Schwaben-Sumpf
durchgeschnitten und die eine Hälfte in den Kühlschrank gestellt, weil wir das nicht alles auf einmal essen können. Dir wird doch schon nach einem einzigen Stück schlecht.«
»Ich vertrage das viele Fett nicht mehr, Kind. Das Fett ist schuld.«
»So viel Fett enthält die Torte nicht, Oma«, erwiderte Johannes Neundorf, »Thomas hat extra wenig Sahne genommen.«
»Aber dann schmeckt der Kuchen doch nicht, Kind.«
»Lass uns davon versuchen, dann werden wir sehen.«
Gegen neun Uhr am Morgen hatte Rauleder seine Kollegin angerufen. »Wir haben die DNA.«
»Das Blut stammt von dem Mädchen?«
»Nein. Es ist unbekannter Herkunft. Du weißt, was das bedeuten kann?«
Sie war trotz des Sonntags sofort ins Amt geeilt, hatte die Konsequenzen der Blutanalyse mit dem Techniker besprochen. »Wenn wir viel Glück haben, stammt es vom Täter.«
»Das ist möglich, ja.«
Ihr war sofort klar, welch entscheidenden Fortschritt diese Tatsache darstellte. Hatten sie erst einmal eine verdächtige Person, mussten sie nur eine DNA-Analyse erstellen und diese vergleichen. Und dann gab es gewaltige Erklärungsnöte für den Betroffenen.
»Wir haben noch mehr«, hatte Rauleder erklärt.
»Wovon sprichst du?«
»Rössle sei Dank. Er hat darauf bestanden, weiterzusuchen.«
»Du machst es spannend.«
»Er hat noch etwas entdeckt. Am oberen Ende der Sünderstaffel. Von einem Busch verdeckt, deshalb blieb ein Teil erhalten. Den Rest hat der Regen weggewaschen.«
»Und? Was ist es?«
»Kotze«, hatte Rauleder erklärt, »die Überreste von Erbrochenem, wenn dir das lieber ist.«
»Von einem Tier?«
»Wenn dieses Tier zuvor Kaviar, Lachs und Shrimps zu sich genommen hat, ja.«
»Von einem Mensch also. Oben, neben der Treppe, sagst du?«
»Neben den Stufen. Rössle gab keine Ruhe, bis er die gesamte Umgebung untersucht hatte. Des sind mir dem Mädle schuldig, meinte er. Dabei stieß er auf das stark verwässerte Zeug.«
»Habt ihr eine Ahnung, wie alt … Ich meine, wann es dorthin kam?«
Rauleder hatte gegrinst. »Du meinst, wann das Zeug rausgewürgt wurde?«
»So kann man das formulieren, ja.«
»Freitag auf Samstagnacht. Die Ameisen und ihre Kollegen waren bereits dabei, es zu verarbeiten. Aufgrund seines Zustandes können wir es auf zwölf bis vierzehn Stunden vor unserer Untersuchung datieren. Und die fand an dieser Stelle gegen vierzehn Uhr gestern Mittag statt.«
»Gegen vierzehn Uhr. Dann handelt es sich also um die Stunden nach Mitternacht.«
»Genau. Und wie bei dem Blutfleck konnten wir die DNA dessen erstellen, von dem das Material stammt. Der spuckte nämlich nicht nur Shrimps und Kaviar aus, sondern auch Magensäure. Ein einziges Problem tauchte dabei auf.«
»Die DNA des Ausgespuckten und des Blutflecks sind nicht identisch.«
»Du kannst hellsehen, genau. Entweder es handelt sich um zwei Täter …«
»Und beide haben ihre Spuren an Ort und Stelle hinterlassen? So viel Glück gibt es nicht einmal im Märchen.«
»Ja, das sehen wir genau so. Aber vielleicht führt wenigstens eine der beiden Spuren zum Täter.«
»Vielleicht, ja. Wobei mir dieser Blutfleck doch viel versprechender erscheint. Ein Killer, der unmittelbar nach der Tat Kaviar und Shrimps von sich gibt … Na ja.«
»Ganz ausschließen würde ich es nicht. Der Kerl war in einem Lokal, hat lauter teures, ungewohntes Zeug gefressen, sich wahrscheinlich noch mit Alkohol vollgedröhnt und dann läuft ihm das junge Ding über den Weg. Er greift zu, sie wehrt sich, und da passiert es. Plötzlich liegt sie vor ihm. Schlagartig begreift er, was er getan hat. Irrsinnige Aufregung packt ihn, lässt seinen Körper revoltieren: Und schon fängt er an zu spucken.«
»Nicht gerade ein Profi«, hatte sie bemerkt.
»War ja nur ein Vorschlag. Wenn ihr mit dem Blutfleck allein nicht weiterkommt …«
»Immerhin eine weitere Möglichkeit, ja. Wenn gar nichts geht … Zur Not werde ich nachprüfen, welches Lokal am Freitagabend Kaviar und Shrimps im Angebot hatte. Auf jeden Fall bedanke ich mich für eure Mühe.«
Sie hatte sich von Rauleder verabschiedet und danach die protokollierte Befragung der Anwohner der Sünderstaffel durchgesehen, die von Kollegen auf besondere Beobachtungen und auffällige Geräusche in der Mordnacht angesprochen worden waren. Bis auf die Aussagen eines in der Pfizerstraße wohnenden Mannes, er habe – am geöffneten Fenster eine Zigarette rauchend – kurz nach Mitternacht zwei junge Männer in hohem Tempo die Sünderstaffel
Weitere Kostenlose Bücher