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Schwaben-Sumpf

Schwaben-Sumpf

Titel: Schwaben-Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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wusste sofort, was sie bewegte. »Wer trägt die Verantwortung für die Massenmorde in Afrika? Die dubiosen Geschäfte einer deutschen Firma. Von Martin Bohnwald.« Der Text war mit mehreren Bildern unterlegt, reichte über die ganze Seite. Von einer Afrimport war die Rede, von einer Afro-Suabian Trade, von dem ermordeten Geschäftsführer und seiner getöteten Tochter, von den Besitzern der Firmen, Finanzinvestoren und einem bekannten schwäbischen Wirtschaftsvertreter, Meck.
    »Seit zwölf Jahren lebe ich hier und erst heute erfahre ich, dass einer der schlimmsten Verbrecher in unserer Nachbarschaft wohnt«, meinte Isioma, als sie sich wieder etwas beruhigt hatte. »Vielleicht hat er meine Eltern auf dem Gewissen.«
    Sie war nur vierzehn Tage mit ihrer Schwester zur Tante gefahren, mit einem der vielen Holzkähne, die den Fluss auf- und abwärts pendelten, von ortskundigen Bootsführern geleitet, die sich auf dem Spinnennetz-ähnlichen Wirrwarr des Nigerdeltas zurechtfanden. Das Schwemmland zwischen den unzähligen Wasserläufen war so fruchtbar, dass es zu mehreren Ernten in jedem Jahr reichte. Hunderttausende von Menschen fanden hier reichhaltige Nahrung und ein erträgliches Auskommen.
    »Wir können dort nicht anlegen, unmöglich«, hatte ihnen der Schiffsführer versichert, als sie die Rücktour antraten, »wir nehmen einen anderen Weg.«
    »Aber wieso, warum sollen wir auf einen anderen Kahn wechseln?«
    »Es gibt kein Schiff, das in diese Richtung fährt. Nicht heute und nicht in den nächsten Wochen.«
    Isioma und ihre Schwester hatten die Worte des Mannes erst verstanden, als sie nach vier Tagen Fußmarsch und unzähligen abenteuerlichen Überquerungen breiter Flussarme in winzigen Schaluppen in die Nähe ihrer Heimat vorgestoßen waren: Das blühende Paradies ihrer Kindheit, es existierte nicht mehr. Gärten und Felder, die dichten Reviere des ursprünglichen Waldes – alles war verschwunden, hatte einem Chaos aus verbrannter Erde, abgehackten Stümpfen, verstümmelter Vegetation Platz gemacht. Dicke Schwaden von Rauch hingen in der Luft, jeder Atemzug schmerzte.
    Sie kämpften sich trotzdem weiter, suchten nach ihrem Dorf, den Hütten der Eltern und Verwandten, fanden nur Reste von Holz, Kadaver von Tieren, verstümmelte und verbrannte Leichen von Menschen – verstreut über die ganze Umgebung. Verzweifelt irrten sie umher, nicht verstehend, nichts begreifend, am Ende ihrer Kräfte. Und doch hatte das Grauen seinen Höhepunkt noch nicht erreicht.
    Die mordenden Monster tauchten wie Geister aus dem Nebel der Landschaft. Plötzlich standen sie vor ihnen, acht, neun, höchstens zwölf Jahre alte Kinder, Gewehre, Pistolen, scharfe Messer in Händen, stürmten auf alles los, was sich bewegte, schossen, stachen, trampelten alles nieder. Isioma hörte die peitschenden Schüsse, sah ihre Schwester zu Boden fallen, spürte den Schmerz an ihrem rechten Arm.
    Dass sie das Grauen überlebte, schrieb sie später allein einem glücklichen Zufall zu. Sie warf sich zur Seite, verlor den Halt, rutschte einen steilen Abhang hinab, landete im Wasser. Die Strömung des Flussarmes riss sie mit, trieb sie aus der Gefahrenzone. Ihre Eltern, ihre Geschwister – sie waren für immer verschwunden, das Land – wie sie später erfuhr – von Erdölfirmen aus dem Westen gekauft.
    »Und jetzt treibt er im Kongo dasselbe Spiel wie bei uns.« Sie streckte mir ihren rechten Arm entgegen, zeigte mir – zum hundertsten oder tausendsten Mal – die Narbe.
    Mit unbändigem Eifer hatte sie den besten Abschluss ihrer Schule erkämpft, mit viel Glück das Stipendium für das Studium in Deutschland erlangt. Dann waren wir uns über den Weg gelaufen, hatten gemeinsam versucht, ihr Trauma zu überwinden.
    »Meck«, sagte Isioma.
    Wir wussten, was zu tun war, ohne ein weiteres Wort zu wechseln.

25. Kapitel
    Ihr war von Anfang an klar, wie die Sache laufen würde.
    Sumpf bleibt Sumpf, wie sollte es anders sein?
    »Neundorf vom LKA. Guten Morgen. Ich spreche mit Herrn Meck?«
    Die Antwort ließ einige Sekunden auf sich warten. Dann schien der Gesprächspartner zu sich gefunden zu haben. »Was erlauben Sie sich? Wie kommen Sie überhaupt zu dieser Nummer?« Die Stimme des Mannes klang erregt.
    »Haben Sie heute schon Zeitung gelesen?«
    Meck, sofern er es denn wirklich war, verlor vollends die Contenance. »Was geht Sie das an? Verschwinden Sie sofort aus der Leitung!«
    »Tut mir leid, aber ich habe ein paar Fragen an Sie. Und die sollten Sie

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