Schwaben-Messe
die Schweine noch etwas, als sie verreckten.«
Die Kaffeemaschine blubberte laut. Braig sah keinen Grund, seiner Kollegin zu widersprechen. »Rache, ja?«, sagte er.
Neundorf betrachtete die Männer. »Die ich unterstütze. Voll und ganz.«
»Ein Angehöriger?« spekulierte Beck. »Dessen Frau oder Tochter vergewaltigt wurde?«
»Alle Achtung«, kommentierte Neundorf. »Vor dem habe ich großen Respekt.«
»Wo wurden die Aufnahmen gemacht? In Bosnien?«
»Logisch. Wenn die Leute jugoslawisch reden«, meinte sie.
»Nein«, erklärte Braig. »Nicht in Bosnien. Nein.«
Sie starrten ihn verwundert an.
»Aber du hast doch selbst behauptet, dass sie Serbokroatisch sprechen.« Neundorf nahm sich eine Tasse, ließ sich von Braig einschenken.
»Der Dialekt ist anders. Nicht bosnisch«, sagte er.
»Du kannst es unterscheiden?«
»Eindeutig. Meine Sprachkenntnis ist nicht berühmt, aber soviel weiß ich noch. Das ist kein Bosnisch.«
»Wo dann?«
Braig zuckte mit der Schulter. Er füllte sich Kaffee in eine Tasse, trank im Stehen.
»Wir müssen es uns antun«, erklärte Neundorf.
»Was?«
»Das Video. Nochmal. Einmal. Zweimal. Zehnmal. Solange …«
»Bis ich den Dialekt erkannt habe?«
»Oder einen Ortsnamen«, ergänzte sie. »Und weitere Täter. Wir sollten uns nicht nur auf die Opfer konzentrieren. Die Täter sind mir wichtiger. Jedenfalls in dieser Sache. Ich will möglichst viele von ihnen erwischen.«
»Es sei denn, der Killer nimmt uns die Arbeit ab.«
»Worüber ich ihm sehr dankbar wäre. Ohne jede Einschränkung.«
»Wenn die Lösung so einfach ist«, meinte Beck.
»Du glaubst es nicht?«
Beck nahm seine Brille ab, rieb sich die Augen aus. Er zögerte mit einer Antwort. »Ich weiß es nicht«, sagte er dann langsam, Wort für Wort abwägend. »Klingt mir zu sehr nach Hollywood. Hier das Video mit den schrecklichen Morden und Vergewaltigungen und draußen der Rächer, der endlich heimzahlt, was Unschuldigen angetan wurde. Ist das die Realität? Läuft es so schlicht und einfach in unserer Welt? Irgendwann kommt die Stunde, wo die Bösen bestraft werden?«
Neundorf betrachtete den Kollegen nachdenklich. Beck zog ein Tuch aus der Tasche, rieb die Gläser der Brille sauber.
»Ein bisschen viel heile Welt, wie?«, fragte sie.
Beck nickte. »Woher soll ein Angehöriger der Opfer die Killer kennen? Die waren größtenteils vermummt, wie wir selbst gesehen haben. Wie soll er auf ihre Namen kommen? Killer aus fremden Ländern. Waren nur Deutsche dabei? Oder vielleicht noch Engländer, Franzosen, Holländer, Dänen? Woher soll er ihre Heimat kennen, woher ihren Wohnort, ihre Person? Wer diese Angriffe als Opfer erleben musste, hat heute keine Chance mehr, sich oder seine Angehörigen zu rächen. Wer dabei war, ist tot. Oder verkrüppelt. Rache? Ist es nicht insgeheim unser Wunschtraum, jetzt, wo wir das Video ansehen mussten?«
Beck erhielt keine Antwort. Die Kollegen nippten an ihrem Kaffee, überlegten.
»Vielleicht hast du recht«, sagte Neundorf dann, lief zu ihrem Schreibtisch, griff sich den Bilderstapel, zog das Foto vor, das zerrissen war. »Hier, Grandel und Jahn. Wer ist der dritte Mann?«
Beck setzte seine Brille wieder auf, betrachtete mit Braig das Bild.
»Es war bei dem Film?«
Neundorf nickte. »Ein Video, mehrere Fotos, zwei Granaten«. Sie berichtete, wo sie den Koffer gefunden, und wie Schöffler ihn geöffnet hatte. »Hier sind die anderen Aufnahmen. Was mich interessiert: Ist dieser Hägele dabei? Ihr kennt den Kerl. Habt ihr ihn auf dem Video entdeckt?«
Braig zuckte mit der Schulter. »Ich war nicht in der Stimmung, auf die Gesichter der Killer zu achten.«
Sie schauten die Fotos durch, achteten sorgsam auf alle Einzelheiten, konnten Hägele nicht finden.
»Wenn es kein Racheakt von Angehörigen war, wer dann?«
»Wer hat den Film gedreht?«, fragte Beck.
»Voyeurismus«, meinte Braig, »damit sie sich zu Hause noch mal an ihren tollen Erlebnissen aufgeilen können.«
»Oder Verkauf an interessierte Journalisten«, erwiderte Neundorf, »da sollen riesige Verdienstspannen liegen. Sensationsgierige Sender, die Aufsehen um jeden Preis erregen wollen, schrecken vor nichts zurück.«
»Du meinst …«
Neundorf nickte. »Wenn es keine Angehörigen waren, dann eine Person, die verhindern musste, dass die Bilder veröffentlicht und gesendet werden.«
»Weil sie selbst irgendwo, und sei es auch noch so klein, zu sehen ist.«
»Als Killer. Genau. Und das muss verhindert
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