Schwaben-Messe
Niederschrift befunden hatte.
Das Schreiben Jahns und Grandels war mit einer alten Schreibmaschine aufgesetzt worden und bereitete den Ermittlern weit mehr Schwierigkeiten, weil die Verfasser auf das Datum sowie jeden handschriftlichen Vermerk, auch eine persönliche Unterschrift, verzichtet hatten.
Lieber Ewald
,
wie wir dir mitteilten, haben wir Kontakte mit Journalisten aufgenommen, die äußerst vielversprechend sind. Ein Fernsehsender bietet inzwischen 1,5 Millionen, offensichtlich ein ernsthaftes Angebot, wir haben die Sache überprüft. Wir erlaubten uns, verschiedenen Journalisten Einblick in unser Filmmaterial zu gewähren. Ohne Frage haben wir alle Szenen entfernt, die einem von uns gefährlich werden könnten – wir denken, du verstehst, was wir meinen. Ein Verkauf des Films läuft völlig anonym, niemand von uns hat etwas zu befürchten. Den Erlös teilen wir in gleiche Partien auf: Du bist also voll dabei
.
Wir denken, wir finden dein Einverständnis und du nimmst deine Drohungen zurück. Deine brutalen Worte können nicht ernst gemeint sein. Ewald, du bist ein kluger Mensch, mach keine Dummheiten. Bitte, lass uns wieder vernünftig miteinander reden. Denke an unsere gemeinsamen Erlebnisse zurück
.
Mit altem Kampfesmut
,
Wolfgang und Roger
Die Zeilen konnten von jeder beliebigen Person geschrieben und Hägele zugestellt worden sein, weil jede handschriftliche Anmerkung, die die Verfasserschaft Grandels und Jahns bestätigt hätte, fehlte. Andererseits: wer außer den beiden Männern selbst hatte Kenntnis gehabt von den schrecklichen Vorgängen, die auf dem erwähnten Video zu sehen waren? Wer außer Grandel und Jahn konnte zudem ahnen, dass Hägele mit den Aufnahmen zu tun hatte?
Nein, das Material war für jeden der drei Männer viel zu brisant, als dass er es in unbefugte Hände hatte geraten lassen können. Jeder von ihnen wusste, was es bedeutete, wenn der Film in voller Länge veröffentlicht würde. Das war Garantie genug, dass niemand als nur die beiden Kriegssöldner Grandel und Jahn diese Zeilen hatten schreiben können.
Warum ihre Unterschrift fehlte?
»Weil sie Hägeles kriminelle Potenz kannten«, erklärte Neundorf am nächsten Mittag, als sie den Fall abschließend im LKA diskutierten, »denen war klar, dass er einem Verkauf des Films auch unter Entfernung aller für sie und ihn gefährlichen Stellen nicht zustimmen und eventuell Gegenmaßnahmen einleiten würde. Der musste auf jeden Fall verhindern, dass eine Verwicklung deutscher Konservativer, ja sogar regierungsnaher Funktionäre, in den Krajna-Krieg bekannt würde. Wer weiß, welche Untersuchungen das auslösen könnte. Und vor allem: Welche brisanten Ergebnisse vielleicht bis hinauf in die höchsten Ränge diese Ermittlungen bringen würden. Damit er sie mit ihrer Unterschrift nicht erpressen konnte, schrieben sie den Brief nur mit Maschine, nicht mal mit ihrem Computer. So finden wir ihn auch nicht auf ihren Festplatten.«
Sie hatten die halbe Nacht gearbeitet, sich um elf Uhr morgens dann zu einer Abschlussbesprechung getroffen. Kurz vor Mitternacht hatten Braig und Neundorf die überraschende Aufklärung der Mordserie bekannt gegeben, natürlich ohne die wahren Hintergründe auch nur anzudeuten. Beide waren viel zu erschöpft, um die paar Journalisten, die zu so später Stunde überhaupt von der Sache Wind bekommen hatten, noch neugieriger zu machen.
Am Morgen hatte Gübler dann eindringlich darauf bestanden, über Hägeles Verwicklungen in den Krajna-Krieg absolutes Stillschweigen zu bewahren, um die Ermittlungstätigkeiten nicht noch weiter zu belasten, wie er erklärte.
»Welche Ermittlungstätigkeiten?«, hatte Neundorf gefragt, »der Fall ist aufgeklärt, die Ermittlungen abgeschlossen.«
Gübler hatte nur gebrummt.
»Oder stört es Sie, dass nicht das gewünschte Opfer als Täter identifiziert werden konnte?«
Gübler hatte vor Wut auf den Boden gestampft. Doch Neundorf war noch nicht zufrieden.
»Sie haben doch nur Angst, dass die Verwicklung von Teilen der Landesregierung in die Waffenlieferungen für die rechtsgerichteten Kroaten bekannt werden könnte. Das lässt sich jetzt aber nicht länger verhindern. Wir leben in einer Demokratie, werter Herr!«
Kurz nach fünfzehn Uhr fand die große Pressekonferenz statt, die von Kriminalrat Gübler persönlich geleitet wurde. Die zahlreich anwesenden Journalisten wurden vor allem darüber aufgeklärt, mit welch hervorragendem kriminalistischen Gespür Gübler
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