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Schwaben-Herbst

Schwaben-Herbst

Titel: Schwaben-Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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bevor er ihn erschoss.«
    »Mit Salz …«. Astrid Grauselmaier verstummte mitten im Wort, ließ vor Schreck einen Teller fallen, der mit der Kante auf dem Tisch aufschlug. Die Kommissarin fing ihn auf, schob ihn zur Seite.
    »Aber das ist doch vor ein paar Tagen schon einmal …«
    »Genau«, bestätigte Neundorf, »das ist vor einer Woche schon einmal passiert. Ebenfalls in der Nacht von Freitag auf Samstag.«
    »Derselbe Täter?«
    »Es sieht so aus.«
    Auf der Fahrt hierher hatte sie von der Kriminaltechnik die telefonische Bestätigung erhalten, dass die Kugeln aus derselben Waffe stammten, mit der auch Andreas Sattler getötet worden war. Eine Walther PPK 7.65. Wonach sie primär suchte, war also der Zusammenhang. Was hatten zwei solch gegensätzliche Personen wie der stille, zurückgezogen lebende Schachspieler aus Reutlingen und der wohl doch eher extrovertierte Politiker miteinander zu tun? Wo gab es eine Verbindung zwischen den beiden? Was war der gemeinsame Anlass?
    »Aber, aber …« Die Frau stand vor dem Tisch, hatte völlig vergessen, den Kaffee auszuschenken.
    »Ja?«
    »Was hat Martin mit dieser anderen Sache zu schaffen? Wo war das?«
    »In Reutlingen.«
    »In Reutlingen, klar, ich habe darüber gelesen. Wer war dort das Opfer?«
    »Andreas Sattler, ein junger Student. Der Name sagt Ihnen etwas?«
    Astrid Grauselmaier löste sich aus ihrer Erstarrung, verteilte das Geschirr, schenkte den Kaffee ein. »Aus der Zeitung, ja. Ich habe die Berichte gelesen.«
    »Nur aus der Zeitung? Ich meine, nicht schon vorher?«
    »Vorher?« Sie schüttelte energisch ihren Kopf. »Reutlingen ist ja nicht weit weg, aber ich, also wir, auch Martin, haben keine Beziehungen dorthin. Jedenfalls nicht, soweit ich es weiß.«
    »Irgendeinen Zusammenhang muss es aber geben«, beharrte Neundorf. Es war zumindest wahrscheinlich, dass es ihn gab. Sofern es sich nicht um einen Verrückten handelte, der wahllos Menschen mit Säure attackierte und sie dann ermordete. In jeder Freitagnacht vielleicht, so wie der Verbrecher, der ständig Frauen überfiel und sie schrecklich zurichtete. Sie schüttelte den Gedanken von sich ab, schimpfte insgeheim mit sich selbst über ihre abstruse Idee, versuchte, sich wieder auf die Ermittlung zu konzentrieren. »Ihr ehemaliger Mann – spielte er Schach?«
    »Schach? Um Gottes willen! Sie kennen Martin nicht. Er ist Politiker mit Leib und Seele, verstehen Sie? Vorträge halten, Partys geben, auf Empfängen den großen Mann darstellen, das ist seine Welt – nicht still im Eck sitzen und über Schachfiguren brüten.«
    »Gibt es eine Person, die ihn so gut kennt, dass sie trotzdem über einen Zusammenhang zwischen ihm und Andreas Sattler informiert sein könnte?«
    Die Frau setzte sich wieder auf ihren Stuhl, reichte Neundorf die Milch, trank von dem Kaffee. »Früher hätte ich gesagt, unsere Kinder. Aber die Zeiten sind längst vorbei.« Sie legte eine kurze Pause ein, schüttelte den Kopf. »Michael studiert in England und Beatrice macht ein Praktikum in Barcelona. Nein. Seit unserer Trennung haben sie nicht mehr viel Kontakt zu ihm. Sie haben ihm das nicht verziehen.«
    »Wen könnte ich dann fragen?«
    »Da gibt es nur eine Person«, antwortete Astrid Grauselmaier mit kräftiger Stimme und betonte den Namen. »Silvia. Wenn ihn heute jemand gut kennt, dann Silvia. Wer sonst?«
    »Silvia?«
    »Seine Neue. Offiziell seine Sekretärin.«
    »Er lebte mit ihr zusammen?«
    »Seit drei Jahren, vielleicht noch länger. Seit der Zeit weiß ich jedenfalls davon.«
    Neundorf nickte mit dem Kopf. Dann hatte er seine Ehefrau also auch noch betrogen. »Wo finde ich diese Frau? Auch hier?«
    »Hier?« Die Stimme ihrer Gastgeberin drohte sich zu überschlagen. »Was glauben Sie denn? In Stuttgart, doch nicht hier. Sie dürfen nicht vergessen: Fremdgehen ist nicht verboten, es darf nur nicht bekannt werden. Vor allem nicht hier, unter den Augen des Bischofs.« Sie ließ ein kurzes, sarkastisches Lachen hören, stellte ihre Tasse zurück.

11.
    Meint die Frau das wirklich so, hatte Neundorf überlegt, als sie Astrid Grauselmaiers Bemerkung über den Bischof gehört hatte, sind wir im Ländle wirklich so bigott?
    Sie hatte sich an den Minister erinnert, einen jungen, im Vergleich zu seinen Kollegen überraschend aufgeklärt und unerschrocken wirkenden Mann. Eine der Zukunftshoffnungen der Partei. Eines Tages hatte er sich erlaubt, die allzu unverblümte Einmischung des von Rom gesteuerten Klerus in die

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