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Schwaben-Wahn

Schwaben-Wahn

Titel: Schwaben-Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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sollte: Keine hundert Meter entfernt ragte die Rückfront eines Autos aus dem Wasser, nur notdürftig von rotweißen Plastikbändern und einer Hand voll uniformierter Kollegen vor einer lauthals diskutierenden Menschenmenge geschützt – eine Szene, die ihm bekannt, fast schon vertraut erschien. Zum dritten Mal das gleiche Bild, überlegte er, und das, was mich jetzt noch erwartet, ist ebenfalls keine Überraschung mehr. Er sah die Körper Karl Herzogs und Christoph Wulfs im Innenraum der Fahrzeuge liegen, leblos und seltsam verrenkt, ertappte sich bei der Spekulation darüber, wen die Täter wohl als nächstes Opfer ausgewählt hatten. Wieder den Vertreter einer der erpressten Firmen?
    Er hatte die aufgeregte Menge erreicht, die die bis weit in die hier mündende Seitenstraße namens Eisgässle bevölkerte, wand sich durch sie hindurch bis zur Absperrung, zeigte dem uniformierten Kollegen seinen Ausweis, stellte sich vor.
    Der Beamte wirkte müde, nickte nur wortlos mit dem Kopf, ließ ihn passieren. Er begab sich zu der Treppe, an deren Fuß das Auto im Wasser steckte, hörte heftiges Schimpfen. Ein uniformierter Polizist stand auf der untersten, gerade noch trockenen Stufe, starrte angestrengt auf das Fahrzeug, von einer Stimme aus dem Wasser attackiert. Braig sah einerseits, dass es sich um einen roten Opel Astra handelte, andererseits erkannte er den Gesprächspartner des Beamten sofort.
    »Bisher han i denkt, sodiche Idiote gibt’s nur in Sindelfinge!«
    Er räusperte sich laut, bemerkte, wie der uniformierte Kollege zusammenschrak, während Rössle die hintere Seitenscheibe des Autos geöffnet hatte und nun bis zum Hals im Inneren steckte.
    Braig streckte dem Beamten die Hand entgegen. »LKA«.
    Der Mann hörte gar nicht hin, schüttelte den Kopf, stammelte hilflos eine Entschuldigung, wurde von der lauten Stimme des Technikers übertönt. »Da gibt’s koi Ausred für so was!«
    »Was für eine Ausrede?«, fragte Braig. Er sah, wie Rössle mitten in seinen Bewegungen innehielt, sich dann langsam rückwärts aus dem Fahrzeug schob und nach oben schaute.
    »Dich hent se au gholt«, wütete er.
    Der Kommissar nickte. »Du bist schon länger hier?«
    Rössle brauchte nicht zu überlegen. »Mindeschtens a halbe Stund. Mir send hier ja sozusage vor meiner Haustür.« Er zeigte zur anderen Seite des Sees. »Praktisch, net?«
    Braig hörte den gereizten Unterton in seiner Stimme, wusste, dass der Techniker nicht weit von den Hochhäusern, die jenseits des Sees zu sehen waren, wohnte. »Wer hat das Auto entdeckt? Ein Anwohner?« Er schaute sich um, betrachtete die nur wenige Meter entfernten Häuser. Der Täter, um wen immer es sich handelte, war diesmal ein weit größeres Risiko eingegangen als am Bärensee oder in Monrepos. Bisher hatte er seine Opfer immer nur in völliger Abgeschiedenheit im Wasser entsorgt.
    »Ein Anwohner«, bestätigte der Beamte neben ihm, »er führte seinen Hund aus.«
    »Wann war das?«
    »Kurz vor sechs.«
    »So spät?«, fragte Braig. Er schaute sich wieder um, musterte die nahen Häuser. »War niemand vorher unterwegs?«
    Der uniformierte Kollege zuckte mit der Schulter.
    »Und kein Mensch hat etwas gehört? Das muss doch einen irren Lärm gemacht haben.« Er deutete auf die Treppe, über die das Auto ins Wasser geschrammt sein musste. Mehrere Kratzer auf den Stufen belegten diese Vermutung.
    »Du kannsch dir deine Überlegunge spare«, schimpfte Rössle. Er stapfte vor Feuchtigkeit triefend aus dem See, schüttelte seine klatschnassen Hosenbeine aus.
    Braig nahm überrascht wahr, dass das Wasser sogar aus den Stiefeln floss. »Wieso? Hast du das Opfer bereits identifiziert?«
    Der Techniker lachte laut. Er presste den Stoff seiner Jeans zusammen, ließ das Wasser auf den Boden tropfen. »Allerdings. I bin von der bsonders schnelle Truppe, isch dir des net bekannt?«
    Braig schaute zur Rückfront des Autos hoch, erkannte am Kennzeichen, dass das Fahrzeug in Böblingen registriert war. »Handelt es sich um den Besitzer des Wagens?«
    Rössle schüttelte den Kopf. »Gang hoim«, knurrte er, seine Hosenbeine in die Länge ziehend, »des isch nix für uns.« Er richtete sich zu voller Länge auf, sah den fragenden Blick des Kommissars. »In diesem Fahrzeug hier liegt eine Puppe«, sagte er dann in gestelztem Hochdeutsch, »eine hundsgewöhnliche Schaufensterpuppe. Alles klar?«
    »Eine Puppe?«, fragte Braig ungläubig.
    Der uniformierte Beamte neben ihm trat nervös von einer Stufe zur

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