Schwaben-Messe
Landesregierung gemeint sein.«
»Aber die deutschen Waffenlieferungen, obwohl illegal, sind verbürgt? Oder ist das nur ein Betrunkener, der im Siegestaumel Blödsinn daherschwallt?«
Braig stöhnte laut. »Verbürgt, was bedeutet das schon? Offiziell gab es keine Waffenhilfe aus Deutschland. Genauso wenig wie Unterstützung durch Kämpfer. Und trotzdem müssen Lieferungen erfolgt sein, sonst hätten die Kroaten die Krajna nicht überrennen können.«
»Für die deutschen Kämpfer haben wir jetzt den Beweis. Nehmen wir einmal an, nicht nur deutsche Freiwillige waren dabei, sondern auch deutsche Waffen. Offiziell erfolgten solche Lieferungen nicht. Dennoch behauptet dieser angetrunkene Soldat, die Hilfe stamme von der schwäbischen oder deutschen Regierung. Wer könnte dafür konkret verantwortlich zeichnen? Die Regierungsspitze garantiert nicht, das wäre den verantwortlichen Politikern viel zu gefährlich. Wer sorgte dann für die Lieferungen?«
»Hintermänner, untergeordnete Beamte …«
»Genau«, fiel ihm Neundorf ins Wort, »untergeordnete Beamte. Nicht so sehr untergeordnet natürlich, dass sie überhaupt keinen Einfluss mehr haben. Aber auch nicht ganz oben, das wäre zu gefährlich, wegen der Diskretion. Kennst du eine Person, die in Frage käme?«
»Mein Gott«, stammelte Braig, »Hägele?« Er starrte seine Kollegin betroffen an.
»Alle Wege führen nach Rom, wie?« konstatierte Neundorf. »Ich denke, wir wissen jetzt endgültig, wo wir weiterbohren müssen. Es gibt im Moment nur die eine heiße Spur, oder?«
Braig hatte den Namen vorhin als Erster gehört. Mitten in einer Szene, wo eine Horde Vermummter einen Kuhstall stürmte und die Tiere mit wildem Johlen der Reihe nach sinnlos tötete, war der Ruf im Hintergrund leise, von unzähligen anderen Geräuschen überdeckt, zu hören. »Wald«, hatte er zuerst verstanden, dann, nach mehrmaligem Zurückspulen und erneuter Betrachtung der Szene, hatten auch die Kollegen die eigentliche Bedeutung des Wortes begriffen, obwohl der Vokal am Anfang im von Todesangst gezeichneten Schreien der Tiere unterging. Nicht »Wald« hatte die Stimme gerufen, sondern »Ewald«, verbunden mit der Aufforderung »gib’s dem Viehzeug«. Augenblicklich hatten die Maschinenpistolen ihr sinnloses Werk begonnen.
Braig war sofort klar, was der Ruf bedeuten konnte. »Wie oft gibt es den Vornamen?«, fragte er laut, angetrieben von der Hoffnung, endlich einen richtigen Ansatzpunkt in ihren Ermittlungen gefunden zu haben.
»Ewald?« Neundorf schlug sich überrascht an die Stirn.
»Ich kenne im Moment nur einen, der so heißt«, erklärte Braig. Hägele, wusste er, Ewald Hägele. »Und ich kann mich nicht erinnern, den Namen in meinem Leben oft gehört zu haben. Er ist selten, sehr selten. Aber ob das reicht?«
Neundorf überlegte nicht lange. »Juristisch haben wir keine Chance. Damit kommen wir bei keinem Richter durch. Aber uns selbst sollte klar sein, wo wir weitermachen müssen. Der Mann hängt mit drin, irgendwie. Wenn Jahn nach jedem Anruf bei Grandel sofort anschließend Hägele kontaktierte, nach jedem Anruf wohlgemerkt, kann das doch kein Zufall sein. Außerdem kennt er beide, wie du selbst herausgefunden hast, obwohl er es nicht zugeben wollte. Und jetzt dieses ›Ewald‹ mitten in den Kämpfen. Der hat mit der Sache zu tun, ohne jeden Zweifel. Fragt sich nur, wie.«
»Als Opfer oder als Täter«, ergänzte Beck.
»Du meinst …«
»Wenn ein Angehöriger der Ermordeten den Racheengel spielt, scheint mir die Reihenfolge klar: Grandel, Jahn …«
»Hägele«, meinte Braig.
Beck nickte. »Obwohl mir das, wie gesagt, zu hollywoodmäßig erscheint. Fiction. Stoff für Filme oder ergreifende Romane.« Er lief zum Fenster, blickte nach draußen in die tiefstehende Sonne. »Hägele könnte aber auch aus einem ganz anderen Grund in Gefahr sein«, sagte er dann, »wieso mussten Grandel und Jahn sterben? Noch dazu auf so brutale Weise?« Beck gab sich selbst die Antwort. »Im Fall von Jahn ist mir das klar. Er brauchte Geld. Dringend. Schon mal was von seinen Spielschulden gehört? Ich schätze, er verfiel auf die Idee, das Video zu verkaufen. Wahrscheinlich stand er vor der Wahl: Entweder das Autohaus unter Wert hergeben oder für das Video einen seiner Brutalität entsprechenden Preis erzielen. Vielleicht zog er Erkundigungen ein, wieviel dafür herausspringen könnte. Grandel war bereit mitzumachen. Sie mussten nur das Stück herausschneiden, auf dem sie selbst zu
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