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Schwaben-Rache

Schwaben-Rache

Titel: Schwaben-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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versteckten, sie mit Essen, Kleidung und Ausweisen versorgten, obwohl sie selbst nur über geringe Nahrungsrationen verfügten. Nach drei Wochen Unterkunft wechselten die jüdischen Schützlinge bei Nacht das Domizil, eine andere Pfarrfamilie nahm sie auf, bis es gelang, sie irgendwo illegal über die Grenze zu schaffen. Die eigene Gewissensüberzeugung genoss bei vielen Schwaben schon immer mehr Autorität als großkotzige Herrscherbanden. Und wenn es gar nicht anders ging, dann hörte man auf seine innere Stimme, brachte seinen Protest so deutlich zum Ausdruck, dass die Despoten in ihrer eigenen Wut kochten, und nahm Reißaus, wie Schiller und Hegel ...«
    »... und Elisabeth Ungemach«, ergänzte Braig.
    Sie schaute ihn mit großen Augen an. »Vielen Dank, aber diese Gesellschaft ist wirklich zu viel der Ehre.«
    Braig wusste, dass sie als junge Journalistin nach Hamburg geflohen war, um einem inoffiziellen, aber immer sturer praktizierten Schreibverbot im engstirnigen Stuttgart auszuweichen. Das liberale geistige Klima der neuen Umgebung hatte ihre schriftstellerische Entfaltung gefördert und sie über Jahrzehnte an die weltoffene Hansestadt gebunden. Erst die Krankheit ihrer Mutter war der Anlass gewesen, wieder in die ehemalige Heimat zurückzukehren.
    »Und über den Anlass meiner Flucht zu reden – ein weniger erfreuliches Erbe unserer schwäbischen Mentalität – fehlt mir im Moment die Lust.«
    Elisabeth Ungemach legte den Aktenordner mitten auf ihren übervoll beladenen Sekretär und verschwand dann in der Küche. Braig hörte wieder Schüsseln und Töpfe, spürte seinen hungrigen Magen. Die Einladung der Nachbarin war im richtigen Moment erfolgt.
    »Und was war bei Ihnen los?« Ihr Kopf lugte durch die Türöffnung. »Was Schlimmes?«
    »Hm«, brummte er. Es machte Spaß, sie auf die Folter zu spannen, wusste er doch, dass sie viel zu wissbegierig war, als dass sie sich die Chance, ihn auszuquetschen, entgehen lassen würde.
    »Ich tippe auf Mord«, rief sie.
    Braig schüttelte den Kopf. »Zum Glück nicht. Nur eine etwas ungewöhnliche Sache, eine Art ...«
    »Ja? Lassen Sie sich doch nicht alles aus der Nase ziehen!«
    Elisabeth Ungemach reichte ihm ein geblümtes Handtuch, mit ähnlichem Muster wie die Tapete, nur mit völlig anderen Farben, und wies ihn an, es sich um den Hals zu hängen. »Sie bekleckern sich sonst wieder!«
    Braig wehrte sich nicht, weil er wusste, dass jeder Versuch zwecklos war.
    »Ihr schönes Hemd!«, setzte sie vorwurfsvoll hinzu, ging dann aber zum wichtigeren Thema über. »Irgendwas mit Sex?« Die Neugier hatte den Umfang ihrer Augen fast verdoppelt.
    »Überhaupt nicht. Etwas völlig Neues. Im Wagenburgtunnel. Ein Mann wurde ...«
    »Oh, ich habe davon gehört«, unterbrach sie ihn eifrig und setzte schnell »im Radio« hinzu, als sie seine zweifelnde Miene bemerkte. »Festgebunden, ja?«
    Braig nickte. »Die ganze Nacht hindurch. Keine sehr angenehme Sache.«
    »Sonst nichts?«
    Er begriff nicht.
    »Sonst haben sie dem Kerl nichts getan?«, fragte sie.
    »Hm, ist das nicht genug?«
    »Nur an die Wand gefesselt, ja?«
    Braig sah sie mit großen Augen an. »Aber mehrere Stunden lang, bis morgens«, betonte er.
    »Ach was, dem feinen Pinkel hätten ein paar Tage nichts geschadet.«
    Sie verschwand in der Küche, erschien dann schwer beladen wieder am Tisch.
    »Dampfnudeln!«, verkündete sie und schob ihm drei mächtige Exemplare auf den Teller. Sie ragten weit über den Rand hinaus. Braig hatte alle Mühe, sie festzuhalten. Zwei dieser wohlriechenden, knusprig gebackenen Spezialitäten hätten genügt, den hungrigsten Mann satt zu machen.
    Elisabeth Ungemach schleppte Schüsseln mit Salaten und Pflaumenkompott herbei und reichte ihm eine Flasche Wein.
    »Besigheimer Felsengarten Schwarzriesling.«
    »Keinen Trollinger?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Andere Väter haben auch sehr hübsche Söhne. Ein Geheimtipp meiner Schwester.«
    Weine in jeder Geschmackslage waren ein besonderes Hobby seiner Nachbarin. Sie bevorzugte die roten, besonders aus heimischen Lagen – eine Vorliebe, die sie mit vielen Landsleuten teilte.
    Oft genug hatte Braig verschiedene Weinhandlungen durchstöbert, um einen besonders erlesenen Tropfen für sie zu finden. Er hüllte die Flasche dann in buntes Geschenkpapier, krönte sie mit einer grellfarbigen Schleife und überreichte sie ihr als besondere Überraschung. Das Auspacken war zur feierlichen Zeremonie avanciert: Sie schälte die Flasche mit

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