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Schwaben-Rache

Schwaben-Rache

Titel: Schwaben-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Ausdruck wie ›so zwei Granatedackel als Polizei‹ im Ohr, passierten zwei alte Bauernhöfe und eine gewaltige Kastanie und erreichten mehrere Neubaukomplexe auf der Anhöhe des Berges. Braig passierte eine Reihenhauskolonie, folgte dann dem Feldweg geradeaus. Der Weg, der immer holpriger wurde, verlief langsam abwärts.
    Links sahen sie die Bahnlinie und den Bahnhof von Lauberg, und dann breitete sich plötzlich eine parkähnliche, gepflegte Gartenlandschaft vor ihnen aus. Und genau dort, wo die Gärten in den Wald übergingen, war der Weg von einer heftig diskutierenden Menschenmenge versperrt.
    Braig stellte das Fahrzeug ab, lief langsam auf die offensichtlich aufgeregten Leute zu. Der beißende Geruch stach ihm sofort in die Nase.
    Das Wochenendhaus lag mitten in einem gepflegten Park. Büsche und Bäume spendeten Schatten, Blumen bezauberten das Auge. Rings um das weitläufige Anwesen erstreckte sich ein hoher Maschendrahtzaun, der vorne, neben dem breiten Eingangstor, auf einer Länge von etwa fünf Metern vollständig eingedrückt war. Aus dem Inneren des mit dunklem Holz verkleideten Hauses quoll ein dickflüssiger Strom einer braun-grau-grünen Masse unter der geschlossenen Eingangstür hervor, wälzte sich die kunstvoll verzierte Treppe hinunter und senkte sich auf den Rasen. Jeder Atemzug verursachte stechende Schmerzen in den Lungen.
    Wie das giftige, stinkende Gemisch ins Haus gekommen war, lag auf der Hand: Die breiten Reifenspuren, die sich über den auf den Boden gedrückten Maschendrahtzaun hinweg quer über den Rasen bis zum zerstörten Seitenfenster des Hauses hin erstreckten, entlarvten die Methode des Eindringlings.
    »Der hat dem durch das Fenster die ganze Scheiße neipumpt«, rief der Junge mit den zerrissenen Hosenbeinen, den Braig zuvor bei Kahns Haus hatte spielen sehen, fachmännisch. Er ließ sich gerade von dem zerstörten Fenster auf die Erde nieder, stapfte mit bloßen Füßen und hochgekrempelten Hosen durch den Matsch zurück.
    »Und inne siehts aus! Pfui Deifel, so eine Drecksau! Der ganze erschte Stock steht in der Seuchbrüh!«
    »Das Haus gehört Herrn Bofinger?«, erkundigte Steffen Braig sich bei einem älteren Mann, der neben ihm stand.
    Der nickte nur.
    »Das war der Kessel als Rache für heute Nacht«, erklärte eine Frau, »der weiß doch genau, dass der Bofinger hinter der Entführung steckt.«
    »Der Bofinger? Wieso?«
    »Ha, des isch doch sonnenklar! Weil der ihm eine auswische wollt!«
    »Wofür?«
    Die Frau winkte mit der Hand ab. »Ach, fraget Sie ihn doch selbst! Ich halt den Gstank nimmer aus.«
    Braig musste ihr beipflichten, wollte aber noch mehr in Erfahrung bringen.
    Er winkte Stöhr und eilte der Frau nach.
    »Wieso denken Sie, dass der Herr Bofinger mit der Entführung heute Nacht zu tun hat?«, fragte er atemlos und heftig schnaufend.
    Die Frau blieb stehen, zog ein Taschentuch vor, schnäuzte sich. »Sind Sie etwa von der Polizei, weil Sie so neugierig sind?«
    Sie war um die sechzig, schlank, trug auffallend weite grellgrüne Schlabberhosen, ein rotes, luftiges T-Shirt. Ihr graues Haar wölbte sich von einem Mittelscheitel aus wie eine breite Mütze rings um den Kopf. Über dem Mund wuchsen ihr dunkle kurze Haare, die fast den Anschein eines Schnurrbartes erweckten. Braig dachte an die Fotos des älteren Albert Einstein, der grinsend und die Zunge breit aus dem Mund streckend abgelichtet worden war. Der spöttische Gesichtsausdruck, die langen grauen Haare, der Ansatz eines Schnurrbarts: Alles passte. Nur diese Frau nicht in dieses kleine beschauliche Dorf.
    »Braig vom Landeskriminalamt«, wies er sich aus, »es ist meine Aufgabe, neugierig zu sein.«
    »Schnüffler sollet zom Deifel gange.« Die Frau steckte das Taschentuch weg, lief weiter.
    »Wie bitte?«
    »Mit Stasi und SS han i nix am Hut.« Sie sprach plötzlich im breitesten Schwäbisch.
    Braig bat seinen Kriminalmeister näher zu kommen, damit dieser ihm eventuell dolmetschen konnte.
    »Frau, äh ...«
    »Des dut nix zur Sach!«
    »Es geht nur um die Entführung heute Nacht. Die sollte doch aufgeklärt werden, oder nicht?«
    Sie waren längst am Dienstwagen vorbeimarschiert, Richtung Neubaugebiet.
    »Isch immer dieselbe Schote: Die Kloine fanget Se, ond die große Sausäck lasset Se laufe.«
    Diesmal hatte Braig sie verstanden. »Vielleicht könnten wir diese Entwicklung verändern, wenn Sie uns helfen«, warf er ein.
    »Sie? Ganz bestimmt net!«
    Braig packte die Wut. »Warum sind Sie so

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