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Schwaben-Herbst

Schwaben-Herbst

Titel: Schwaben-Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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das Verbrechen zu unterrichten, stattdessen ihren baldigen Besuch angekündigt.
    »Polizei?« Das kräftige Gähnen am anderen Ende war nur langsam verebbt.
    »Wir müssen miteinander sprechen.«
    »Weshalb?«
    »In spätestens einer Stunde bin ich bei ihnen.«
    Sie hatte sich in der Hoffnung von ihr verabschiedet, dass sie die Botschaft vom Tod ihres Mannes nicht vor ihrem Eintreffen aus den Frühnachrichten erfahren würde, sich dann auf den Weg gemacht. Die Rottenburger Kollegen zu bitten, diese Aufgabe zu übernehmen, hatte sie verworfen. Sie legte Wert darauf, die Ehefrau des Ermordeten selbst zu sprechen, wollte sie sich als ermittelnde Kommissarin doch ein persönliches Bild von allen in irgendeiner Weise von dem Verbrechen tangierten Personen machen. Auch wenn bisher keinerlei Anzeichen dafür vorlagen, dass Astrid Grauselmaier etwas mit dem Tod ihres Mannes zu tun hatte, konnte es doch aufschlussreich sein, deren erste Reaktion auf die Todesbotschaft mit eigenen Augen zu beobachten.
    Neundorf sah, wie sich der Vorhang an einem der Fenster im ersten Obergeschoß bewegte, erhaschte für den Augenblick einer Sekunde das Gesicht einer Frau, die zum Eingang spähte. Sie drückte erneut auf die Klingel, hörte die Stimme aus dem Lautsprecher: »Einen Moment, bitte.« Sekunden später wurde die Tür geöffnet.
    Die Frau, die vor ihr stand, trug einen flauschigen, cremefarbenen Hausanzug, weiße Socken und Sportschuhe. Sie hatte dunkelblonde, schulterlange, glatte Haare, ein immer noch etwas müde wirkendes, von heller, fast bleicher Haut gezeichnetes Gesicht.
    Neundorf schätzte sie auf Anfang, Mitte Fünfzig. »Frau Grauselmaier?«, fragte sie, sah das zustimmende Nicken ihres Gegenüber, stellte sich vor.
    »Polizei?«, wiederholte die Frau ihre Frage vom frühen Morgen. »Ich überlege schon die ganze Zeit, was Sie von mir wollen. Bin ich zu schnell gefahren?« Sie deutete auf das rote Cabrio wenige Meter entfernt.
    Neundorf schüttelte den Kopf, bat darum, das Haus betreten zu dürfen.
    Astrid Grauselmaier machte die Tür vollends auf, ließ die Besucherin eintreten, führte sie dann in eine geräumige Kombination von Küche und Wohnzimmer. Rustikale, im Farbton Erle ausgeführte Geräte- und Schränkefronten samt Arbeitsplatte, ein großer runder Tisch, dazu bequem gepolsterte Sessel-ähnliche Stühle. Neundorf hörte das Blubbern einer Kaffeemaschine, blieb vor dem Tisch stehen.
    »Sie machen es spannend«, erklärte die Frau, ein unsicheres Grinsen im Gesicht.
    »Es geht um Ihren Mann«, sagte die Kommissarin.
    »Meinen Mann?« Astrid Grauselmaier legte ihre Stirn in Falten. »Wieso kommen Sie dann zu mir?«
    »Ich habe leider keine gute Nachricht. Ihr Mann ist tot.« Sie sah, wie die Frau schluckte, sich dann einen Stuhl her zog und darauf Platz nahm.
    »Martin ist tot?«
    Neundorf nickte. »Es tut mir leid, ja. Heute Nacht.«
    Astrid Grauselmaier hielt sich mit beiden Händen an der Tischplatte fest, starrte mit großen Augen zu ihrer Besucherin. »Ein Unfall?«
    Die Kommissarin versuchte, Zeit zu gewinnen, ihre Antwort hinauszuzögern. Sie nahm sich einen Stuhl, setzte sich ebenfalls. »Nein, es war kein Unfall«, antwortete sie dann.
    »Kein Unfall? Ich dachte, er sei zu schnell gefahren. Oder er hätte wieder mal zu viel getrunken. Kein Alkohol?«
    »Stand das denn zu befürchten?«, erwiderte Neundorf.
    »Na ja, Sie kennen ja diese Politheinis«, erklärte die Frau. »Narzisse durch und durch. Arrogant und selbstverliebt und wegen jeder Kleinigkeit sofort zu Tode beleidigt. Das muss zwangsläufig in Alkoholexzessen enden.«
    Die Kommissarin wunderte sich über die Schärfe der Worte ihrer Gastgeberin, nahm überrascht die seltsame Distanz wahr, die sie zum Berufsstand ihres Mannes erkennen ließ. »Mit Alkohol hat es nichts zu tun, nein«, sagte sie.
    »Es hätte mich auf jeden Fall nicht gewundert. Irgendwann …« Sie verstummte, ließ den Rest ihrer Antwort offen.
    »Ihr Mann wurde getötet.« Neundorf behielt ihr Gegenüber fest im Blick, versuchte, ihre Reaktion genau zu verfolgen.
    Astrid Grauselmaier zeigte überraschend wenig Betroffenheit. »Martin?« Sie blieb auf dem Stuhl sitzen, wandte den Blick nicht von ihr ab. Ihr Mienenspiel offenbarte keinerlei Veränderung.
    »Heute Nacht. Unmittelbar nach seinem Vortrag.«
    »Von wem?«
    »Wir wissen es nicht. Noch nicht.«
    »Nach einem Vortrag, ja?«
    Neundorf glaubte, ein leichtes Grinsen im Gesicht ihrer Gesprächspartnerin zu erkennen. »In

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