Schwaben-Messe
musste er weitersuchen. In Echterdingen. Das konnte kein Zufall sein. Hier war endlich ein Zusammenhang.
»Keine Ahnung. So sehr hat mich das nicht interessiert. Aber rufen Sie doch in dem Laden an. Ich habe die Nummer.« Josef Heger erhob sich von dem Sofa, holte einen Zettel aus einer Schublade des Schranks, legte ihn vor Braig auf den Tisch.
»Hier, Firma Löser. Fragen Sie nach. Ich glaube, ein Familienbetrieb. Vielleicht ist sonntags jemand da.«
Braig bedankte sich, notierte die Nummer, läutete dann dort an. Er wollte schon abbrechen, weil sich ein Anrufbeantworter eingeschaltet hatte, als eine Frau den Hörer am anderen Ende abhob.
»Löser, ja?«
Braig stellte sich vor, fragte nach dem Firmenchef, erhielt die Auskunft, dass sie den Betrieb seit dem Tod ihres Mannes gemeinsam mit ihrem Sohn leitete.
»Dann bin ich bei Ihnen richtig«, meinte er, »Sie kennen Ihren Mitarbeiter, Herrn Altmaier?«
Die Frau lachte bitter, ein tiefes Raucherlachen, bei dem die Lungenflügel von jahrelanger Nikotinberieselung widerhallten. »Den Jonas werd ich nicht kennen? Der ist schon über zehn Jahre bei uns. Ist genau so alt wie mein Sohn. Die beiden verstehen sich gut.«
»Prima«, sagte Braig, »Herr Altmaier arbeitet gerne in Ihrer Firma?«
»Was soll das denn heißen?« protestierte Frau Löser. »Hat er sich etwa über uns beschwert?«
»Nein, überhaupt nicht. Stimmt es, dass Herr Altmaier seine rechte Hand bei der Arbeit besonders schützt?«
Frau Löser lachte laut. »Ach Gott ja, sein Handschuhtick. Jonas trägt immer dicke Handschuhe, um sich nicht zu verletzen. Er zeichnet gern, wissen Sie. Aber das hält ihn nicht davon ab, kräftig zuzupacken. Der Mann ist fleißig, da gibt es nichts zu kritisieren.«
»Wo war er zuletzt tätig?«
»Was heißt ›zuletzt tätig‹? Er ist bei unserer Truppe in Echterdingen. Noch die ganze nächste Woche.«
»Wo genau? Kann ich bitte die Adresse haben?«
»Wozu das denn? Um was geht es überhaupt?«
»Bitte. Wir ermitteln in einer dringenden Sache.«
Die Frau brummte vor sich hin, gab ihm dann den Namen der Auftraggeber, Straße und Hausnummer. Er notierte sie, musste dort nachfragen, ob mit Altmaier irgendetwas vorgefallen war.
»Am Freitag hat er dort gearbeitet?«, fragte Braig.
»Logisch. Seit Mittwoch. Drei Mann.«
»Wissen Sie, wie lange? Die Uhrzeit, meine ich.«
»Ja klar. Sechzehn Uhr machten sie Schluss.«
»Und dann?«
»Sie fuhren nach Hause.«
»Alle drei?«
»Logisch. Wohnen alle hier in Waiblingen.«
»Geben Sie mir bitte Namen und Adressen der beiden Männer, die mit Herrn Altmaier zusammen arbeiten.«
Das Brummen der Frau wurde lauter, sie maulte verstimmt vor sich hin. Er verstand irgendetwas von »und das am heiligen Sonntag.« Sie buchstabierte ihm die Namen, Adressen und Telefonnummern der beiden Männer.
»Wissen Sie zufällig, ob die heute zu Hause sind?«
»Nein, zum Teufel, also Buchführung über das Privatleben unserer Mitarbeiter treiben wir nicht auch noch. Das geht zu weit. Dazu haben wir keine Zeit. Und kein Interesse.«
»Kann ich verstehen. Trotzdem herzlichen Dank.« Braig hörte wie ein Feuerzeug mehrmals hektisch betätigt wurde. Dann blies die Frau unüberhörbar den Rauch einer Zigarette von sich.
»Hat Jonas was angestellt?«
»Nein«, erklärte Braig, »wir fürchten, ihm ist etwas passiert. Etwas sehr Schlimmes.«
Bevor die Frau weitere Fragen stellen konnte, beendete er das Gespräch. Er wollte seinem Gastgeber endlich das Bild des Toten zeigen, dann in der Wohnung nebenan nach Fotos der Frau suchen.
»Ich hätte noch eine Bitte«, sagte er, »wären Sie bereit, den Toten auf einem Foto zu überprüfen?«
Josef Heger nickte. Seine Augenwimpern bewegten sich unruhig auf und ab.
»Es ist unangenehm«, meinte Braig, »und der Tote sieht schlimm aus.« Er schwieg, wartete einen Moment. »Sie würden mir aber sehr helfen. Ich wollte es Frau Altmaier nicht zumuten.«
Heger nickte, streckte seine Hand aus. »Zeigen Sie her.«
Braig zog das Foto aus seiner Tasche, legte es auf den Tisch. Das Gesicht wie der Körper der Leiche waren übel entstellt, fast wie auf den Werbeplakaten für besonders geschmacklose Horrorfilme. Im Vergleich zur Realität draußen auf dem Feld kam der Anblick Braig aber direkt harmlos vor. Wahrscheinlich war er tatsächlich schon ein Stück weit abgebrüht, wenn es das wirklich gab.
Josef Heger wippte auf seinem Sofa hin und her, stöhnte, atmete schwer. »Mein Gott«, murmelte er
Weitere Kostenlose Bücher