Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Herbst

Schwaben-Herbst

Titel: Schwaben-Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
besonderen Abart an Gewalt traktiert worden, falls der Befund der Ärztin stimmte. Das war kein normales Verbrechen, so es denn dergleichen überhaupt gab. Das Opfer sollte nicht nur getötet, ihm sollten vor seinem Ableben noch Schmerzen zugefügt werden – eine Tat, die von außergewöhnlich starken Aggressionen und bis zum Sadismus gesteigertem Hass kündete.
    »Und alles ist hier an Ort und Stelle geschehen?«, vergewisserte sie sich.
    »Ganz genau. Es gibt keine Schleifspuren, null. Verätzte Stellen auf dem Boden finden sich nur hier in der unmittelbaren Umgebung. Ich denke, die Sache ist eindeutig.«
    »Der Täter läutet, das Opfer öffnet die Tür?«, fragte Neundorf.
    »Vielleicht sprechen sie noch miteinander, vielleicht attackiert er ihn sofort mit der Säure. Entweder, oder …«, ergänzte die Ärztin.
    Die Kommissarin stöhnte laut auf. »Der wollte ihm also noch besondere Schmerzen zufügen, bevor er ihn tötete?«
    »So stelle ich mir das vor, ja.«
    »Dann steckt Hass dahinter, ausgeprägter Hass.« Sie schaute sich um, sah nur ratlose Mienen.
    »Das ist Ihre Aufgabe«, antwortete Dr. Schlögel, »das zu beurteilen, übersteigt meine Kompetenz.«
    »Was sagen die Angehörigen?«
    Schöffler stemmte die Hände in die Hüften, verzog sein Gesicht. »Anscheinend gibt es nur eine. Und mit der ist nicht viel los.«
    »Die Ehefrau?«
    »Wohl kaum. Ich tippe eher auf Freundin oder so. Noch ziemlich jung, wie mir scheint. Aber die war bis jetzt nicht imstande, ein vernünftiges Wort von sich zu geben. Doktor Schlögel hat sich um sie gekümmert.«
    »Sie hat ihn gefunden, war völlig von der Rolle«, erklärte die Ärztin, »das ist verständlich, oder?« Sie traf auf allgemeine Zustimmung, deutete zur Straße. »Ich gab ihr ein Beruhigungsmittel, sie sitzt in ihrem Wagen. Es ist nur schwach dosiert. Ich denke, Sie können bald mit ihr sprechen.«
    Neundorf bedankte sich für die Information, erinnerte sich an das Namensschild am Zaun. »Sattler. Es handelt sich um den Hausherrn persönlich?«
    Schöffler schaute ratlos zu ihr her. »Keine Ahnung. Vielleicht müssen wir die Nachbarn fragen.« Er deutete zur Gartentür, wo eine Ansammlung neugieriger Gaffer von zwei uniformierten Beamten nur mühsam in Schach gehalten werden konnte. Mehrere aufgeregte Gesichter starrten zu ihnen her.
    »Mord? Wirklich Mord?«, kreischte eine laute männliche Stimme.
    Neundorf erinnerte sich voller Widerwillen daran, wie schwer es ihr vor wenigen Minuten gefallen war, sich einen Weg durch die Menschenmenge zu bahnen. »Nur im Notfall«, erklärte sie deshalb, »vielleicht finden wir einen Ausweis.«
    »Nicht in seiner Kleidung.«
    »Ihr wart noch nicht im Haus?«
    »Nur ich.« Hutzenlaub mischte sich ins Gespräch. »Ich wollte nach Angehörigen schauen.«
    »Und?«
    »Niemand da.«
    »Wie sieht es drinnen aus? Keine Spuren einer fremden Person?«
    »Nichts. Ich glaube nicht, dass der Täter das Haus betreten hat.«
    »Dann können wir Diebstahl auf jeden Fall ausschließen.«
    »Ich denke ja. Es sei denn, der Besitzer tauchte unverhofft auf, als der oder die Verbrecher gerade eindringen wollten.«
    »Hier an der Haustür? Und dann schüttet er ihm Salzsäure auf den Leib und erschießt ihn auch noch? Das glaubst du doch selbst nicht!« Neundorf runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf. Nein, dieser Gedanke war absurd. Zu dem, was hier geschehen war, gehörten entweder eine große Portion Kaltblütigkeit oder aber jede Menge völlig aus der Kontrolle geratener Gefühle. Ein eiskalter Killer oder eine dem Getöteten emotional nahestehende Person, die von ihm aus welchem Grund auch immer in eklatanter Weise verletzt worden war. Diebstahl passte nicht in dieses Umfeld, wusste sie aus Erfahrung, es sei denn, es handelte sich um Objekte von außergewöhnlichem Wert. Bilder etwa, Schmuck oder irgendwelche in einem Tresor verwahrten Geldbündel oder Papiere. »Dir sind keine besonders wertvollen Gegenstände aufgefallen?«
    Hutzenlaub kratzte sich am Kinn. »Nicht, dass ich wüsste. Dazu hatte ich auch keine Zeit. Ich wollte nur nach Angehörigen schauen.«
    Sie wandte sich wieder der Leiche zu, überlegte, weshalb der tote Körper so irritierend auf sie wirkte. Waren es nur die offenen Augen?
    Sie zwang sich, den Toten aufmerksam von Kopf bis Fuß zu mustern, stellte fest, dass er dunkle lockige Haare hatte, die ihm, soweit das jetzt in diesem Zustand überhaupt noch korrekt nachzuvollziehen war, bis fast auf die Schulter

Weitere Kostenlose Bücher