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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Wahrheit?«
    »Warum sollte er lügen?«, entgegnete er. »Mir erschien er vertrauenswürdig.«
    »Wir müssen die Frau genau überprüfen«, erklärte sie, »vielleicht haben wir uns gestern von ihr täuschen lassen.« Sie entschuldigte sich, weil sie in einen Stau geraten war, wies darauf hin, dass er sich noch einige Minuten gedulden müsse. »Ich hätte besser auch den Zug genommen.«
    »Was hast du erfahren?«, fragte er.
    »Dieser Schilling scheidet meines Erachtens aus. Der Mann sieht seine Vergangenheit recht kritisch, betrachtet sein Verhalten als Jugendsünde. Inzwischen hat er geheiratet und zwei kleine Kinder. Ja, er hat Karl Herzog beschimpft und bedroht, aber er bittet, dies zu entschuldigen. Was die Nacht von Sonntag auf Montag anbetrifft, hat er ein Alibi: Er arbeitet Schicht im Kraftwerk in Altbach. Ich habe dort angerufen, seine Angaben sind korrekt, er war in dieser Nacht wirklich im Dienst. Abgehakt. Dafür habe ich von Frau Fischer eine interessante Neuigkeit. Ich habe mit ihr telefoniert.«
    »Nämlich?«
    »Es passt zu dem, was du erzählt hast: Stefanie Herzog hat ihrer Aussage nach nie als Lehrerin gearbeitet. Sie hat zwar studiert und ein Referendariat absolviert, bekam aber nie eine feste Anstellung, sondern lebte von Anfang an vom Geld Karl Herzogs. Wenn das stimmt, hat sie uns gestern auch damit belogen.«
    »Wahrscheinlich, um uns über ihre finanzielle Abhängigkeit von ihrem Mann hinwegzutäuschen«, folgerte Braig. »Damit wir nicht bemerken, wie sehr sie auf sein Vermögen fixiert ist.«
    »Das könnte sein, ja.«
    »Was ist mit dem Schmuck? Hat ihn Frau Fischer heute Morgen erkannt?«
    »Nein, damit hatte ich keinen Erfolg. Weder Frau Fischer noch Herzogs Mutter, der ich ihn ebenfalls kurz zeigte. Sie können sich beide nicht erklären, woher er stammt und wie er in seine Tasche geraten ist.«
    Sie beendeten ihr Gespräch, weil Neundorf sich auf den Verkehr konzentrieren musste, trafen sich mehrere Minuten später unweit der Wohnung Stefanie Herzogs. »Die Hitze ist kaum mehr zu ertragen«, sagte Neundorf. Braig sah, dass es Zwanzig nach zwei war, wischte sich den Schweiß von der Stirn und aus dem Nacken.
    Sie begaben sich zu Stefanie Herzogs Haus, läuteten. Es dauerte fast zwei Minuten, ehe die Frau reagierte. Sie folgten dem hellen Treppenhaus ins erste Obergeschoss, sahen sie an der Wohnungstür stehen.
    Frau Herzogs Miene brachte deutlich zum Ausdruck, was sie vom Besuch der beiden Polizeibeamten hielt. »Besonders viel Verständnis für die nächsten Angehörigen eines Mordopfers scheint Ihnen nicht angeboren«, schimpfte sie zum Empfang.
    Braig und Neundorf blieben freundlich, betraten die Wohnung. Sie nahmen auf demselben Sofa in dem von Büchern und Zeitungen übersäten Raum Platz wie am Tag zuvor. Die überall im Zimmer verstreuten Literatur-Stapel schienen unverändert.
    »Die nächste Angehörige?«, fragte Braig, ohne Anteilnahme erkennen zu lassen. »Gestern stellten Sie Ihre Beziehung zu dem Ermordeten anders dar. Sie betonten ausdrücklich die Entfremdung, die sie längst voneinander entfernt habe.«
    »Das war im Schock der Todesnachricht.« Stefanie Herzogs Augen funkelten aggressiv. »Was man in solchen Momenten von sich gibt, zeichnet sich nicht immer durch rationales Verhalten aus. Das sollten Sie in Ihrem Beruf wissen.«
    »Immerhin lebten Sie getrennt. Bei allem Respekt vor dem Verlust Ihres Partners, Ihre Verbindung war doch wohl deutlich lockerer Natur.«
    »Was interessieren Sie sich überhaupt für unsere Beziehung? Fühlen Sie sich wohl in der Rolle des Sittenwächters?«
    »Darum geht es nicht«, sagte Neundorf. Sie versuchte, dem Gespräch die Schärfe zu nehmen. »Wir haben eine Reihe offener Fragen. Wenn Sie die bitte beantworten würden. Ihr Mann ist ermordet worden. Gleichgültig wie Sie zu ihm standen, es muss doch auch in Ihrem Interesse liegen, seinen Mörder zu finden.«
    Stefanie Herzogs straffe Körperhaltung entspannte sich sichtbar. Sie verließ ihre Position hinter einem der Bücherstapel, lief zu der Polstergarnitur, setzte sich ans andere Ende. »Bitte«, sagte sie, winkte großzügig mit der ausgestreckten Hand. »Stellen Sie Ihre Fragen.«
    Braig schaute auf den Tisch, sah, dass dort dieselben Bücher wie am Tag zuvor lagen. Stefanie Herzog schien in den letzten vierundzwanzig Stunden nicht dazu gekommen zu sein, sich mit der gewohnten Literatur zu befassen.
    »Ein Problem für uns ist Ihre angebliche finanzielle Unabhängigkeit, die

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