Schwaben-Liebe
Theresa Räuber. »Zwei, die sich mögen.«
Weissmann nickte anerkennend mit dem Kopf. »Aber hoffentlich nicht so sehr, als dass nicht noch Platz für eine weitere Person bleibt.« Er drückte sie an sich, sah ihr Grinsen.
»Für den einen gibt es noch genug Platz«, antwortete sie.
»Na, dann bin ich aber doch zufrieden.« Weissmann deutete wortlos auf die Stühle, lief zum Nachbartisch, holte ein weiteres Sitzmobiliar. »Vielleicht hat der Herr Kommissar Lust, uns mit seiner Anwesenheit zu beehren.«
Braig schüttelte den Kopf. »Ich will das junge Paar doch nicht länger stören.«
Sein Gesprächspartner ließ ein lautes Lachen hören. »Das ist sehr höflich von Ihnen, danke. Aber Sie wollten sich bei der Dame, mit der ich mich hier treffe, doch noch nach meinem Alibi erkundigen.« Er wandte sich Theresa Räuber zu. »Der Herr Kommissar hat mich im Verdacht, einen Mann getötet zu haben.«
»Das ist nicht wahr!«
Braig sah die Entrüstung in ihrem Gesicht.
»Steffen, was ist los?«
»Am Mittwoch. Vorgestern Abend gegen 19 Uhr«, fiel Weissmann ihr ins Wort. »Wo war ich da?«
»Vorgestern Abend?« Theresa Räuber schüttelte den Kopf, begann zu lachen. »Steffen, das ist nicht dein Ernst. Sag, dass das nicht wahr ist.«
Braig hob abwehrend seine Hände, wartete auf ihre Antwort.
»Wir waren bei Gerd in seiner Wohnung in Reutlingen. Er wollte mir seine Briefmarken zeigen, wenn du verstehst, was ich meine. Bei mir im Pfarrhaus geht das ja schlecht, sonst weiß gleich die halbe Gemeinde Bescheid.«
Der Kommissar konnte seine Verlegenheit nicht länger verbergen. Sein Gesicht lief rot an wie eine Tomate.
18. Kapitel
Vier Monate zuvor
Marcel Holm hatte sich sofort bereit erklärt, Carolin Köhlers Wunsch zu erfüllen. Zwei Tage lang war der Detektiv beschäftigt gewesen, ihren offenkundig untreuen Ehemann diskret zu observieren und die entscheidenden Momente auf einen Chip zu bannen – dagegen schien die neue Aufgabe weit weniger zeitaufwändig.
»Ich benötige das Porträt eines Mannes, den ich nur vom Sehen kenne. Mit einem guten Computerprogramm müsste das zu machen sein, oder?«, hatte sie ihm erklärt.
»Ohne große Probleme. Wir haben die beste Software, die zur Zeit verfügbar ist. Entscheidend ist allein Ihr Erinnerungsvermögen.«
Fast zwei Stunden hatten sie gemeinsam vor dem Monitor seines Laptops verbracht.
»Lange, dunkle Locken bis weit über die Ohren, samtig gebräunte Haut, ein schmales, von einer markanten Kinnpartie geprägtes Gesicht, tiefblaue Augen«, hatte sie ihn beschrieben, das vor ihr entstehende Porträt wieder und wieder korrigierend, bis sie nach langem Hin und Her endlich zufrieden war.
»Das ist er, genau«, hatte sie am Ende der Prozedur befunden, die Befürchtung, dass er seine Frisur, überhaupt seine gesamte Aufmachung in der Zwischenzeit grundlegend verändert haben könnte, beiseite schiebend.
Sicherheitshalber hatte sie sich von Holm zwei weitere Varianten des Mannes anfertigen lassen. Ein Porträt mit deutlich kürzeren Haaren, das andere Bild mit einer üppigen Wuschelfrisur-Perücke, was zwei scheinbar völlig unterschiedliche Menschen zum Ausdruck brachte. Sie hatte den Detektiv gebeten, ihr mehrere Farbausdrucke zu erstellen, war zwei Tage später mitsamt den Fotos nach Stuttgart gefahren.
Die Hotelbar schien im Spätnachmittagsschlaf versunken, als sie dort auftauchte. Zwei in gedämpfter Tonlage miteinander parlierende ältere Männer, der Kleidung nach Geschäftsleute; ein junges, sich verliebt anhimmelndes Paar; ein einzelner, in sein halbvolles Bierglas stierender Mann. Carolin Köhler näherte sich dem Tresen, sah, dass sie sich den richtigen Zeitpunkt ausgesucht hatte. Wenig Betrieb, derselbe Barkeeper wie damals. Sie nahm auf einem der Hocker Platz, nickte dem Mann hinter dem Tresen freundlich zu.
Er stellte das Glas, das er trocken gewischt hatte, ins Regal, kam zu ihr her. »Mal wieder im Land?«, fragte er.
Carolin Köhler nickte, war sich insgeheim sicher, dass ihr Vorgehen erfolgreich verlaufen würde. Er hatte sie wiedererkannt, das war die halbe Miete.
»Was darf ich Ihnen servieren?«
»Genau das Gleiche wie neulich«, antwortete sie.
Er zögerte nicht lange. »
Latin Lover
«, sagte er.
Sie signalisierte ihre Zustimmung, zog die Fotos aus ihrer Tasche, legte sie vor sich auf den Tresen.
Der Barkeeper mixte den Cocktail, kam wieder zu ihr her. »
Latin Lover
«, erklärte er, »lassen Sie ihn sich schmecken.«
Sie bedankte
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