Schwaben-Liebe
rief er so laut, dass mehrere der umstehenden Personen, Beamte wie neugierige Gaffer hinter der Absperrung zu ihnen hersahen. »Woher soll ich den kennen? Nur weil ich hier …«
»Dann ist es nur ein Zufall, dass er jetzt tot vor Ihrem Campingbus liegt.«
»Ja natürlich, was denn sonst?« Der Mann hatte Mühe, an sich zu halten. Er sah Neundorfs kritischen Blick, warf seine Hände in die Höhe. »Glauben Sie denn, ich hätte etwas mit dem, dem«, er stotterte, »mit dem Tod dieses Mannes zu tun?«
»Das habe ich nicht behauptet«, antwortete sie, »aber es gehört nun mal zu meinem Beruf, alles abzuklären, das werden Sie wohl verstehen.« Sie erkundigte sich nach seiner Anschrift und der Telefonnummer, nahm eine kleine Visitenkarte entgegen, die ihn als Boris Grabner, Gewerkschaftssekretär aus Pfullingen auswies.
»Wie lange muss ich …«, setzte er dann vorsichtig an.
»Wie lange wir den Campingbus noch benötigen? Da muss ich meine Kollegen fragen. Aber ich kann mir vorstellen, dass das noch eine ganze Weile dauert. Wenn Sie nach Hause wollen …« Sie bat ihn, zu warten, lief ins grelle Licht zu Rössle, fand den Spurensicherer mit einem Handy beschäftigt. »Was schätzt ihr, wie lange ihr das Fahrzeug noch braucht?«
Rössle schaute auf, wog seine Hand hin und her. »Der Kerle hat’s eilig, was? Nur langsam, zwoi Stund dauert es schon noch. Dafür woiß i jetzt, wen mir do vor uns hent.« Er wies mit einer Kopfbewegung auf den Toten.
»Du hast sein Handy überprüft?«
»Ob des ihm ghört, woiß i net. I hans halt in seiner Hosetasch gfunde.«
»Und? Wie heißt der Mann?« Sie sah die Falten auf Rössles Stirn, fügte schnell hinzu: »Sofern es sich wirklich um ihn handelt.«
»Stiegelmaier«, erklärte der Spurensicherer. »Fred.«
»Wohnort, Adresse?«
»Verehrte Frau Professorin, so schnell …«
»Ja, ist schon gut. Immerhin haben wir jetzt wohl seinen Namen, danke.« Neundorf lief zu Grabner zurück, erklärte ihm, dass die Spurensicherer noch mindestens zwei Stunden für ihre Untersuchungen benötigten. »Vielleicht ist es das Beste, wenn Sie nach Hause fahren. Der Bahnhof in Untertürkheim ist nicht weit, wir bringen Sie gerne hin. Den Bus können Sie morgen im Verlauf des Sonntags bei uns abholen.«
Grabner wog seinen Kopf überlegend hin und her, winkte dann ab. »Nein, mir wäre es lieber, wenn ich ihn selbst mitnehmen könnte. Das Fahrzeug ist teuer, verstehen Sie und ich habe es nur fürs Wochenende ausgeliehen.«
»Gut, das ist Ihre Entscheidung. Aber dann müssen Sie sich gedulden, bis die Kollegen es freigeben. Und das kann dauern.« Sie sah sein zustimmendes Nicken, ließ ihn stehen, lief zu Rössle zurück.
»Könnt sei, dass der von der Oschtalb kommt. Do war die Red von Heidenheim«, erklärte der Spurensicherer, auf das in der Hosentasche des Toten gefundene Handy deutend.
Neundorf nahm das Gerät, sah, dass es sich um ein neuwertiges Galaxy handelte. Sie zog ihre Plastikhandschuhe zurecht, hörte das etwa eine Stunde zuvor eingegangene Gespräch ab, in dem ein jung klingender Mann, der sich als »Florian« verabschiedete, ein Treffen »morgen Abend bei dir in Heidenheim« vorschlug. Neundorf überprüfte die gespeicherten Nummern, wählte die an erster Stelle aufgeführte. Sie war mit dem Bild einer hübschen, jungen Frau und dem Namen Sandra gekennzeichnet. Es dauerte keine drei Sekunden, dann hatte sie eine weibliche Stimme am Ohr.
»Freddy, wo treibst du dich rum? Wie lange soll ich noch warten?«
»Fred Stiegelmaier?«, fragte Neundorf.
Am anderen Ende blieb es ruhig. »Wer, äh, wer bitte sind Sie? Wo ist Freddy?«
»Mein Name ist Neundorf. Ich bin von der Polizei.«
»Polizei? Aber wieso? Wie kommen Sie an Freddys Handy?«
»Wir haben es gefunden.«
»Gefunden? Wo?« Die Stimme der Frau klang immer nervöser.
»Das erzähle ich Ihnen gleich. Darf ich wissen, wie Sie heißen?«
»Annette. Annette Schuller. Wo haben Sie Freddys Handy gefunden?«
»Sind Sie Freddys Partnerin?«
»Partnerin? Ja, seine Freundin.«
»Dann haben Sie sicher ein aktuelles Foto von ihm.«
»Ein aktuelles Foto? Wozu denn?«, fragte Annette Schuller.
»Könnten Sie es mir bitte senden? Jetzt, sofort?«
»Aber wozu denn?«
Neundorf verschärfte ihren Tonfall. »Weil wir es benötigen. Jetzt sofort.«
Ihre Gesprächspartnerin schien für wenige Augenblicke verstummt. »An welche Nummer?«, fragte sie dann.
Neundorf überlegte kurz, gab ihr dann sicherheitshalber die Ziffern
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