Schwaben-Sumpf
mir dringend beantworten. Ich würde an Ihrer Stelle darauf achten, meine Situation nicht noch zu verschärfen.«
»Meine Situation? Aber das ist doch unglaublich! Das wird Folgen für Sie haben. Glauben Sie mir!«
Sie wollte kontern, ihn nach dem Gespräch mit Robert Heimpold am Mittwochnachmittag fragen, hörte nur noch das Pausenzeichen. Unmittelbar nach seinen letzten Worten hatte er aufgelegt.
Die Arroganz der Macht, war ihr bewusst, das ganz normale Gebaren der oberen Klasse. Keine Chance, in diese Grauzone vorzudringen, hatte Thomas Weiss gewarnt, dort herrschen andere Gesetze. Hier in Deutschland. Bei uns im Ländle?
Sie hatte die Zeitungen der Region studiert, die ausnahmslos Bohnwalds Recherchen als Aufmacher präsentierten. Lange Ausführungen über die Arbeitsbedingungen der afrikanischen Arbeiter, die Herrschaft terroristischer Gangs, das Schicksal der zu Killern abgerichteten, drogensüchtigen Kinder. Kein einziges Blatt hatte es gewagt, Mecks Verantwortung für das kriminelle Geschäftsgebaren deutlich hervorzuheben, alle waren auf Heimpold als den eigentlichen Drahtzieher des unappetitlichen Geschehens konzentriert. Sogar Mecks erste Stellungnahme war in den Frühnachrichten des Radios bereits verlautbart worden: Hätte ich auch nur im Geringsten von diesen angeblichen Vorgängen gewusst, hatte er erklärt, Heimpold wäre sofort gefeuert und zur Rechenschaft gezogen worden. Aber dazu ist es jetzt leider zu spät.
Neundorf atmete tief durch, studierte das Protokoll der Untersuchung des Tatfahrzeugs aus Schwäbisch Gmünd, das sie auf ihrem Schreibtisch fand. Den Ausführungen Helmut Rössles zufolge hatten sie in dem Auto zahlreiche Fingerabdrücke, Schmutzflecken und Faserreste entdeckt, allerdings nur in peripheren Bereichen, nämlich um den Beifahrersitz und an der Rückbank. Der Teil des Wagens, der sie besonders interessierte, nämlich das Lenkrad und der Fahrersitz dagegen waren nach der letzten Benutzung sorgfältig mit einem feuchten Tuch abgewischt worden. Den Technikern sei es zwar gelungen, winzige Faserreste dieses Tuches aufzuspüren, da es sich dabei aber um ein fast überall erhältliches Papierfabrikat handle, sei das wohl kaum von Nutzen.
Neundorf schloss sich dem Urteil Rössles an, sah sich in ihrer Auffassung bestätigt, dass sie es mit einem äußerst überlegt handelnden Täter zu tun hatten. Sich unmittelbar nach dem Verbrechen noch darum zu kümmern, ja keine Spuren zu hinterlassen, verlangte eine ganze Menge Abgebrühtheit, fast schon professionelles Vorgehen. Handelte es sich also tatsächlich um einen Auftragskiller? Der macht sich seine Finger nie schmutzig, klangen ihr die Worte ihres Lebensgefährten im Ohr, die Drecksarbeit überlässt der immer anderen. Meck, war es wirklich dieser Meck? Aber, wenn es sich tatsächlich so verhielt, wie sollten sie das beweisen?
Sie schob Rössles Protokoll beiseite, sah einen kurzen Vermerk Stephanie Riedingers unter dem Ordner liegen. Leider konnte ich eine Familie Althauser in Schwäbisch Gmünd noch nicht sprechen. Sie sollen den Straßenabschnitt, wo das Tatfahrzeug gestohlen wurde, oft im Auge haben. Kümmert ihr euch darum?
Neundorf griff zum Telefon, gab Felsentretters Nummer ein. »Eine Familie Althauser in Schwäbisch Gmünd. Hast du sie befragt?«
»Vor fünf Minuten habe ich es gerade wieder versucht. Da nimmt niemand ab«, antwortete er.
»Aber du bleibst dran?«
»Meine Fresse, du kennst mich doch!«
Genau deswegen frage ich nach, überlegte sie, behielt den Gedanken aber für sich.
»Der Karren war sorgfältig sauber gewischt«, meinte er, »das war ein abgekartetes Spiel, wie?«
»Klingt eher nach Auftragsmord als nach emotionalem Kurzschluss.«
»Du denkst an diesen Meck?«
Felsentretter schien alle Ermittlungsergebnisse sorgfältig studiert zu haben.
»Nicht ohne Grund, oder?«, fragte sie.
»Wir müssen unbedingt die Geschäftsunterlagen der Afrimport durchsehen. Vielleicht stoßen wir dabei auf Belege. Bevor Meck sie an sich reißt. Du hast es bei der Staatsanwaltschaft beantragt?«
»Ich will es gerade tun«, erklärte sie.
»Na, dann viel Vergnügen mit dem Kotzbrocken.«
Sie hörte, wie der Kollege auflegte, wählte die Nummer der Staatsanwaltschaft, ließ sich mit Kochs Büro verbinden.
»Oh, Sie sind es, Frau Neundorf«, empfing sie Renate Kreiselmaier, die persönliche Sekretärin des Oberstaatsanwalts. »Ich muss Sie warnen, er ist nicht gut drauf.«
»Wann ist er das schon?«, konterte
Weitere Kostenlose Bücher