Schwaben-Messe
sie auf die beiden Gespräche am Sonntag hin. Angeblich erinnerte sie sich dann an einen ihr unbekannten Anrufer, der darauf bestanden habe, ihren Mann zu sprechen. Sie habe den Mann nicht gekannt, könne sich auch an keinen Namen erinnern, wisse nicht einmal, ob er überhaupt einen genannt habe. Die Gespräche seien beide sehr kurz gewesen, hätten von ihrer Seite aus nur darin bestanden, den ihr unbekannten Mann abzuwimmeln. Darin hat sie recht, beide Telefonate waren echt kurz, hier.« Beck deutete auf die Auszüge. »Morgens 8.51 Uhr eine Minute, dann 11.41 Uhr zwei Minuten. Sie kann also recht haben. In so kurzer Zeit lässt sich wirklich nicht viel mitteilen.«
»Trotzdem«, warf Braig ein, »wir müssen uns die Frau nochmal vornehmen. Sie muss doch wenigstens eine Ahnung haben, worin die Verbindung mit Jahn besteht.«
»Außerdem benötigen wir die genaue Auflistung aller Gespräche, die von Grandels Apparat aus geführt wurden«, erklärte Beck eifrig. »Sowohl privat als auch geschäftlich. Dann wird sich endgültig zeigen, ob die Frau lügt oder nicht. Außerdem, wie intensiv die Verbindung zu Jahn wirklich war. Wenn sie sich näher kannten, wird Grandel auch von sich aus Kontakt zu Jahn aufgenommen haben.«
Braig nickte. »Gut. Wir sollten es der Frau vorschlagen. Wenn sie sich weigert, holen wir uns die richterliche Erlaubnis. Verständigst du sie, dass wir sie sofort sprechen wollen?«
»Gerne. Aber vorher solltest du dir noch was anschauen. Ich habe nämlich noch mehr entdeckt.« Beck deutete auf die Telefonlisten der Telekom. »Fast jedesmal, wenn Jahn mit diesem Grandel gesprochen hatte, wählte er noch eine andere Nummer. Hier, schau.« Er ging die Aufzeichnungen durch, zeigte anhand der fixierten Uhrzeiten, dass bis auf zwei Mal Jahn tatsächlich jeweils direkt nach Grandels Apparat einen anderen Anschluss gewählt hatte und verbunden worden war.
»Vielleicht war bei den beiden Ausnahmen kein Gespräch möglich, weil der Apparat besetzt oder der Besitzer nicht zu Hause war«, spekulierte Braig.
»Ich fand eine andere Erklärung«, erwiderte Beck. Er zog einen Kaugummi aus der Tasche, bot ihn Braig an. Als der abwinkte, steckte er ihn sich selbst in den Mund. »Die Nummer führt nach Ludwigsburg. Ich habe die Person ermittelt, der sie gehört. Hägele heißt der Mann, Ewald Hägele.«
»Hägele?« überlegte Braig, »sagt mir nichts. Wir müssen den Mann aber unbedingt aufsuchen, vielleicht kann er uns erklären, welche Verbindung zwischen Grandel und Jahn existiert.«
»Der muss etwas wissen. Hätte Jahn ihn sonst jedesmal, wirklich nach jedem Gespräch mit Grandel, ebenfalls kontaktiert?«
»Moment, nicht jedesmal. Wir fanden zwei Ausnahmen.«
»Es sind keine Ausnahmen. Schau her.«
Beck deutete wieder auf die Telekom-Verbindungen. »Alle Gespräche Jahns mit Grandel fanden abends statt. Anschließend Anruf bei Hägele. Zwei Ausnahmen: Beides Telefonate am Mittag: Einmal gegen vierzehn, das andere Mal um fünfzehn Uhr. Bei diesen Mittags-Anrufen aber unmittelbar anschließend ein Anruf bei einer anderen Nummer: Zweimal dieselbe: 0711, in Stuttgart. Ich habe den Apparat überprüft. Rate mal, wo er steht.«
Braig schaute Beck ahnungslos an. »Mein Gott, woher soll ich das wissen? Stuttgart ist groß.«
Beck kaute seinen Kaugummi, zeigte auf ein anderes Papier. »Hier habe ich die Auflösung.« Er schob es Braig zu, beobachtete ihn, wie der mit großen Augen den Aufzeichnungen folgte.
»Das darf nicht wahr sein«, murmelte Braig, »wo führen uns denn diese Ermittlungen noch hin?«
Kopfschüttelnd starrte er auf das Blatt, auf dem Beck den Namen und die Adresse notiert hatte, zu der die Nummer führte. »Finanzministerium Baden-Württemberg, Sitz Stuttgart. Anschluss: Ministerialdirigent Ewald Hägele.«
26.
Bernd Heinel lebte in einer feudalen Villa am Ortsrand von Schorndorf. Das Haus lag verborgen von dichten Büschen mitten in einem steil ansteigenden üppig-grünen Gelände am Hang des Remstales, verfügte über großzügige Glasfronten Richtung Tal, die einen prächtigen Ausblick über die Vegetation hinweg auf die alte Stadt mit ihren einzigartig stimmungsvollen, mittelalterlichen Fachwerkfassaden rings um den Marktplatz boten. Kommissarin Neundorf sah die schmalen Gassen der Altstadt, erkannte den Giebel des Barock-Rathauses, die Türme der alten Stadtmauer, den mächtigen Bau der spätgotischen evangelischen Stadtkirche. Sie lehnte in einem breiten Sessel in Heinels
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