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Schwaben-Herbst

Schwaben-Herbst

Titel: Schwaben-Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Landespolitik zu kritisieren. Ein allerorten mit großem Beifall aufgenommenes Bonmot. Doch dieses Bonmot hatte dazu geführt, dass die Zukunftshoffnung der Partei ihren Hut hatte nehmen dürfen und vorerst von der politischen Bühne verschwunden war.
    In welchem Jahrhundert leben wir, überlegte Neundorf. Haben wir das Mittelalter wirklich noch nicht überwunden?
    Sie hatte sich von Grauselmaiers Noch-Ehefrau die Adresse und Rufnummer Silvia Bäuerles in Stuttgart geben lassen, die Frau dann noch vor der Abfahrt aus Rottenburg mit ihrem Handy kontaktiert und ihren baldigen Besuch angekündigt. Die neue Lebensgefährtin des Politikers war kaum zu einer Antwort fähig gewesen, hatte nach eigenem Bekunden bereits vom Tod des Mannes gehört. »Wieso denn Martin?«, hatte sie Neundorf auf jede Frage immer wieder entgegengehalten. »Was hat Martin denn getan?«
    Das ist wohl die zentrale Frage, überlegte die Kommissarin, wenn ich darauf eine Antwort wüsste, bliebe mir viel Arbeit erspart.
    Unterwegs auf der Fahrt zu Silvia Bäuerle hatte sie die Nummer Julia Gerbers eingegeben und diese danach gefragt, ob sie einen Martin Grauselmaier kenne oder schon einmal etwas von dem Mann gehört habe.
    »Grauselmaier?«, hatte Julia Gerber überlegt. »Ein seltsamer Name. Wer soll das sein?«
    »Ein Politiker.«
    »Politiker? Woher soll ich einen Politiker kennen?«
    »Weil er mit Andreas in Verbindung stand.«
    »Andreas und ein Politiker? Das kann nicht sein. Wie kommen Sie auf so eine Idee? Andreas interessierte sich nicht für Politik.«
    »Und Holdenried? Was ist mit dem? Hatte er Kontakt zu Grauselmaier?«
    Julia Gerbers heftiger Protest hatte die Leistungsstärke des Mobilfunkgerätes überfordert. Der Lautsprecher hatte geächzt und geknarzt, ihre Antwort nur schwer verständlich gemacht. »… ein Politiker? … Nie und nimmer!«
    »Sie können sich nicht erinnern, dass Holdenried irgendwann einmal etwas von einem Martin Grauselmaier erzählte?«
    »Was fragen Sie überhaupt? Ein Politiker! Das ist unmöglich!« Sie war verstummt, hatte Neundorf mit einer Gegenfrage überrascht. »Oder fährt der Typ Autorennen?«
    »Ich glaube kaum. Dazu ist er wohl zu alt. Ich werde mich aber erkundigen.«
    »Dann haben Sie mit Falk also noch nicht gesprochen.«
    »Nein, das haben wir nicht.«
    Sie hatte die ehemalige Freundin Holdenrieds noch ausführlich danach befragt, wo der Mann sich aufhalten könne und sie gebeten, sich Gedanken über einen eventuellen Fluchtort zu machen, als Antwort nur den Hinweis auf verschiedene Sandbahn- und sonstige Rennpisten erhalten, die zu überprüfen sie bereits gestern in Auftrag gegeben hatte. Kurz bevor sie in Stuttgart angelangt war, hatte sie das Gespräch beendet.
    Silvia Bäuerles Wohnung zu finden, erwies sich als schwieriger und weitaus zeitaufreibender als sie gedacht hatte. Das großzügig mit weiten Fensterflächen ausgestattete Appartement lag in einer jener in den Hang gebetteten Terrassenanlagen unterhalb des Bismarckturms, die von der angrenzenden Straße her von hohem Mauerwerk abgeschottet vor jedem unerwünschten Einblick sicher waren.
    Neundorf näherte sich dem Eingangsportal über die einen prächtigen Panoramablick über den Stuttgarter Talkessel vermittelnde, gewunden verlaufende Robert-Bosch-Straße, fühlte sich an die mit allem erdenklichen Komfort ausgestatteten Paläste der Reichen in den ärmsten Ländern dieser Erde erinnert, die ihren Luxus hinter dicken Mauern und hohen Zäunen vor dem Elend der übrigen Bevölkerung verschanzten. Mächtige, drei bis vier Meter in die Höhe ragende Stein- und Betonwälle, von massiven Stahlträgern flankierte Garagen, alle paar Schritte in winzigen Mauer-Nischen versteckte Kameras, auf den millimetergenau gleichförmig geschnittene Rasenflächen und Pflanzen-Exoten, dazu ab und an vorbeidröhnende, von sonnenbebrillten Klischee-Blondinen und smart smilenden Jungmännern gesteuerte Luxuskarossen vorwiegend Stuttgarter Provenienz – Neundorf spürte heftige Übelkeit in sich aufsteigen, noch bevor sie das winzige Namensschild identifiziert hatte.
    Sie zwang sich, ruhig zu bleiben, drückte auf die Klingel, atmete tief durch. Es dauerte eine Weile, wahrscheinlich, weil sie erst mittels mehrerer Kameralinsen ausführlichst begutachtet werden musste, dann fragte eine weibliche Stimme: »Ja, bitte?«
    »Neundorf vom LKA«, sagte sie und streckte sich in die Höhe, um das Mikrofon zu erreichen, »wir haben miteinander telefoniert.«
    »Ja,

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