlegenheit. »Schleifet Sie alle paar Abend immer neue Weiber in Ihr Büro?«
»Alle paar Abende?«
»Manche Woche zweimal, manche dreimal. Wie der’s grad braucht hat.«
»Immer andere Frauen?« Braig zweifelte keine Sekunde, dass die Frau genau informiert war, was Breidles Begleitung anbelangte.
»Net immer«, antwortete sie, »aber lang hat der’s net mit derselbe ausghalte.«
»Wann kam er mit den Frauen an? Immer abends?«
»Manchmal auch mittags. Je nachdem.«
»Wie sahen sie aus?«
»Wie die ausgsehe hent? Ha, wie wohl? Wie junge Weiber halt aussehet.«
»Ich meine«, Braig versuchte, seine Frage genauer zu formulieren, »wie alt waren sie denn ungefähr?«
»Junge Dinger«, erklärte die Nachbarin voller Verachtung, »blutjung.«
Braig überlegte, wie alt blutjunge Frauen wohl waren. »Unter Dreißig?«
»Ahwa!« Bertha Eisemann winkte ab. »Blutjung, sag i doch!«
Wahrscheinlich weibliche Fans des coolen Radiomoderators, dachte Braig, Groupies, die sich von ihrem Idol gerne für eine oder mehrere Nächte abschleppen ließen. Ob seine Frau davon wusste? »Wie lange geht das schon?«
»Was weiß ich.« Sie verzog den Mund, schaute überlegend von einem Beamten zum anderen. »Zwei, drei Jahre.«
»So lange?« Braig wunderte sich. Hatte der Chef des Senders nicht davon gesprochen, dass Breidle erst in den letzten Monaten so erfolgreich geworden war? Vielleicht handelte es sich um ganz gewöhnliche Frauenbekanntschaften, One-Night-Stands, bei Discobesuchen oder in den entsprechenden Etablissements aufgegabelt. »Wissen Sie, ob Frau Breidle auch hierher kam?«
Die freundliche Nachbarin schüttelte den Kopf. »Also, so gut kenn i dene ihre Familienverhältnisse net, dass i Ihne darüber Auskunft gebe könnt. Aber …« Sie brach mitten im Satz ab, zeigte nach oben. »Vor zwei, drei Woche etwa, da ging’s heiß her.«
»Heiß her?« Braig wartete auf die Erklärung ihrer Andeutung.
»Miteinander rumbrüllt hent die und wie! Dass es koi Tote gab, wundert mich heut noch. Aber da könnt so mancher noch was lerne, wie die dem die Meinung geigt hat.«
»Frau Breidle?«
Bertha Eisemann stemmte die Hände in die Hüften, zuckte mit der Schulter. »Sie hat sich mir nicht vorgestellt«, kommentierte sie in gestelztem Hochdeutsch.
»Aber Sie haben die Frau gesehen?«
»Und ob!«, erklärte sie. »Die muss ja schließlich an meiner Tür hier vorbei, um in das Büiiürooo«, sie dehnte die Vokale ins Unendliche, »zu komme.«
Sie mussten den Hinweis der neugierigen Nachbarin verfolgen, ihr Ilka Breidle gegenüberstellen.
»Sind Sie in den nächsten Stunden hier zu erreichen?«
»Ja, was glaubet Sie denn? Moinet Sie, i hätt heut no nett eikauft?«
»Doch, natürlich.« Braig versuchte, die Frau zu beruhigen. »Wir würden gerne noch mal mit Ihnen sprechen.«
»Heute
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