Schwaben-Messe
vorenthalten, wovon Ihre Esslinger Kollegen Kenntnis erhielten.« Er drehte sich zu der Schrankwand an der Breitseite des Zimmers, zog eine Schublade vor, holte einen Aktenordner daraus hervor. »Hier«, wiederholte er, legte ihr die Blätter offen auf den Tisch. »Das ist der Kaufbeleg. Wenn Herr Gerlacher behauptet, er habe, so berichteten es jedenfalls Ihre Kollegen, von uns ein Fahrzeug geschenkt bekommen, außerdem das Versprechen auf eine bestimmte Summe Bargeld, so lügt der Mann. Wir verschenken keine Autos, wir verkaufen sie.«
Die Unterlagen belegten eindeutig seine Worte. Gerlachers Unterschrift, so sie nicht gefälscht war, prangte deutlich auf dem Kaufvertrag.
»Es bleibt Ihnen natürlich überlassen, Herrn Gerlacher für glaubwürdiger zu halten als mich. Bitte. Dann müssen Sie mir allerdings Beweise vorlegen.« Heinel lächelte freundlich.
Neundorf spürte, dass sie keine Chancen hatte, dem Mann schnell beizukommen. Natürlich war Gerlacher mit seinem üppigen Vorstrafenregister nicht glaubwürdig, Heinel wusste das ganz genau. Dennoch vertraute sie dem plumpen Gewaltmenschen. Es war so spontan gekommen, frei von der Leber weg, ohne jede Überlegung, dass sie sich gewaltig täuschen musste, wenn Gerlacher sie angelogen hatte. Wie es schien, hatte sie aber keine Chance, Heinel dies nachzuweisen. Kein Staatsanwalt würde angesichts der vorliegenden Fakten Gerlacher mehr Glauben schenken als dem alerten Autohausmagnaten. Heinel gehörte zum lokalen Geldadel, Neundorf wusste, was das bedeutete. Der Mann würde alles, was nur irgend möglich war, aufbieten, um sein Gesicht zu wahren.
Hinzu kam ein anderer, sehr wichtiger Punkt, den sie unbedingt beachten musste: Sie hatte keine Zeit, sich auf Nebenkriegsschauplätzen herumzuschlagen. Was immer Heinel unternommen hatte, um an Jahns Autohaus zu kommen, solange er mit dem Mord nichts zu tun hatte, blieb er für sie uninteressant. Sie hatte keine Zeit, sich um vergleichsweise dubiose Geschäftspraktiken zu kümmern, die speziell in der Autobranche – man munkelte so manches – teilweise gang und gäbe waren. Ihr Auftrag war, den oder die Mörder Jahns und Grandels zu finden, und damit hatte sie hier, so glaubte sie immer mehr, nicht viel zu suchen.
Sachte, aber aufrecht, trat sie den Rückzug an. Heinels seltsame Praktiken genauer zu untersuchen, sollten die Esslinger Kollegen übernehmen. »Sie haben Herrn Jahn mehrfach brutal bedroht«, erklärte sie.
Heinel legte den Kopf quer. »Wie soll ich mich dazu äußern? Ich wüsste nicht, in welchem Zusammenhang. Herr Jahn und ich standen uns nicht so nahe, wie Sie offensichtlich glauben. Wir verhandelten nur geschäftlich.«
»Genau. Sie bedrohten ihn. Wir haben Zeugen.«
»Zeugen?« Heinel lachte laut. »Wen? Den Heiligen Geist? Wir verhandelten stets unter vier Augen.«
»Nicht immer.«
»Ach Gott ja, Jahns Sekretärin.« Heinel winkte ab. »Die hübsche junge Maus. Gott, Frau Kommissarin. Das liebe, behütete Mädchen! Natürlich ging es laut her, wenn wir miteinander diskutierten, das ist immer so. Es geht um Millionen, da lässt keiner so schnell nach. Wir sprechen doch unter Erwachsenen, oder? Glauben Sie, ich bekam meine Verkaufshäuser geschenkt? Die junge Dame ist noch zu behütet, aber überlegen Sie doch, was Sie sagen. Bedroht! Wir verhandelten um den Verkauf seines Autohauses. Er wollte, ich sage es Ihnen offen, anfangs fünf Millionen. Fünf Millionen! Wissen Sie, wie viel Geld das ist?«
Neundorf nickte. »Ich denke schon.«
»Also. Fünf Millionen für den erbärmlichen Stall. Ich bot eine. Vier Mille Differenz. Das dauert eine Weile, bis man da zusammenfindet. Seien Sie doch bitte nicht blauäugig. Bedroht! Wo gehobelt wird, fallen Späne. Mein Gott. Inzwischen sind wir bei 1,4. 1,4 Millionen. Die Unterschrift war nur noch eine Frage von ein paar Wochen. Und jetzt dieser Mist! Meinen Sie, ich habe irgendein Interesse an Jahns Tod?«
»Vielleicht bekommen Sie das Autohaus jetzt doch billiger.«
»Ach, Quatsch. Jetzt kommen die ganzen Erbstreitereien. Fürs nächste halbe Jahr kann ich die Sache komplett abschreiben. Da läuft nichts mehr. Und dann gehen die Verkaufsgespräche von vorne los. Mit beauftragten Anwälten. Was glauben Sie, wie groß die Konkurrenz ist? Das Haus kann ich vergessen, die Sache ist vorbei. Das wird unbezahlbar.« Heinel winkte mit seiner Hand heftig ab.
»Womit haben Sie Jahn erpresst? Dumme-Jungen-Streiche«, zitierte sie Britta Rettenmaier.
»Ach Gott,
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