Schwaben-Rache
hin.«
»Glaubst du? Ich bin da skeptisch. Der Kerl hat über seinen Autoclub seine Hände überall drin. Aber ich werde keine Ruhe geben, bis die Sache definitiv geklärt ist.«
30. Kapitel
Der Ort lag keine zwanzig Kilometer von Lauberg entfernt. Es handelte sich um eine typische Kleinstadt im Randbereich des Ballungsraumes Stuttgart. Ein alter Ortskern mit frisch restaurierter Fachwerkarchitektur umgeben von Neubauvierteln, die in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen waren. Das Gewerbegebiet zeigte die für diese Bezirke typische eintönig-abstoßende Bauweise: niedrige Flachdachhallen mit großen Parkplätzen, würfelförmigen, sterilen Verwaltungsbunkern und breiten, gradlinig verlaufenden Straßen.
Das Gebäude, das sie suchten, war leicht zu finden, denn es lag direkt an der Zufahrtsstraße. Es war von einem hohen Maschendrahtzaun umgeben und mit breiten Laderampen für die Anlieferung per LKW ausgestattet. Schmucklos, nüchtern, kalt. Ein dunkler Schriftzug markierte die Eingangstür der Halle: »Fa. Schmidt«.
Sie waren in Zivilfahrzeugen gekommen, hatten sich unauffällig im weiten Areal des Gewerbegebietes verteilt: Braig, Neundorf, Stöhr sowie drei Beamte des Einsatzkommandos.
Die Lastwagen ließen sich Zeit. Um kurz vor vierzehn Uhr tauchten die ersten drei in kurzen Abständen vor dem überwachten Gelände auf. Das Tor wurde geöffnet, bis das jeweilige Fahrzeug die Einfahrt passiert hatte, danach sofort wieder verschlossen. Der Lastwagen rangierte im Hof, fuhr rückwärts an die Rampe. Das Entladen besorgten tüchtige Kräfte. Gabelstapler griffen sich kleine Container aus dem Inneren, die sie anschließend in die Halle karrten.
Neundorf und Braig warteten, bis der dritte LKW an der Rampe stand, um dann blitzschnell zuzugreifen. Von drei Seiten über den Zaun, durch den Hof und auf die Rampe. Neundorf und zwei Einsatzbeamte hielten die verdutzten Arbeiter in Schach, bis die Kollegen ebenfalls in der Halle standen. Braig präsentierte ihnen den Durchsuchungsbefehl.
Die Überraschung der Männer war nicht gespielt, sie konnten sich den Polizeieinsatz nicht erklären.
»Was laden Sie aus?«, fragte Neundorf.
»Maschinenteile, was sonst?«
»Das wollen wir sehen.«
Es dauerte fünfzehn Minuten, bis der erste Container endlich geöffnet war. Er enthielt ein Sammelsurium von Metallstreben, Stahlstützen und Plastikringen.
»Metallteile«, erklärte ein Arbeiter, »wie ich Ihnen erklärt habe.«
»Warum verschließen Sie dann das Eingangstor, sobald ein LKW auf Ihrem Gelände angekommen ist? Sie wissen doch, dass weitere Wagen unterwegs sind.«
»Strenge Anweisung vom Chef. Seit hier im Gewerbegebiet ein Nachbarlager ausgeraubt wurde, ist er sehr vorsichtig.«
»Wer ist Ihr Chef?«, fragte Neundorf.
»Herr Schmidt«, antwortete der Mann.
»Menschenskind, wenn das wieder ein Reinfall wird«, knurrte Braig, zu seiner Kollegin gewandt, »Napoleon wirft uns eigenhändig aus dem Amt.«
»Das wird kein Reinfall«, beharrte Katrin Neundorf, »warum sollte Kahn uns falsche Informationen liefern?«
Eine Stunde später hatten sie tatsächlich den Beweis vor Augen.
»Mhm, es ist so, wenn ich Sie stören darf. Wir haben keine Maschinenteile«, meldete sich Kriminalmeister Stöhr, als sie stichprobenartig die Container des inzwischen eingetroffenen vierten Lastwagens untersuchten.
»Was dann?«, rief Neundorf.
»Mhm, also Dosen.«
»Wie bitte?«
»Dosen mit Fleisch.«
Neundorf, Braig und die übrigen Beamten stürzten zum betreffenden Container, starrten ins Innere des Behälters.
»Ein Kasten voller Fleischdosen.«
Kurz nach siebzehn Uhr waren alle Lastwagen in Empfang genommen, ihre Ladung kontrolliert: zweiundzwanzig Container mit Maschinenteilen, direkt aus England, vierunddreißig Behälter mit Rindfleisch in Dosen, ebenfalls aus England.
»Und was soll das mit dem Fleisch?«, fragte Steffen Braig.
»Rindfleischimporte aus Großbritannien sind untersagt, Kollege«, erklärte Neundorf, »Rinderwahnsinn, BSE, schon was davon gehört? Die Wissenschaftler sind sich nicht einig, aber vielleicht kann das Zeug das menschliche Gehirn tatsächlich zersetzen.«
Zwei Stunden später stellte sich Kriminalrat Gotthold Gübler vom Stuttgarter Landeskriminalamt mit stolzgeschwellter Brust den Journalisten, ertrug mit strahlender Miene das Blitzlichtgewitter der Fotografen und die gleißenden Scheinwerfer der Kameraleute und erläuterte allen Anwesenden sein angeblich ausgefeiltes,
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