Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwaben-Messe

Schwaben-Messe

Titel: Schwaben-Messe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
Vom Netzwerk:
paar Tagen widerlegen, wissen alle, was über Sie gesprochen wurde. Und die meisten lassen sich nicht mehr davon abbringen: Ein Körnchen Wahrheit war garantiert dabei.«
    »Dass Sie lesbisch seien, stammt auch von ihm?«
    »Er ergriff die Gelegenheit, als er erfuhr, dass Mira mit mir zusammen wohnt. Seine harmloseste Variante. Obwohl sie mit diesem Vorurteil bei vielen Spießbürgern bedingungslos abgeschrieben sind. Eine der engagiertesten Gegnerinnen des Flughafenausbaus und der neuen Messe ist Lesbe. Pfui Teufel. Als anständiger Schwabe muss ich doch automatisch gegen dieses Weib sein. Flughafen-Gegner sind also prinzipiell dubiose Figuren. So machen sie eine ganze Bewegung madig. Psychologische Kriegführung.«
    Die junge Bedienung trat an den Tisch, reichte die Getränke, kurz darauf auch schon das Essen. Braig schob die Blumen zur Seite, schaffte Platz. Der Kartoffelauflauf duftete appetitanregend. Sie ließen es sich schmecken.
    »Viel zu gut, um auch nur noch einen Gedanken an den Kerl zu verschwenden.«
    Er stimmte ihr zu, wusste, dass er es morgen ohnehin wieder mit Gübler zu tun haben würde. Das Lokal füllte sich, junge Leute bevölkerten die Tische. Braig und Gabriele Krauter bestellten Weißweinschorle, ließen die leeren Teller zurückgehen.
    »Ich war schon lange nicht mehr essen«, meinte sie, »ich glaube, es ist Jahre her.«
    »Auch nicht mit Herrn Weiß?«
    Gabriele Krauter lachte laut. »Na ja, mit Fritz, das ist eher eine platonische Freundschaft.«
    »Platonisch? Was er mir erzählte, klang aber alles andere als platonisch.«
    Sie winkte ab. »Es tat ihm gut und mir nicht weniger. Ich lebe allein und er steckt gerade in einer Ehekrise. Da hatten sich zwei gefunden und getröstet.«
    »Er war ein Freund Ihres Mannes?«
    »Unzertrennlich, die beiden. Von ihm stammt die Idee mit dem Verbrennen der Strohpuppen. Er hat es mit Jochen zusammen in Schweden erlebt. Ich fand es toll. Später las ich, dass auch Indianer dieses Ritual kannten, um ihre Götter gnädig zu stimmen. Wir nutzten es nach Jochens Tod, um uns neue Kraft zu verschaffen.«
    »Er starb durch einen Unfall?«
    Gabriele Krauter trank von ihrer Weißweinschorle, schüttelte den Kopf. »Sie haben die Gerüchte gehört, die über mich und seinen Tod verbreitet wurden?«
    »Es tut mir leid. Güblers Hetzerei …«
    »Ist schon gut. Der Kotzbrocken war daran beteiligt, die Mär überall zu erzählen. Aber ich wette, ursprünglich wurde sie von Beamten der Landesregierung und Flughafen-Managern in Umlauf gebracht. Bewusst, um unseren Kampf gegen ihren Beton-Wahn zu kriminalisieren.« Sie schob das Glas mit den Rosen zu sich her, roch an den Blüten, dachte an den schrecklichen Tag zurück.
    Sie war vom Einkaufen aus der Stadt gekommen, mitten im Winter. Schneebedeckte Äcker, spiegelglatte Straßen und Gehwege. Der Himmel war den ganzen Tag über düster geblieben, kein Sonnenstrahl durch den dichten Nebel gedrungen. Bleierne Kälte hing in der Luft.
    Sie sprang aus dem Kombi, wartete darauf, dass Moses sie freudig begrüßte. Warum sie sofort in Panik geriet, konnte sie später nicht erklären. Vielleicht weil der Hund – völlig ungewohnt – nicht auf sie zuschoss, sie schwanzwedelnd umgarnte, ja nicht einmal sein Bellen erschallen ließ? Ein seltsames Gefühl, eine Angst hatte sie sofort im Griff: die Angst vor einer unbekannten Gefahr. Spürte, fühlte, ahnte sie den tieferen Hintergrund, der den Hund so abnormal zurückhielt?
    Verunsichert schaute sie sich planlos im Hof um. Niemand da, kein Mensch, kein Hund. Sie starrte zum Haus, zum Stall, in die Umgebung zu den winterlich weißen Feldern – kein Zeichen von Leben, nirgendwo.
    Sie packte ihre Taschen und Körbe, schleppte sie zum Haus, öffnete die Tür, rief laut. Keine Antwort. Sie ließ alles stehen, eilte in den Flur, die Küche, das große Wohnzimmer, durchsuchte den Abstellraum, das Bad, die Toilette. Dann ins Obergeschoss mit seinen drei Räumen: dem gemeinsamen Schlafzimmer, ihrem Arbeitsraum, dem Gästezimmer. Nirgends. Mann und Hund waren verschwunden.
    Ob sie draußen, auf den Feldern unterwegs waren? Sie spürte, dass das nicht der Grund für deren Abwesenheit sein konnte. Jochen hatte sich schon in den letzten Tagen sehr schlecht gefühlt, war niedergeschlagen und resigniert, selbst durch Fritz’ mühsame Witzeleien nicht aufzumuntern gewesen.
    Sie sprang die Treppe nach unten, suchte im Keller nach den beiden. Auf der untersten Stufe rutschte sie aus, schlug der

Weitere Kostenlose Bücher