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Schwaben-Rache

Schwaben-Rache

Titel: Schwaben-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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kindlicher Freude aus ihrer Umhüllung, studierte aufmerksam ihre Herkunft, den Jahrgang und den Erzeugerbetrieb und zeigte dabei eine Begeisterung wie in den Momenten, in denen er ihr exklusiv von seinen aktuellen, streng vertraulichen Ermittlungen berichtete.
    Steffen Braig öffnete die Flasche und schenkte zwei Gläser voll ein. Zufrieden ließ sie sich neben ihm nieder, griff selbst kräftig zu. Sie strahlte so viel Gutmütigkeit aus, dass es schwerfallen musste, mit ihr in Unfrieden zu leben. Er hatte dies von Anfang an so empfunden, seit er neben ihr wohnte.
    »Wunderbar«, lobte er, nachdem er die Hälfte der ersten Dampfnudel geschafft hatte, »einzigartig.«
    »Damit Sie es wissen«, konterte sie kauend, »dem Kerl gönne ich das voll.«
    »Dem Kerl?«
    »Im Tunnel«, erklärte sie und trank ihr Glas in einem Zug leer, »das tut richtig gut.«
    Erstaunt hielt Braig im Kauen inne. »Aber wieso? Das waren Verbrecher!«
    »Verbrecher? Dass ich nicht lache!«
    Elisabeth Ungemach hielt ihm ihr leeres Glas vor die Nase. Bei aller Mühe, der sie sich als Gastgeberin jedes Mal aufs Neue unterzog: Einschenken war seine Aufgabe.
    »Ich würde es ausgleichende Gerechtigkeit nennen, gleich, was dahinter steckt.«
    Steffen Braig hatte Mühe, ihren Gedankengängen zu folgen. »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Herrschaftszeit, jetzt machen Sie doch nicht auf moralisch.« Ihr Ton war so heftig, dass er beim Einschenken einige Tropfen verschüttete.
    Elisabeth Ungemach war, das hatte er längst festgestellt, nicht mit den oberflächlichen Parolen naiver Zeitgenossen zufriedenzustellen. Sie war nicht das brave Dummchen von nebenan. Nicht Angst vor dunklen Straßen, finsteren Kellergängen und allgegenwärtigem Räubergesindel, geschürt von Fernsehfahndern und Boulevard-Blättern, prägte ihre Sinne. »Wo Menschen sind, menschelt's«, pflegte sie ihm zu antworten, wenn er ihr von einem neuen Verbrechen berichtete und dabei sorgsam darauf achtete, es möglichst harmlos darzustellen, um ihr keine Angst zu machen. Und, wenn er seine schonende Berichterstattung allzusehr übertrieb: »Lieber Herr Nachbar, wie Sie sich vielleicht erinnern, komme ich aus Hamburg. Ich habe dort viele Jahre verbracht, gelebt und gearbeitet und das alles nicht weit vom Hafen – und ihr Dörfler mit eurem pimpfigen, spießigen Stuttgärtle wollt mir imponieren!«
    Elisabeth Ungemach verzichtete auf ein Fernsehgerät, »weil ich meine Zeit nicht mit so dämlichem Zeug totschlagen will«, und schimpfte mit ihrer Schwester, die nach einem Besuch bei ihr unbedingt bei Tageslicht nach Hause kommen wollte, weil sie sich vor der Dunkelheit fürchtete.
    So warf es Steffen Braig denn auch nicht vom Stuhl, als sie ihm erklärte, warum sie die Entführung heute Nacht völlig anders beurteilte als die besorgte Polizeispitze.
    »Wer versaut uns unsere Städte, wer macht das Leben auf den Straßen unmöglich?«
    Braig hielt im Kauen inne. »Wie meinen Sie das?«, nuschelte er mit vollem Mund.
    »Die Angst«, fuhr sie fort, »wenn wir aus dem Haus gehen. Der Lärm und die Hektik unterwegs. Der Gestank und das Gift in der Luft. Alles normal, ja?«
    Er biss in eine neue Dampfnudel.
    »Unsere zubetonierte Landschaft. Überall neue Straßen, neue Autobahnen.«
    Der Teig schmeckte wirklich exzellent.
    »Deswegen gönne ich es dem Kerl. Für die Hetzerei seines Autoclubs. Die ganze Bande gehört in den Tunnel. Jede Nacht.«
    Braig schluckte. Frau Ungemachs Worte in Güblers Ohr, dachte er. Der würde ausrasten, nur noch von Terror und kommunistischer Unterwanderung palavern, die Mottenkiste der 50er-Jahre auspacken.
    »Freie Fahrt für freie Bürger«, erklärte sie mit fester Stimme, »wissen Sie, wie viele Menschen dieser Parole zum Opfer fielen?«
    Sie nahm ihr Glas, trank es leer, schwenkte es durch die Luft. Er stand auf und schenkte ihr ein.
    »Sie glauben gar nicht, wie gut das tut«, bekannte sie.
    »Was?«
    »Der Kerl die ganze Nacht im Tunnel.« Sie lachte, prostete ihm zu. »Schade nur, dass ich nicht auf die Idee gekommen bin. Wenn mir die Leute bekannt wären, würde ich helfen. Jede Nacht einen anderen Verbrecher aus diesem Autoclub.«
    Er glaubte ihr aufs Wort.
    »Hatten Sie heute schon ein Rendezvous mit Herrn Göckele?«, fragte er. Er wollte das Thema wechseln.
    »Allerdings«, erklärte sie kauend, »er hat den ganzen Morgen Staubkörner auf jeder Stufe gezählt und das Treppenhaus inspiziert. Unser Abschnitt hier oben sei am meisten verdreckt, hat er

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