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Schwaben-Rache

Schwaben-Rache

Titel: Schwaben-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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unterwegs mit einer Fußballmannschaft, quer durch ganz Europa, das prägt. Sie hatte die Startruppe bekocht, mit spezieller leistungsfördernder Kost – fünf Jahre lang mit großem Erfolg. Da fällt es schwer, hinzunehmen, dass der eigene Mann fremdgeht.«
    Maria Gübler hatte ihren spöttischen Gesichtsausdruck verloren. »Darf ich fragen, um welches Team es sich handelt?«
    »Roter Stern Belgrad. Der Club war damals wohl die Elitetruppe des Landes.«
    »Ihre Mutter stammt aus Jugoslawien?«
    »Ja. Sie kam Hals über Kopf nach Deutschland, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, mit zwei kleinen Kindern an der Hand. Beste Voraussetzung, Ausbeutern und Kriminellen in die Hände zu fallen. Sie schuftete wie ein Tier, drei Berufe gleichzeitig, erkämpfte ihren Kindern eine gute Schulausbildung in diesem ihr fremden Land. Von vier Uhr morgens an Zeitungen austragen, ab sieben die Kleinen versorgen und in die Schule schicken, von acht bis vierzehn Uhr als Küchenhilfe in einer Firmenkantine, anschließend Mittagessen für die eigene Familie, von sechzehn Uhr bis Mitternacht Geschirrspülerin, Putzfrau, Mädchen für alles in einer gutbürgerlichen Wirtschaft. Dreißig Jahre lang für einen Hungerlohn. So gut bezahlt, dass es heute gerade zu einer Rente am Rand des Existenzminimums reicht. Nach fünfzehn Jahren Schufterei erfuhr sie, dass ihr gutbürgerlicher Arbeitgeber vergessen hatte, Rentenbeiträge für sie zu bezahlen. Vergessen. Sie gab nicht klein bei, stellte Nachforderungen. Daraufhin meldete der Mann Konkurs an. Nachzahlung: null. Sechs Monate später übernahm er wieder dasselbe Lokal, unter dem Namen seiner Frau. Meine Mutter wechselte zu einer anderen Wirtschaft. Soll ich Ihnen noch erzählen, wie sie betrogen wurde, als sie trotz ihres niedrigen Einkommens eine kleine Wohnung kaufte? Kaufpreis: knapp über einhunderttausend. Wie viel Zinsen ihr die Verträge abnötigen würden, die der schwerreiche Makler und der ehrwürdige Vertreter der großen Bausparkasse sie unterschreiben ließen, konnte sie damals nicht überblicken. Meine Schwester und ich mussten erst erwachsen werden, um es zu begreifen. Mehr als vierhunderttausend Mark. Reine Zinslasten. Wir zahlen noch heute ab.«
    Steffen Braig beugte sich zu der roten Katze, die lautlos durch den Türspalt ins Zimmer gehuscht war und die Anwesenden mit prüfenden Blicken betrachtete. Er streichelte ihr sanft über den Rücken.
    »Wollen Sie weitere Beispiele hören, wie Menschen behandelt werden, die der deutschen Sprache nur bruchstückhaft mächtig sind, noch dazu als alleinstehende Frau? Freiwild für skrupellose Geschäftemacher. Deshalb ging ich zur Kripo.«
    »Mein Respekt«, erklärte Maria Gübler, »mir scheint, ein Überzeugungstäter sitzt vor uns. Aber glauben Sie, Kriminellen vom Schlag dieser Bankenvertreter das Handwerk legen zu können?«
    Braig streichelte die Katze, verzichtete auf eine Antwort.
    »Die Herren mit der weißen Weste sind für Sie unerreichbar, geben Sie sich keinen Illusionen hin. Das ist strukturelle Kriminalität, die ist gesetzlich legitimiert. Bofinger, Schmidt und Konsorten praktizieren sie täglich. Wir sind keine gewaltfreie Gesellschaft, unsere Strukturen sind nicht so human, wie wir immer tun. Sie haben keine Chance mit Ihrem Beruf.«
    Das Schnurren der Katze übertönte die Stille der Gesprächspause.
    »Verzeihen Sie meine Neugier«, schaltete sich nun Frau Sommer ein, »Ihre Mutter kommt aus Jugoslawien. Ihr Name aber ...« Sie stockte mitten im Satz, schien sich ihrer Worte zu schämen.
    »Ich bin deutscher Staatsbürger«, antwortete Braig, »seit Jahren. Mit dem Land, aus dem meine Mutter kam, verbindet mich nur wenig. Einzelne Ferienerlebnisse in ferner Kindheit, sonst nichts. Mein Name? Ich ließ einen Buchstaben entfernen, einen anderen umstellen. Aus Resignation. ›Was will der Kanake von uns? Abhauen! Kanaken haben in Deutschland nichts verloren. Können Sie sich vorstellen, was es bedeutet, bei jeder dritten, vierten Ermittlung diese Worte hören zu müssen? Nur weil ich mich namentlich vorstelle?«
    Braig schwieg einen Moment, betrachtete die Pfarrerin.
    »Ich beantragte eine geringfügige Namensänderung: von Bragic zu Braig. Die Standesbeamtin zeigte Verständnis. Und Steffen klingt auch nicht viel anders als Stijepan, oder?«
    Sie unterhielten sich noch über die alltäglichen Frustrationen seines Berufs, über die Notwendigkeit, Gesellschaftsstrukturen zu schaffen, die Verbrechen verhindern können, und

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