Schwaben-Messe
noch den Abdruck verschiedener Schuhe erkennen, fast alle mit auffällig kleinem und schmalem Profil. Entweder waren hier Kinder am Werk oder – den Berichten der Nachbarn nach – hatten sich ja Frauen versammelt und hier getanzt. Er zog seinen Schlüsselbund aus der Tasche, maß die Tiefe verschiedener Einschnitte. Zwischen acht und zwölf Zentimetern. Ein eindeutiger Beleg dafür, dass die Frauen hier nicht nur ruhig am Feuer meditiert oder miteinander erzählt hatten.
»Hier sind die Abdrücke ihrer Schuhe, als sie um das Feuer tanzten«, erklärte er, als sich seine Kollegen von der Spurensicherung dem Sandplatz vorsichtig näherten.
»Und das Benzin?«, fragte Markus Schöffler, einer der erfahrensten Techniker, die beim LKA arbeiteten. »Du vermutest bestimmte Stellen?«
Braig schüttelte den Kopf. Er war froh, dass Schöffler heute Abend dabei war. Zu keinem anderen im Team hatte er soviel Vertrauen wie zu ihm. Der vom Aussehen her immer noch junge, knapp vierzigjährige, athletisch gebaute Kollege hatte in den letzten Jahren in allen Untersuchungen, bei denen Braig mit ihm zusammenarbeitete, ein unglaubliches Gespür für kriminaltechnische Zusammenhänge gezeigt, dazu noch soviel Fleiß und Ausdauer an den Tag gelegt, dass es geradezu beruhigend wirkte, wenn er bei einer Ermittlung auftauchte. Soweit Braig wusste, war Schöffler jahrelang als Fußballer recht erfolgreich gewesen, hatte zeitweise sogar in der Zweiten Bundesliga gespielt, sich aber dann nach einer Verletzung aus dem Leistungssport zurückgezogen und war in den kriminaltechnischen Dienst eingestiegen. Nebenbei trainierte er eine Vorortmannschaft Stuttgarts, die unter seiner Regie gerade zweimal hintereinander in die jeweils höhere Liga aufgestiegen war. Güblers Künste als Präsident einer Konkurrenzmannschaft, mit deren Spielern er vom LKA aus ständig telefonierte, wurden von Schöffler nur mitleidig belächelt.
»Leider nicht«, meinte Braig. »Ich weiß nur, dass dort vorne das Feuer brannte und dass ein Mann hineingeworfen wurde. Der Arzt konstatierte, dass unsere Leiche mit Benzin übergossen war. Das ist alles.« Er zeigte in die Mitte des Platzes, wo dicke, teilweise schwarz angekohlte Äste und Zweige zu einem Haufen aufgeschichtet waren, der von großen, ausgebleichten Quadersteinen eingefasst war.
Markus Schöffler nickte, schaute zum Himmel. »Okay, wir haben nicht viel Zeit. Ich schlage vor, wir nehmen Stichproben vom Sand des gesamten Platzes. Wenn sich nichts ergibt, gehen wir in die Außenbereiche, etwa dort in den Acker, der an den Platz grenzt und hier im Bereich vor dem Haus. Was mir sinnlos scheint, ist eine Untersuchung des Hofes direkt vor den beiden Holzschuppen und dem Stall. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die so leichtsinnig waren, in der Nähe des Holzes Benzin auszuschütten. Einverstanden?«
Seine Mitarbeiter nickten.
»Wenn es stark regnet, decken wir alles mit Planen ab. Ich habe genügend dabei. Kein Problem.«
Braig beobachtete die Männer, wie sie ihre Gerätschaften auspackten und dem Sandboden zu Leibe rückten. Sie schaufelten die Partikel mit kleinen Löffeln in dickbauchige Gläser, rochen an der jeweiligen Substanz, gaben dann irgendwelche farbigen Körner dazu.
Dann stimmt es also doch, überlegte Braig. Gübler, Steimles und all die anderen Teufelsbeobachter hatten im Prinzip korrekte Aussagen gemacht. Zwar hielt er das Geschwätz von Teufel, Satan und Dämonen nach wie vor für abstrusen Humbug, aber die Tatsache, dass hier eine ganze Gruppe von Frauen irgendwelchen nächtlichen Veranstaltungen gefrönt hatte, war aufgrund der Beobachtungen und der eindeutigen Indizien im Sand und im angekohlten Holz nicht länger zu bestreiten. Ob mit oder ohne Drogen, die ihm die wohl realistischste Erklärung für irgendwelche bösen Geister boten, – heute Nacht hatte hier ein großes Happening stattgefunden, auch wenn Frau Krauter Gegenteiliges behauptete. Sie mussten die Frau zur Rede stellen.
»Glaubst du, wir können sie finden?«
Söhnle schaute fragend übers Feld. »Wenn wir das gesamte Ackerland abklappern, bestimmt.«
Braig sah in der Ferne einen Traktor mit zwei voll beladenen Anhängern auf einem Feldweg, deutete in seine Richtung. »Wir probieren es, okay?«
Söhnle startete den Wagen, fuhr dem Ackergefährt entgegen. Der Himmel hatte sich jetzt auch hier immer mehr verdunkelt, die Wolkenwand schob sich unaufhaltsam näher. Erste Blitze waren zu erkennen.
»Die werden bald nichts
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