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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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Händlern im Westen?«
    »Ich weiß es nicht.« Die junge Frau schaute ihn ratlos an. »Es würde mich aber sehr wundern. Diese Art von Schmuck habe ich bei uns noch nirgends gesehen.«
    Ein lautes Donnergrollen ließ sie verstummen. Braig schrak zusammen, hatte Mühe, sich das Ergebnis seines Gesprächs zu notieren, weil die Unwetterfront draußen den Raum mehr und mehr in Dämmerlicht tauchte. »Dann kommen diese Ketten also über Touristen, die in Polen oder der Ukraine Urlaub machen, zu uns.«
    »Ich denke, ja. Aber besonders viele werden das wohl kaum sein.«
    »Wieso?«
    Petra Nied begab sich zur Tür, schaltete einen dreistrahligen Leuchter über dem Tisch ein. »Na ja«, sagte sie, »wer fährt schon nach Polen in Urlaub?«
    Braig nickte. »Wahrscheinlich ist das die Erklärung, weshalb außer Ihnen noch niemand auf die Fotos in den Medien reagierte.« Er spürte wieder heftiges Pochen hinter seinen Schläfen, wusste nicht, was er noch fragen sollte, steckte seinen Block weg. »Ich danke für Ihre Informationen«, sagte er und erhob sich. »Wenn ich noch Fragen habe, melde ich mich.« Er nahm die Plastiktüte, hielt sie in die Höhe. »In zwei, drei Tagen schicken wir sie Ihnen zurück.«
    »Sie glauben wirklich, sie führt Sie auf die Spur des Mörders?«, fragte Petra Nied.
    Braig nahm seine kleine Tasche auf, die er an der Türe abgestellt hatte, verstaute die Plastiktüte. Als er sich wieder aufrichtete, erfasste ihn ein leichter Schwindel. Er hielt sich am Türrahmen fest, versuchte, sich zu konzentrieren. Langsam gewann er wieder Halt. »Manchmal helfen uns Kleinigkeiten weiter«, stöhnte er, »aber oft führen sie uns auch auf eine völlig falsche Spur.« Er bemerkte ihren verblüfften Gesichtsausdruck, gab ihr die Hand, lief die knarzenden Stufen abwärts. Als er das untere Stockwerk erreicht hatte und kurz in die Höhe blickte, sah er sie durch die Lücken im Geländer immer noch vor ihrer Tür stehen. Seine Antwort schien ihr die Sprache verschlagen zu haben.
    Er trat auf die Straße, sah die dunkle Wolkenwand über sich. Die ersten Tropfen fielen, Windböen wirbelten Laub und Unrat durch die Luft, ein Blitz zuckte quer über den Himmel. Die Besitzer kleiner Läden waren damit beschäftigt, ihre Auslagen in Sicherheit zu bringen. Es handelte sich wohl nur noch um Minuten, bevor die neue Sintflut losbrach.
    Braig drückte seine Tasche an sich, eilte die Kirchgasse entlang, wich mehreren Fußgängern aus, die ihm entgegenkamen. Er brauchte keine drei Minuten, bis er den Bahnhofsvorplatz erreicht hatte, war dennoch durchgeschwitzt, als er das Gebäude betrat. Schweißtropfen perlten ihm aus den Achseln, über den Rücken, von der Stirn. Er atmete tief durch, wischte sich übers Gesicht, hörte die verzerrten Töne der Nationalhymne. Zwei Jugendliche sahen auf, starrten ihn kritisch an. Er ärgerte sich, dass er immer noch nicht dazu gekommen war, eine andere Melodie einzuprogrammieren, lief auf den Bahnsteig, nahm das Gespräch an.
    Neundorf war in der Leitung. »Die Pressekonferenz ist überstanden. Es war grauenvoll.«
    »Koch war anwesend?«
    »Was denkst du? Der erfolgreiche Verbrecherjäger sonnte sich im Licht der Kamera-Scheinwerfer.
Der zweite Mord der Erpresser
. Die Meute wollte nur wissen, wann endlich die Hundertmillionen gezahlt werden.«
    Braig sah wenige Meter entfernt eine S-Bahn abfahrbereit am Bahnsteig stehen, eilte dort hin. Er hatte Mühe, seine Kollegin korrekt zu verstehen, weil der Himmel von einer Sekunde auf die andere alle Schleusen öffnete. Der Regen trommelte in lautem Stakkato auf die Bahnsteigdächer, ließ alle anderen Geräusche verstummen.
    »Was ist das für ein Lärm?«, fragte Neundorf.
    »Die Sintflut«, sagte er, »es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie die halbe Stadt wegspült.«
    »Du bist draußen?«
    »In Schorndorf. Ich steige gerade in den Zug.« Er berichtete von dem Anruf, ging auf die Herkunft der verblüffend ähnlich gefertigten Kette ein.
    »Krakau«, überlegte Neundorf, »ist das wirklich nur ein Zufall?«
    »Wir müssen genau recherchieren, wie oft Wulf dort war. Am besten, ich rufe Lauter an, der müsste es wissen.«
    »Tu das. Ich habe vorhin noch diesen Christian Hund in Asperg erreicht, dessen Nummer wir in Wulfs Adressbuch fanden. Ein alter Freund von Wulf. Er hatte allerdings seit über einem halben Jahr keinen Kontakt mehr zu ihm, behauptet er.«
    »Sollen wir ihn überprüfen?« Er betrat den zweiten Wagen des Zuges, suchte sich einen

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